Fernsehen in der Nazi-Zeit
Eine TV-Ansagerin: "Achtung, Achtung! Fernsehsender Paul Nipkow. Wir begrüßen alle Volksgenossen und Volksgenossinnen in den Fernsehstuben Großberlins." Die allerdings können kaum glauben, was sie da sehen. Ein Zuschauer: "Wie? Das ist doch ein Trick! Die kleine Dame sitzt doch in dem Kasten drin, nicht?" Keineswegs. Die kleine Dame sitzt im Studio.
Ein Medium in den Kinderschuhen
1935 beginnt das Zeitalter des Fernsehens in Nazideutschland. Da es zunächst nur wenige Privatgeräte gibt, kommen die Zuschauer in öffentliche "Fernsehstuben" und sehen ein Programm, dessen Erfolgsrezept bis heute aktuell ist: Unterhaltung zuerst. Aber es geht auch anders: Humoristische Einlagen mit mörderischem Unterton. Ein Sprecher: "Um mal wieder über die Musik zu sprechen. Ich freue mich eigentlich, dass es heute alles so wunderbar im Takt geht, nicht wahr? Wenn es auch hier und da immer noch so etliche Querpfeifer bei uns gibt. Da machen wir wenig Federlesen. Die kommen zu ihrer weiteren Ausbildung in ein Konzertlager, wo man ihnen dann so lange die Flötentöne beibringt, bis sie sich an eine taktvolle Mitarbeit gewöhnt haben."
Fernseh-Live-Übertragung vom Nürnberger Parteitag: Das neue Medium bietet der Propaganda ungeahnte Möglichkeiten und damit auch der totalen Manipulation, wenn erst jeder Volksgenosse ein Gerät zu Hause hat. Zur Funkausstellung im August 1939 wird der Fernseh-Volksempfänger vorgestellt. Preis: Erschwingliche 650 Mark.
Krieg verzögert Verbreitung des TV
Doch wenige Tage später beginnt der Krieg und verhindert die Massenproduktion. So bleibt für das Nazi-Fernsehen die Rolle als Trostspender im Lazarett. Ilse Werner in der populären Show "Wir spenden Freude": Vorbild für die Samstagabend-Shows der späteren Bundesrepublik. Überhaupt liefern die Nazis viele Blaupausen für das heutige Fernsehen: Die "Tagesschau" heißt bei ihnen noch "Bild des Tages", die Talkshow "Gesprächskreis" und auch die Daily Soap ist keine Erfindung der Fernseh-Neuzeit. 1944 endet die Ära des Nazi-Fernsehens. Doch sie hat Spuren hinterlassen. Die Ansagerin verabschiedet sich: "Auf Wiedersehen bei der nächsten Sendung. Heil Hitler!"