Auf den Spuren von Reemtsma-Entführer Drach
Es ist einer der größten Kriminalfälle in der Geschichte der Bundesrepublik: Im März 1996 wird der Hamburger Millionär Jan-Philipp Reemtsma vor seinem Haus in Blankenese gekidnappt. 33 Tage lang wird er von Entführer Thomas Drach und zwei Komplizen in einem Kellerverlies gefangen gehalten, nur gegen die Zahlung von umgerechnet rund 15 Millionen Euro kommt Reemtsma frei.
Jahrelange Fahndung
Entführer Drach kann sich zunächst mit einem großen Teil des Lösegelds nach Südamerika absetzen, lebt in Uruguay ein Luxusleben unter falschem Namen. Erst 1998 wird er von Zielfahndern verhaftet, muss für 15 Jahre ins Gefängnis. Ein Großteil des Lösegelds bleibt allerdings verschwunden. Über den Verbleib schweigt Drach auch in seiner Haftzeit eisern.
Jahrelang fahnden Polizei und von Reemtsma beauftragte Privatermittler nach dem Geld. Ob es versteckt oder gewaschen worden ist, darüber können die Fahnder nur spekulieren. Klar ist allerdings, dass es auch für Drach kompliziert ist, das Lösegeld zu waschen. Man brauche gute Kontakte in der kriminellen Szene und jeder, der an so einer Aktion beteiligt sei, lasse sich sein Risiko gut bezahlen, sagt Dieter Langendörfer, ehemaliger Chef-Ermittler im Fall Reemtsma. "Wenn man da die Hälfte wiederbekommt, ist es schon viel und alle die dort involviert waren, versuchen natürlich ihre Provision, ihre Courtage, ob es drei, fünf, zehn Prozent sind, jedes Mal abzubeißen. Die machen alle ihr Geschäft."
Neue Hinweise?
Neue Hinweise auf den Verbleib des Lösegelds gibt es Mitte April, als die spanische Polizei auf Mallorca den Deutschen Horst R. festnimmt. R., der in den 80er Jahren Zuhälter auf der Hamburger Reeperbahn gewesen ist und dem gute Kontakte in die Rockerszene nachgesagt werden, hat angeblich Kenntnis davon, dass Teile des Reemtsma-Millionen von Frankfurter Rockern des Hells Angels Charters "Westend" gewaschen und im dortigen Rotlichtmilieu investiert worden sein könnten. Mit seinem Wissen habe R. die Rocker jahrelang erpresst, teilt die Aachner Staatsanwaltschaft mit, die das Ermittlungsverfahren federführend leitet.
Eine neue Spur auf dem Weg zum Lösegeld? Immer wieder hat es Gerüchte über die Reemtsma-Gelder im Rotlichtmilieu gegeben, unter anderem sollen 2 Millionen Euro über Strohfirmen in Liechtenstein und der Schweiz in ein Bordell in Darmstadt investiert worden sein. Konkrete Beweise finden sich für diese Behauptung allerdings nie. Auch der ehemalige Präsident der Hells Angels Westend, Walter Burkhard, Szenename "Schnitzel-Walter", streitet jede Beteiligung an einer möglichen Geldwäsche ab.
Drach ist untergetaucht
Am Ende ist es wahrscheinlich nur Thomas Drach selbst, der mit Gewissheit sagen kann, wo sich das restliche Reemtsma-Lösegeld befindet. Doch nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis ist er erst einmal untergetaucht. Niemand weiß, wo er sich zurzeit genau aufhält. Zuletzt wurde er im Februar auf Ibiza gesichtet, als Untermieter in der Villa eines befreundeten Ehepaars. Der frühere Ermittler Dieter Langendörfer ist sich sicher, dass Thomas Drach alles daran setzen wird, um an das restliche Lösegeld zu kommen. Schließlich betrachte er es als "redlich verdientes Geld", auf das er allein durch seinen 15-jährigen Gefängnisaufenthalt Anspruch habe: "Das steht ihm zu, sagt er, das will er haben das Geld. Und ich denke, wenn einer weiß wo es ist oder wo es war, dann ist er das. Und er wird sicherlich schauen, dass er das bekommt."