Miese Tricks: Mitgliederfang bei DRK & Co.
Was wären Rotes Kreuz oder Naturschutzverbände wie NABU und BUND ohne ihre Mitglieder? Die zahlen brav ihre Beiträge und ermöglichen den gemeinnützigen Organisationen damit das satzungsmäßige Arbeiten. Und nicht nur das: Hohe Mitgliederzahlen stärken die Verbände und damit ihre Möglichkeiten der politischen Einflussnahme. Ein mächtiger BUND mit rund 460.000 Mitgliedern kann eben sehr selbstbewusst mit der Politik über den Naturschutz verhandeln.
Es verwundert also nicht: Die Werbung neuer Mitglieder steht ganz oben auf der Prioritätenliste gemeinnütziger Organisationen. Dabei sind die Zeiten lange vorbei, in denen diese Arbeit von ehrenamtlichen Helfern gemacht wurde. Heute übernimmt das in den meisten Fällen die sogenannte Fundraising-Industrie. Die schickt bezahlte Werber los. Sie versuchen an Infoständen oder an der Haustür Menschen von einer Mitgliedschaft zu überzeugen.
Werden Neu-Mitglieder bei der Anwerbung bewusst getäuscht?
Die große Fundraising-Agentur Wesser gibt an, sie habe allein für das Rote Kreuz 2,5 Millionen Mitglieder geworben. Darüber hinaus rund 300.000 Mitglieder für den Naturschutzbund (NABU) und 170.000 für den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Diese Zahlen zeigen, welch wichtige Rolle die Fundraiser übernommen haben. Den potenziellen neuen Mitgliedern ist das allerdings oft nicht klar. Sie wissen häufig nicht, wen sie da an der Haustür vor sich haben - und dass ein Teil ihres Mitgliedsbeitrages gar nicht in dem beworbenen Projekt, sondern in der Kasse einer Fundraising-Agentur landet.
Die Profiwerber gehen in Kleidung und mit Ausweisen der jeweiligen Organisation auf Mitgliederfang. Für Stefan Loipfinger von der spendenkritischen Internetplattform Charity Watch hat das System: "Man versucht die Leute an der Tür oder auf der Straße bewusst zu täuschen." So entstehe nicht selten der Eindruck, da seien ehrenamtliche Helfer für die gute Sache unterwegs. Tatsächlich hat Panorama 3 bei seinen Recherchen zahlreiche Hinweise darauf gefunden, dass Spendenorganisationen den Einsatz der bezahlten Werber gerne verschweigen und verschleiern.
"Gesicht und Stimme" des Verbandes?
Die Agentur Wesser und ihre Auftraggeber sehen darin offenbar kein Problem. Gegenüber Panorama 3 erklärt Wesser, Werber seien "Gesicht und Stimme des Verbandes vor Ort und stellen sich auch so vor." Darüber hinaus weisen Wesser und alle von Panorama 3 angefragten Verbände darauf hin, auf den Mitgliedsanträgen werde auf die "kommerzielle Werbung" hingewiesen, die "zum Teil erfolgsabhängig vergütet wird." Von Panorama 3 befragte Neumitglieder, die von Wesser-Mitarbeitern an der Haustür geworben wurden, haben das Kleingedruckte jedoch übersehen.
Dem Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) reicht der schriftliche Hinweis auf dem Mitgliederantrag allein nicht. Das Institut vergibt das DZI Spenden-Siegel. Wer das hat darf nicht täuschen. Die Profi-Werber müssen an der Haustür genau angeben, wer sie beauftragt hat. Sie müssen also sagen, dass sie beauftragte Werber sind und dürfen nicht den Eindruck erwecken ehrenamtlich zu arbeiten. Fragen zur Art und Höhe ihrer erfolgsabhängigen Vergütung müssen sie wahrheitsgemäß beantworten. Doch genau das, macht das Geschäft der Profis schwer. Bei einem vermeintlich ehrenamtlichen Mitarbeiter unterschreibt es sich eben leichter.