Stand: 02.12.2014 18:52 Uhr

Wie viel Mitte verträgt Gabriels SPD?

von Nils Casjens & Jan Liebold

Sigmar Gabriel ist so mächtig wie nie: Bundeswirtschaftsminister, Vizekanzler und SPD-Vorsitzender, so lange wie kein anderer seit Willy Brandt. In der Partei ist er ohne Konkurrenz. Doch er hat ein Problem: Seine SPD liegt wie festbetoniert bei 25 Prozent. Aus diesem Tief kommt er einfach nicht raus. Dabei hat er einen Plan. Doch bisher trägt der keine Früchte.

Gefasst hat Sigmar Gabriel seinen Plan nach der letzten Bundestagswahl, nach einer seiner größten Niederlagen. Er war mit seinem linken Wahlprogramm gescheitert, hatte nur 25,7% der Stimmen eingefahren. Sein Entschluss: So kann es nicht weitergehen.

Die Große Koalition: Gabriels Meisterstück?

In der SPD halten sie die darauf folgenden Monate für sein Meisterstück: Wie er die SPD auf dem Weg in die Große Koalition geeint hat, wie er ihre Wahlversprechen zu großen Teilen im Koalitionsvertrag festgeschrieben und so der Regierungspolitik einen sozialdemokratischen Stempel aufgedrückt hat. Im Mitgliedervotum stimmen beeindruckende 76% der SPD-Mitglieder für die Große Koalition.

Doch Gabriel weiß: Sein wahres Meisterstück kommt erst noch, das war erst der Anfang. Jetzt kann er seinen Plan umsetzen und die SPD aus ihrem 25-Prozent-Loch führen. Teil eins seines Plans: Gabriel zeigt den Wählern, dass seine SPD hält, was sie verspricht. Mindestlohn, die Rente mit 63, Frauenquote - alles Punkte aus dem linken Wahlprogramm, mit dem Gabriel und seine SPD gescheitert sind.

Er hat sich deshalb entschlossen, die Partei zugleich in die Mitte zu führen - Teil zwei seines Plans. Gabriel will zeigen, dass die SPD auch Wirtschaft kann, nicht nur Umverteilung. Und so räumt Gabriel eine linke Position nach der anderen. Die Vermögenssteuer lehnt er ab. Er zwingt seiner SPD das Freihandelsabkommen mit den USA auf. Und für die Industrie hält er den Strompreis niedrig.

Sind Inhalte zweitrangig?

Jürgen Trittin (Grüne) © dpa Foto: Peter Steffen
Jürgen Trittin verfolgt Gabriels Kurs mit Skepsis.

Für Jürgen Trittin, den Grünen-Spitzenkandidaten bei der Bundestagswahl, ist klar, was Gabriel damit erreichen will: Er will Kanzler werden, bei der nächsten Wahl 2017. Inhalte seien für ihn auf diesem Weg zweitrangig.

Doch mit seinem Kurs riskiert Gabriel Spannungen in der SPD - viele Genossen hängen am linken Programm. Die Diskussion in der Partei hat begonnen. Hinter den Kulissen. Ausgang offen. Denn: Noch greift Gabriels Plan nicht. In den Umfragen verharrt die SPD bei 25 Prozent. Das ist sein Dilemma. Die Umfragewerte müssen bald steigen. Sonst wird's ungemütlich für Sigmar Gabriel.

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 02.12.2014 | 21:15 Uhr