Krummesse - Die Geschichte eines geteilten Ortes
von Thomas Kahlcke
Viele Menschen versuchen alles mögliche, um ins Guinness-Buch der Rekorde zu gelangen. Die Bewohner der Gemeinde Krummesse mussten gar nichts dafür tun und stehen trotzdem drin: als Ortschaft mit der längsten innerörtlichen Gemeindegrenze im Verhältnis zur Fläche. Fast 3.000 Meter lang ist die Grenze zwischen dem Lauenburger und dem Lübecker Gebiet - und sie verläuft kreuz und quer durch den Ort. Die Grenze bildet Inseln und Exklaven, sorgt bei den Krummessern für kuriose Verhältnisse und bei Uneingeweihten für Verwirrung und Kopfschütteln.
Geschichte reicht zurück bis ins 14. Jahrhundert
Der Grund für die eigenwilligen Verhältnisse liegt weit zurück. Im 14. Jahrhundert gehörte das Gebiet dem Ritter Marquard von Crummesse. Der verlor im Glücksspiel so viel Geld, dass er einen Teil seines Besitzes an einen Lübecker Kaufmann verpfändete. Als er das Geld nicht zurückzahlen konnte, gingen die Grundstücke in Lübecker Besitz über. Da der Ritter aber angeblich nur die weniger fruchtbaren Grundstücke verpfändete, die besseren jedoch für sich behalten hatte, entstand ein wahrer Flickenteppich.
Kein Ende in Sicht
Dieser Zustand ist nie geändert worden - bis heute. Teile des Ortes Krummesse gehören seit Jahrhunderten zur Hansestadt Lübeck, andere Grundstücke zum Herzogtum Lauenburg. Die Grenze verläuft mitten durch Straßen, quer über Grundstücke und zerteilt sogar Häuser. Versuche, durch Gebietstausch eine einheitliche Struktur zu erreichen, scheiterten bis heute mit wenigen Ausnahmen. Dabei hat die Situation für viele Menschen Nachteile. Zum Beispiel bei der Hundesteuer. Ein Hundebesitzer bezahlt in Krummesse 250 Euro, wenn sein Haus auf Lübecker Gebiet steht; wenn das Haus nebenan auf Lauenburger Boden steht, zahlt der Nachbar nur 80 Euro für einen Hund derselben Rasse.
Vorteile der Ortsteilung
Aber es gibt auch Vorteile, etwa bei der Freiwilligen Feuerwehr. Fahrzeuge und Ausrüstung werden von Lübeck bezahlt, kommen aber allen Krummessern zugute. Und weil Teile der Ortschaft zur Hansestadt gehören, fährt ein Lübecker Stadtbus bis in den Ort hinein. So haben sich die Menschen in den zurückliegenden 640 Jahren mit der Situation arrangiert - und es wird sich auch in absehbarer Zukunft nicht viel ändern am kuriosen Grenzverlauf mitten in Krummesse.