Zeitreise: Hippies in Kiel
Der Sommer brachte sie mit: Hippies setzten in Kiel bunte Farbtupfer. Die Bewegung entstand in den späten 60-igern in den USA, besonders San Francisco galt als Zentrum. Die Hippies wollten sich vor allem auf friedliche Weise gegen die zu dieser Zeit festgesetzten Verhaltensnormen zur Wehr setzen. Sie fühlten sich eingeengt und wollten sich aus der etablierten Wohlstandsgesellschaft lösen. Die jungen Menschen forderten die Besinnung auf die Werte "Liebe, Frieden, Freiheit und das persönliche Glück". Außerdem waren sie für mehr Toleranz und Individualität.
Am Alten Markt in Kiel saßen sie im September 1969 direkt an der Nikolaikirche. Sie sangen, spielten Gitarre und bastelten Schmuck - neugierig beäugt von Anwohnern und Geschäftsleuten der Innenstadt. Die Kieler erinnern sich gut an damals. Eine Frau sagt uns: "Es war eine schöne Zeit, wir hatten keine Sorgen." Ein Kieler Maler wünscht der Jugend eine solche Zeit noch einmal zurück. "Dann wüssten die jungen Menschen endlich, was Leben bedeutet", erzählt er im Interview.
Love-and-Peace-Festival
Der Höhepunkt der Hippie-Bewegung in Schleswig-Holstein war das Love-and-Peace-Festival auf Fehmarn. Etwa 30.000 Blumenkinder feierten vom 4. bis 6. September 1970 auf einer Wiese beim Flügger Leuchtturm. Mit dabei war damals Willi Franck aus Flügge. Ihm gehörte einer der Zeltplätze direkt am Festivalgelände. Der 71-jährige erinnert sich noch genau, wie tausende Hippies die Insel besuchten. "Die kamen querfeldein über Äcker, Wiesen und Deiche aus der Richtung des Leuchtturms." Sie brachten einiges auf Fehmarn durcheinander. "Sie haben mir den Weidezaun herunter getreten und die Kühe von meiner Weide waren im Korn. Wir haben sie dann wieder eingefangen. Ein paar Bauernsöhne, die bei mir im Heu schliefen, halfen mir dabei."
Die Insel war auf einen solchen Ansturm von Menschen nicht vorbereitet, alle Straßen waren komplett zugeparkt. Am Wochenende wurde dann auch noch das Wetter schlecht - ein richtiges Sturmtief kam. Die Hippies suchten überall Zuflucht vor Wind, Regen und Matsch. Sie machten auch vor den Waschräumen auf Willi Francks Zeltplatz nicht halt. "Wenn ich hier morgens herein kam, lagen die Leute hier wie die Heringe aufgereiht, nur um trocken schlafen zu können." Aber sie wollten unbedingt Jimi Hendrix sehen: "Ich hatte ein Fernglas mit und habe mir das ganz genau angeschaut." Der Auftritt des Topstars des Festivals dauerte eine Stunde. "Die Menge war hingerissen", erinnert sich Willi Franck. Nur zwölf Tage nach seinem Auftritt starb Jimi Hendrix in London.
Gedenkstein für Jimi Hendrix
Weil er hier sein letztes Konzert gegeben hat, steht auf der Wiese des Festivals ein Gedenkstein für Jimi Hendrix. Der wurde von Andreas Lewerenz gefertigt. Drei Wochen bearbeitete der Steinmetz den acht Tonnen schweren Stein, bis die Fender-Gitarre und der Schriftzug fertig waren. 1995 stand ein Revival-Festival auf der Insel an und dafür wurde der Stein gebraucht. Einen Gedenkstein für einen solch herausragenden Künstler zu machen, war für Andreas Lewerenz zunächst nichts Außergewöhnliches: "Dabei gedacht habe ich mir eigentlich gar nichts, ich habe erst nur den Stein fertig machen wollen, der ganze Rest kam später so nach und nach." Erst als der Stein kurz bei ihm vor dem Haus stand und plötzlich Hippies im Schneidersitz davor saßen und für Jimi Hendrix Blumen niederlegten und Kerzen anzündeten, da merkte Andreas Lewerenz, das er etwas Besonderes geschaffen hatte.