Sendedatum: 22.11.2009 19:30 Uhr

Zeitreise: Die Bohrinsel aus Schacht-Audorf

Bau der Bohrinsel "Adma Enterprise" © NDR
Die Bohrinsel "Adma Enterprise".

Am Nordostsee-Kanal bei Schacht-Audorf gab es in den fünfziger Jahren die "Gutehoffnungshütte-Werft". Sie war bekannt für die großen Schwimmdocks, die hier gebaut wurden. 1956 kam dann ein in Europa damals einzigartiger Auftrag: der Bau einer Bohrinsel für den Persischen Golf. Auf einer heute öden Wiese in Schacht-Audorf, direkt am Nordostsee-Kanal, wurde sie 1957 gebaut: die damals modernste Bohrinsel der Welt. Aus ganz Deutschland kamen Spezialisten an den Kanal.

Sensation am Nord-Ostsee-Kanal

Einer von ihnen war Bernhard Gienau. Er sollte sich um die Hydraulik der "Hebebeine" für die Insel kümmern. Zunächst konnte er sich darunter nur wenig vorstellen. Die Baupläne für den Bohrturm kamen aus den USA, vermutlich ließen die Amerikaner in Schleswig-Holstein bauen, weil hier das Können vorhanden und zugleich der Weg zum Persischen Golf kürzer war. Die Deutsche Werft und ihre Arbeiter wollten zeigen, dass sie eine Bohrinsel genauso gut bauen konnten wie die Konkurrenten in den USA.

Fünf harte Monate haben Gienau und seine Kollegen am Nord-Ostsee-Kanal geschuftet. Im April 1957 war die Plattform fertig. Vier Hebebeine sollten der Insel später im "Persischen Golf" Stabilität geben, vier Meter tief im Meeresboden vergraben. Immerhin mussten sie die 58 Meter lange und 32 Meter breite Insel tragen. Ganz Schacht-Audorf und mehr als 100 Journalisten kamen zum Stapellauf. Viele Kanal-Anwohner erinnern sich bis heute an die hohe Welle, die gegen die Rader Insel brandete, als der Koloss zu Wasser gelassen wurde.

Verkleinerung der Bohrinsel für die Überfahrt

Bernhard Gienau arbeitete auch nach dem Stapellauf weiter an der Bohrinsel. Einige Konstruktionsmerkmale: An den vier Hebebeinen konnte der Arbeitsbereich auf 15 Meter Höhe angehoben werden, dazu waren eine Hubschrauberplattform und eine Klinik an Bord. Für die Besatzung gab es 50 Schlafplätze. Vor der Abfahrt musste nur eine Schwierigkeit noch beseitigt werden: Es galt den Bohrturm für die Fahrt unter den Kanalbrücken zu verkleinern. Doch auch das gelang und so nahm im August 1957 der holländische Schlepper die "Adma Enterprise" auf den Haken. Nach einer viermonatigen Reise erreichte sie ihr Ziel: den Persischen Golf.

Sie war die erste und letzte Bohrinsel, die in Schacht-Audorf gebaut wurde. Der Kanal war auf die Dauer einfach zu klein. Die "Gutehoffnungshütte-Werft" machte dicht. Bernhard Gienau baute nach der Schließung Brücken - die Severin-Brücke in Köln, die Köhlbrandbrücke in Hamburg und die Fehmarnsundbrücke. Aber eine Bohrinsel - das, so sagt er, war ein einzigartiges Abenteuer.

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Schleswig-Holstein Magazin | 22.11.2009 | 19:30 Uhr

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