Dänisches Bettenlager: Der Daunenkönig
Der Chef wird geduzt, die Mitarbeiterzeitung prämiert regelmäßig die erfolgreichste Filiale und für die Weihnachtsfeier spendiert das Unternehmen ein Konzert mit großen Stars - das Dänische Bettenlager wirkt wie der perfekte Arbeitgeber. Verkauft werden Möbel und Bettwaren. Die Kunden sind begeistert - die Umsatzzahlen gehen seit Jahren nach oben. Lars Larsen, milliardenschwerer Gründer und Inhaber des Mutterkonzerns JYSK, wird in Dänemark bewundert und geliebt. Sie nennen ihn den "Dynekonge" - den Daunenkönig.
Das Dänische Bettenlager ist ein wichtiger und sehr erfolgreicher Teil des internationalen JYSK-Konzerns. Niedlich, nett und dann auch noch dänisch - so kommt das Bettenlager daher. Und es ist auf Wachstumskurs - in zwei Jahren sollen es 1.000 Filialen in Deutschland sein. Wie gut kann man da noch seinen Werten treu bleiben?
Personalkosten trickreich gedrückt?
Panorama Reporter haben mit ehemaligen Managern und Angestellten des Unternehmens gesprochen und eine andere Seite des netten dänischen Konzerns kennen gelernt. Offenbar versucht das Dänische Bettenlager trickreich, Personalkosten zu drücken.
Dana P. war eine begeisterte Mitarbeiterin, widmete dem Konzern sogar ihre Freizeit. Sie brachte es bis zur Filialleiterin, ihr Vorgesetzter kam persönlich zum runden Jubiläum. Alles war gut, so meint sie, bis sie in die Gewerkschaft eintrat und den ihr zustehenden Tariflohn forderte. "Ich hab damit ein ungeschriebenes Gesetz gebrochen. Das gibt es nicht. Von da an war ich ein Rebell, eine Abtrünnige", berichtet Dana P. Sie muss den Tariflohn vor Gericht einklagen.
Kündigung ist unwirksam
Plötzlich wurde sie mit Abmahnungen überzogen, bald folgte die Kündigung. Nicht weil sie Tariflohn gefordert hat, sondern unter anderem wegen "Verletzung von Arbeitspflichten". Es fehlte unter anderem ein Aufkleber auf einem Produkt. Dana P. zog gegen die Kündigung vor Gericht. Sie bekam Recht. Die Kündigung war unwirksam. Heute sagt P., dass sie nur eine tolle Mitarbeiterin war, solange sie brav funktioniert habe.
Ausbildungsplatz als "Belohnung" fürs Praktikum?
Vom Dänischen Bettenlager ausgenutzt fühlen sich Miriam und Sara. Beide traten ein Praktikum in Filialen des Dänischen Bettenlagers an. Beide lockte das Unternehmen mit der Aussicht auf Ausbildung und Karriere. Erst ein Praktikum und im Anschluss mit einer Ausbildung durchstarten. Saras Praktikum zog sich hin: "Irgendwann hat man ganz normal Bestellungen gemacht. Matratzen alleine verkauft, aufgeräumt, aufgefüllt." Für diese offenkundige Vollzeittätigkeit gab es gerade mal ein paar Hundert Euro.
Nach dem Praktikum bekommen beide zunächst die ersehnte Belohnung: einen Ausbildungsplatz. Doch kurz vor Ende der Probezeit kündigt man ihnen ohne Angabe von Gründen. Prof. Dr. Peter Schüren von der Universität Münster sieht deutliche Hinweise, dass diese Praxis rechtswidrig sein könnte: "Wenn diese Menschen langfristig als Helfer arbeiten, dann sind das normale Arbeitnehmer und keine Praktikanten. Sie werden dann mit 400 Euro viel zu niedrig, das heißt sittenwidrig bezahlt", so der Arbeitsrechtsexperte.
Polen: Solidarnosc-Mitglieder machtlos
Auch in Polen, wo der Mutterkonzern JYSK millionenschwere EU-Subventionen für den Aufbau eines Logistik-Zentrums in Radomsko kassierte, klagen Mitarbeiter des JYSK-Konzerns über Niedriglöhne. Panorama - die Reporter hat mit JYSK-Mitarbeitern gesprochen, die monatlich nicht mehr als 400 Euro verdienen. Davon könne man keine Familie ernähren, erklären sie. Die einst so stolze Solidarnosc-Gewerkschaft fühlt sich beim Arbeitgeber JYSK machtlos. Gewerkschafter erhalten Hausverbot, Solidarnosc-Mitglieder fürchten um ihre Jobs.
Dänemark: Muster-Arbeitgeber JYSK
In Dänemark, wo der JYSK-Konzern zu Hause ist, hört man solche Geschichten nicht: Hier feiert man Lars Larsen als Business-Ikone. Hier gilt das Unternehmen als Muster-Arbeitgeber. Jan Thomsen vom Dänischen Gewerkschaftsbund LO sieht darin keinen Widerspruch: "Der einzige Grund, warum dänische Firmen nach Deutschland ziehen, ist um Profit zu machen. Man kann viel besser in Deutschland ausbeuten als in Dänemark. Und dasselbe geschieht auch mit Polen und anderen Ländern."
Er erklärt dies mit dem sinkenden Einfluss der Gewerkschaften, in Dänemark sind etwa 75 Prozent der Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert, in Deutschland nur etwa ein Drittel. Das motiviere dänische Firmen, über die Grenze zu ziehen. Die Bundesrepublik sei aus Sicht dänischer Unternehmer ein Billiglohnland geworden. Offenbar ist das Unternehmen nur gerade so nett, wie es die Strukturen des jeweiligen Arbeitsmarktes erfordern.