Amazonas, Anden und Ameiseneier
Michael Stocks ist Leiter im ARD Studio in Rio de Janeiro und berichtet von dort nicht nur über Brasilien - auch Peru, Bolivien, Paraguay, Chile, Uruguay und Argentinien gehören zum Berichtsgebiet. Seit Ende der 90er-Jahre ist Lateinamerika die Korrespondentenheimat von Stocks. Die faszinierende Natur beeindruckt ihn immer wieder, aber neben Regenwald, Amazonas und Anden gibt es natürlich auch Themen wie die wachsende Wirtschaft, aber auch Korruption, die Schere zwischen Armut und Reichtum oder sportliche Großereignisse wie die Fußball-WM oder die Olympischen Spiele.
Was hat Sie bis jetzt in Ihrer Korrespondenten-Wahlheimat am meisten beeindruckt?
Michael Stocks: Im Positiven: die fantastische Natur Südamerikas, die Vielfalt, die Menschen, die unglaublich interessant sind, von deren Lockerheit wir Europäer uns zumindest ein bisschen was abschauen können. Und natürlich, wie gefasst die fußballverrückten Brasilianer die legendäre 1:7 Niederlage gegen Deutschland bei der WM im eigenen Land aufgenommen haben. Das haben sie nach dem Anfangsschock total sportlich genommen. Bis heute gratulieren sie uns bei allen möglichen Gelegenheiten zu dem Erfolg.
Im Negativen: die fantastische Natur Südamerikas, die in vielen Teilen zu wenig geschützt und zerstört wird. Die Menschen, die vor allem wegen mangelnder Bildung zu fahrlässig mit ihrer Umwelt umgehen und oft Müll da deponieren, wo es eben gerade passt. Die unglaubliche Bürokratie, die viele Prozesse im normalen und politischen Alltag einfach nur lähmt.
Was hat Sie am meisten schockiert?
Stocks: Die krassen Unterschiede von Arm und Reich. Besonders in den großen Metropolen wie Sao Paulo. Da gibt es Viertel von Millionären, super chic, dann kommt eine Mauer und dahinter eine Favela mit purer Armut. Das schockiert!
Welche Geschichte wollen Sie unbedingt in Ihrer Zeit als Korrespondent erzählen?
Stocks: Es sind unglaublich viele. Sehr wichtig ist mir aber die Berichterstattung, die im Zusammenhang mit Natur und Klima steht. Südamerika ist da eigentlich gesegnet, hat die größte Artenvielfalt. Wie wichtig die Regenwälder hier für das Weltklima sind, weiß jeder. Es tut unglaublich weh, wenn man mit anschauen muss, wie so viel davon zerstört wird. Wachrütteln durch Berichterstattung und Menschen porträtieren, die dagegen kämpfen, das ist wichtig. Nur so kann da Bewegung reinkommen und glücklicherweise wird die Situation langsam besser. Das Bewusstsein für Klima- und Umweltschutz wird größer, das haben ja gerade erst die deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen gezeigt.
Was ist die größte Herausforderung für die Zusammenarbeit mit den Redaktionen in Deutschland?
Stocks: Klar zu machen, dass auch Lateinamerika wichtig ist.
Was haben Sie bei jeder Drehreise dabei?
Stocks: Eine engagierte Mannschaft, die mit mir durch Dick und Dünn geht.
Was war bisher die größte Panne, die Ihnen widerfahren ist?
Stocks: Einen Beitrag unter größtem zeitlichem Druck gerade so fertig bekommen zu haben, um dann auf dem Weg zur Abspielstation nicht rechtzeitig aus den hier üblichen Mega-Staus herauszukommen - und deswegen die Sendung ganz knapp verpasst zu haben.
Mussten Sie aus Höflichkeit bei einer Drehreise schon mal Merkwürdiges essen oder trinken?
Stocks: Da gibt es in Lateinamerika ja allerlei. Gebratene Meerschweinchen in Peru sind da noch eher harmlos, aber nicht mein Ding. Kritisch wird es vor allem in den Urwäldern, wenn man bei Indios dreht und wir mitunter auch gar nicht genau wissen, was uns da angeboten wird. In Mittelamerika gab es einmal gebratene Ameiseneier und Würmer, war aber gar nicht so schlecht.
Was sind Ihre Lieblingsplätze in Rio de Janeiro?
Stocks: Es sind zwei. Die Strände von Rio de Janeiro, um dort etwas Sport zu machen und die vielen unterschiedlichen Menschen zu beobachten. Und die grandiosen Berge und Wälder in der Millionenstadt, in denen man prima wandern kann und dann auch in dieser sehr lauten Stadt tatsächlich mal etwas Ruhe findet.
Wie sieht für Sie ein perfekter Sonntag aus?
Stocks: Ausschlafen, kein Telefonanruf, schönes Wetter. Zeit zu haben, um mit meiner Frau und Freunden etwas zu unternehmen.
Was vermissen Sie am meisten aus Ihrer Heimat?
Stocks: Hier gibt es keinen Quark und demzufolge auch keinen Käsekuchen - und den liebe ich! Und natürlich den spontanen Besuch bei Familie und Freunden