Mutmaßlicher VW-Hasser richtet Millionenschaden an
Wolfsburg, das ist VW. Der Autoriese ist allgegenwärtig. Der Golf GTI hat ein eigenes Denkmal und selbst der örtliche Bundesligist VfL gehört VW. Das Geschäft mit den Autos hat Wohlstand und Sicherheit in die Stadt gebracht. Daran konnte auch der Dieselskandal nichts ändern. Erst jüngst verkündete der Konzern den Aufbruch an die Weltspitze der Elektromobilität.
Doch über der Stadt liegt ein Schatten. Seit anderthalb Jahren zerstört ein Serientäter die Lacke neuwertiger Wagen mit Sekundenkleber. Der zerfrisst den Lack bis auf das Metall. Bisher sind mehr als 440 Autos betroffen. Der Gesamtschaden beträgt bis zu 1,5 Millionen Euro. Das beliebteste Ziel des Unbekannten sind Leasingfahrzeuge von VW. Die dürfen Werksmitarbeiter zu günstigen Konditionen fahren. Leasinganbieter und Versicherer sind Tochterunternehmen der Volkswagen AG.
Die Fahrzeuge erkennt der Täter offensichtlich an der in diesem Fall üblichen Nummernschild-Kombination aus WOB für Wolfsburg in Verbindung mit einem Buchstaben und vier Ziffern. Bei seinen Kleberattacken lässt der Unbekannte schon mal eine Edelkarosse von Audi aus, wenn gleich nebenan ein Golf mit dem begehrten Kennzeichen wartet. Getroffen werden sollen ganz offenbar VW und seine Mitarbeiter, so die Vermutung.
Ermittlungsgruppe "Kleber"
Bei der Wolfsburger Polizei beschäftigt sich eine eigene Ermittlungsgruppe mit der mysteriösen Serie. Sie trägt den treffenden Namen "Kleber". Panorama 3 war mit den Beamten unterwegs. Lars Bollwien ist der Chef der Gruppe. Der erfahrene Polizeihauptkommissar schaut sorgenvoll auf die Karte, auf der die verschiedenen Tatorte mit gelben Klebezetteln gekennzeichnet sind. Fast im gesamten Stadtgebiet war das Phantom unterwegs. "Wir können nicht vorhersagen, wo er das nächste Mal zuschlägt", betont er. Doch eine wichtige Spur gebe es: "den Klebstoff".
Der Täter verwende Sekundenkleber in großen Mengen, den es im Einzelhandel nur in kleinen Tuben zu kaufen gebe. Er müsse sich den Kleber im Internet bestellen oder habe woanders Zugang. Auf Nachfrage bestätigt Lars Bollwien, eine denkbare These sei, dass der Täter ein ehemaliger Mitarbeiter aus dem Werk sein könnte, der sich in Unfrieden von VW getrennt habe. Doch Spekulieren helfe nicht weiter, die Polizei müsse sich an die Fakten halten.
Täter braucht Zeit
Und da gibt es nicht viele. Das Phantom hat außer Kleberresten nichts hinterlassen, keine Klebertube und keine Fingerabdrücke. Der Täter gehe ausgesprochen vorsichtig vor, er meide Orte, die von Kameras überwacht werden, er kenne sich gut aus und sei ziemlich sicher Wolfsburger, vermutet der Chef der Ermittlungsgruppe. Die Beamten haben Taten in Zusammenarbeit mit der VW-Werkssicherheit nachgestellt. Das Ergebnis: Der Täter muss dicht ran an das Fahrzeug und braucht so viel Zeit, um den Klebstoff aufzutragen, dass er anderen dabei auffallen könnte. Auf frischer Tat ertappt hat ihn bisher dennoch niemand.
Polizei bittet um Mithilfe
Mittlerweile hat die Polizei eine Veränderung festgestellt. Es werden weniger Fahrzeuge an einem Tatabend mit Kleber beschmiert als früher. Dafür hat der Täter seine Schlagzahl erhöht. Er gehe jetzt öfter los, warnt Lars Bollwien. Die Polizei ruft die Bürger zur Wachsamkeit auf. Wenn sich eine oder auch mehrere Personen auffällig Fahrzeugen nähern, dann bitte umgehend die Polizei anrufen.