Sparen bis zum Kollaps
Die Schlange im Wartezimmer der Elliniko Klinik in Athen führt oft bis nach draußen auf das ehemalige Militärgelände am Rande der Stadt. Junge Mütter kommen mit ihren Babys hierher, die unterernährt sind. Ehrenamtliche verteilen einmal wöchentlich Babynahrung. Ein 64-jähriger Grieche hatte kürzlich eine Herzoperation. Er konnte die Behandlung nicht bezahlen und wurde wenige Tage nach der Operation entlassen. Wenn er hier nicht mit Medikamenten versorgt und untersucht würde, wäre er heute nicht mehr am Leben. Im Monat kommen in diese Athener Sozialklinik mittlerweile bis zu 3000 Patienten, die Hilfe benötigen und sich keine Krankenversicherung mehr leisten können.
Dass die Menschen in dieser Klinik unentgeltlich behandelt werden können, ist möglich, weil Ehrenamtliche hier jeden Tag von früh bis spät arbeiten und Helfer wie Kalliopi Brandstäter Spenden sammeln. Die Hamburgerin mit griechischen Wurzeln kommt mehrmals im Jahr aus Deutschland hierher und füllt die leeren Regale in der Klinikapotheke wieder auf. "Als ich das erste Mal hierher kam, hatte ich bei einer Feier in meinem Hamburger Restaurant mehr als 3.000 Euro gesammelt, wovon ich Babynahrung und Medikamente für das Krankenhaus einkaufte." 2013 hat Kalliopi Brandtstäter den Verein "Förder- und Freundeskreis Elliniko e.V." gegründet.
Millionen Menschen ohne Krankenversicherung.
2009 gab der Staat noch 14 Milliarden Euro für sein Gesundheitswesen aus, zwei Jahre später waren es noch neun Milliarden. Die Budgets der Krankenhäuser wurden um 40 Prozent gekürzt. Es gibt zu wenig Ärzte und Medikamente im ganzen Land. Im September war fast jeder dritte Grieche ohne Arbeit. Im ganzen Land gibt es mittlerweile Sozialkliniken, die Menschen ohne Versicherung behandeln. Auch der Verein "Ärzte der Welt Griechenland“, eigentlich für die Erstversorgung von Flüchtlingen im Land gegründet, unterstützt mittlerweile zu einem Großteil die griechische Bevölkerung: 80 Prozent der Hilfe geht an Griechen.
Bei ihrem ersten Besuch in Athen, lernt Kalliopi Brandtstäter den Arzt kennen, der die Athener Sozialklinik leitet, Giorgos Vichas. "Wie kann es sein, dass Menschen sich entscheiden müssen, ob sie ihre Stromrechnung, Essen oder ihre Medikamente bezahlen?", fragt Vichas. Vichas ist Kardiologe, neben seinem eigentlichen Job in einem staatlichen Krankenhaus arbeitet er täglich mehrere Stunden in der Athener Klinik. Seit 2013 habe sich alles im Land verändert, sagt er. "Aus der Not und Verzweiflung entsteht etwas ganz Neues, ein neues Griechenland."
Regelmäßig sitzen abends neue Ehrenamtliche im Stuhlkreis zusammen und werden in die Arbeit der Klinik eingeführt. Es sind zu einem Großteil Menschen, die ihre Arbeit verloren haben, denen es selbst nicht gut geht. "Wir haben in unserer Klinik ein Motto: In der Krise ist kein Mensch allein", sagt Vichas.
Panorama - die Reporter berichtet am 7. Juli um 21.15 über Griechenland, die Krise und Hilfe aus Deutschland.