Sendedatum: 08.02.2012 23:30 Uhr

ZDF im Sparprogramm: KEF fordert Personalabbau

Im ZDF gibt es Ärger. Statt mit dem Zweiten besser zu sehen, wollen viele Mitarbeiter momentan lieber gar nicht hinschauen. Der Sender muss in den nächsten Jahren knapp 75 Millionen Euro sparen. Und das alles, na wo wohl, beim Personal. Vor allem Freie und befristet Angestellte zittern jetzt. ZAPP über schlechte Zeiten im Zweiten.

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Die Angst ist zu greifen in diesen Tagen. Viele Mitarbeiter beim ZDF bangen um ihre Jobs. Nicht nur in Mainz, auch in den Landesstudios und Außenredaktionen. Ein Sparprogramm, wie es der Sender bisher noch nicht erlebt hat, verunsichert die Mitarbeiter. Das haben dem Sender die Gutachter der KEF eingebrockt. Die Kommission legt mit ihren Berichten fest, wie viel Geld die Öffentlich-Rechtlichen bekommen. Der Auftrag: Das ZDF muss Personal sparen, 310 Stellen.

Heinz Fischer-Heidlberger, KEF-Vorsitzender, erklärt: "Wir sind sehr deutlich geworden. Weil wir natürlich wirksam sein wollen. Wir wollen ernst genommen werden. Und das haben wir ein bisschen vermisst in den Beratungen für den 18. Bericht, aber auch in den ganzen Verhandlungen."

Markus Brauck, Redakteur des "Spiegels", meint: "Wenn man das Gefühl hat, der andere vertuscht irgendwas und will mich veralbern, dann werde ich hinterher nicht nett zu ihm sein und Fünf gerade sein lassen, sondern dann werde ich auch mit aller Strenge zuschlagen, wie es die KEF gemacht hat."

Einstellungsstopp

Auch im Hauptstadtstudio in Berlin fürchtet man die Strenge der KEF. Wie überall im ZDF gilt hier ein Einstellungsstopp. Einzelne Mitarbeiter mussten schon gehen. Eine Mitarbeiterversammlung vor zwei Wochen sollte wenigstens etwas Klarheit bringen. Der Personalchef des Senders hatte sich angesagt, das Sparpaket zu erklären. Doch am Ende war niemand aus Mainz da. Viele Mitarbeiter fühlen sich allein gelassen.  

Der Medienjournalist Bernd Gäbler meint: "Die Erfahrung sagt, dass letztlich am stärksten betroffen immer die sind, die am Ende der Nahrungskette stehen. Also der kleine freie Mitarbeiter das, was er früher in zwei Tagen drehen musste, jetzt in einem halben zustande bringen muss, um irgendeinen Bericht zusammen zu kloppen. Das ist eine schlechte potenzielle Auswirkung einer solchen Auflage der KEF."

Markus Brauck: "Dass die ZDF-Leute sauer sind, kann ich sehr gut verstehen, aber die KEF ist nicht der Schuldige. Schuldige ist schon die Senderleitung, die über Jahre das verschleppt hat und auch nicht begriffen hat, dass zu einer Sicherung des ZDF auf Dauer nicht Expansion zählt, sondern dass das ZDF nur gesichert werden kann über Verzicht."

Verzichten mussten sie in den vergangenen Jahren offenbar wenig beim ZDF. Die jetzt so strenge KEF war lange dem Sender offenbar ganz wohlgesonnen.

Politik, KEF und die Nähe zum ZDF

Die KEF und das ZDF sind Nachbarn in Mainz. Mehr noch: Die KEF ist in der Mainzer Staatskanzlei, wo die Medienpolitik der Bundesländer koordiniert wird, untergekommen. Hausherr ist Kurt Beck (SPD), der praktischerweise auch Chef des mächtigen ZDF-Verwaltungsrats ist. Dort sitzen neben Beck noch die Ministerpräsidentenkollegen Bouffier (CDU), Platzeck (SPD), Seehofer (CSU) und Tillich (CDU). Jeder entsendet auch ein Mitglied in die KEF. Man kennt sich, man hilft sich offenbar. Für manchen Kritiker ein klarer Fall.

Bernd Gäbler: "Es gibt kaum eine Institution in diesem Land, wo die Ministerpräsidenten so viel zu sagen haben wie im ZDF. Und darum gibt es eine strukturelle Nähe zwischen KEF und ZDF. In beiden Institutionen sind ausschlaggebend Ministerpräsidenten und diese strukturelle Nähe sorgt wahrscheinlich auch dafür, dass, sagen wir mal, zumindest ein wohlwollendes Auge der KEF in der Vergangenheit immer auch auf dem ZDF geruht hat."

Das sind die Zeiten, an die man sich im ZDF wohl gern zurück erinnert. Als Rainer Conrad noch KEF-Chef war, ist dem Sender noch fast alles genehmigt worden. Der Hobbymaler hat die KEF-Berichte mit den Sender-Symbolen selbst gestaltet. Conrad galt nie als ZDF-Lobbyist. Dem Sender dürften die Bilder trotzdem gefallen haben.

Markus Brauck: "Die Mainzelmännchen vom Herrn Conrad zeigen ja schon bildlich, dass da eine große Nähe bestanden hat zwischen der KEF, die das ZDF kontrollieren soll, und dem ZDF selbst. Das war symptomatisch für die damalige Zeit, in der es mehr Rituale waren als wirkliche Prüfungen. Und die Zeit hat sich massiv geändert."

Interpretation oder Indiz? Tatsache ist, die Zeit der Rituale war lohnend. Besonders für das ZDF: Die KEF weist ARD, ZDF und Deutschlandradio ihren Anteil an den Rundfunkgebühren zu. Beim ZDF ist er als einziger satt gestiegen. Von knapp einem Fünftel 1995 auf gut ein Viertel seit 2009. Ein Anstieg, der unter anderem begründet wird mit wegfallenden Werbeeinnahmen, besonders für das „Zweite“, und einer immens teurer gewordenen Technik beim Fernsehen. Technik, die ZDF und ARD auch dazu genutzt haben sich breiter aufzustellen. Neben dem ZDF-Hauptprogramm gibt es längst die Ableger zdf.kultur, zdf_neo und zdfinfo. Aus dem Ein-Kanal-Sender ist eine Senderfamilie geworden.

Heinz Fischer-Heidlberger: "Die Anstalten haben aber immer selbst erklärt, dass sie diese aus dem Bestand finanzieren wollen, also ohne zusätzliche Mittel. Und darauf legen wir natürlich wert. Und wenn natürlich jetzt die Digitalkanäle mehr Personal, mehr Aufwand kosten, dann muss es an anderer Stelle eingespart werden. Also alles kann man nicht haben."

Markus Brauck: "Die KEF muss einmal an diesem Punkt ein Exempel statuieren, um zu sagen: 'Mit der Mauschelei ist es vorbei. Ihr könnt keine Tricks mehr anwenden, ihr müsst jetzt wirklich an diesem Punkt das umsetzen, was ihr uns versprochen habt, und nicht durch die Hintertür doch wieder das machen, was ihr eigentlich wollt'."

Konkrete Sparauflagen

Die KEF fordert nun einen harten Einschnitt. 75 Millionen Euro muss der Sender etwa von 2013 bis 2016 sparen, allein beim Personal. An anderer Stelle sitzt das Geld locker. Das ZDF hat die Rechte an der Fußball Champions League gekauft. Für über 50 Millionen Euro pro Jahr, heißt es. Ein Paukenschlag, der auf den ersten Blick absurd anmutet: Hier müssen Mitarbeiter entlassen werden, da fließen die Millionen für Sportrechte.

Markus Brauck: "Die KEF hat jahrelang immer gesagt: 'Spart, wo ihr wollt.' Und dann hat das ZDF das auch so gemacht und hat überall viel Luft im Etat gehabt. Nun bringt es dem ZDF nichts mehr zu sagen: 'Ich habe hier einen Brocken, da ist viel Luft noch drin, diese Luft kann ich rüber schieben in den Personaletat.' Weil die KEF genau sagt: 'Nein, du musst an der Stelle sparen, wo wir das sagen.'"

Dass der Sender sparen muss, ist dabei schon lange klar. Bereits vor vier Jahren hat die KEF gemahnt, das ZDF müsse 159 Stellen abbauen. Das ZDF reagierte prompt und stellte insgesamt 180 zusätzliche Mitarbeiter ein. Ein riskantes Spiel der Sender-Chefs.

Heinz Fischer-Heidlberger: "Wenn das ZDF sich zusätzliche Stellen leisten kann, obwohl wir ihnen eigentlich die Personalmittel im 16. Bericht schon in der Höhe gestrichen hatten, ja dann muss man auch sich fragen: Dann haben wir vielleicht auch ein bisschen zu viel Geld."

Nun müssen die einfachen Mitarbeiter die Managementfehler ihrer Chefs ausbaden. Und der Intendant, der Verwaltungsdirektor, die beiden Chefredakteure, sogar die Personalräte, die doch eigentlich für ihre Leute kämpfen müssten, keiner will ZAPP dazu ein Interview geben. Der Sender antwortet lieber schriftlich und lapidar: "Gerade in schwierigen Zeiten braucht es Mut und Gestaltungswille."

Dieses Thema im Programm:

ZAPP | 08.02.2012 | 23:30 Uhr

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