Krankenkassen: Wellness für Gesunde, Kranke gehen leer aus?
Schlägt man im Duden die Definition von "Krankenkasse" nach, so findet man: "Institution, die jemanden gegen die Kosten, die durch eine Krankheit entstehen, versichert". Doch seitdem es einen einheitlichen Tarif für gesetzliche Krankenkassen gibt, müssen sich diese durch andere Angebote unterscheidbar machen, um die Versicherten für sich zu gewinnen. Das Ergebnis: viele bunte Zusatzangebote - und das oben genannte Kerngeschäft scheint offenbar nicht selten auf der Strecke zu bleiben.
Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) bestätigt dieser Tage, was viele Versicherte seit geraumer Zeit beobachten: Immer mehr Reha-Anträge, Anträge auf Krankengeld und Hilfsmittel werden von den Kassen abgelehnt. Und das, obwohl manchmal sogar gleich mehrere Ärzte die Anträge mit Gutachten untermauern und, wie etwa im Falle von Krankengeld, die Patienten vielfach einen gesetzlichen Anspruch auf die Leistungen durch die Kasse haben.
Wettkampf um "gesunde Kranke"
Stattdessen tobt mit den bunten so genannten "Satzungsleistungen" ein Wettkampf um die "gesunden Kranken", wie Susanne Mauersberg vom Verbraucherzentrale Bundesverband erläutert: "Die Angebote von Satzungsleistungen zielen in erster Linie auf attraktive Versicherte ab, die gesund sind, oder eben keine großen Beschwerden haben. Das nennt man dann auch im Jargon die 'gesunden Kranken'. Wohingegen Menschen, die chronisch krank sind, häufig auch mit Zuzahlungen Probleme haben. Die bekommen da wenig angeboten, weil sie nicht attraktiv sind."
Bunter Strauß an Zusatzleistungen
Für die "gesunden Kranken" haben die Kassen einen unterschiedlich bunten Strauß an Zusatzleistungen gebunden: von Homöopathie und Osteopathie über Fango-Packungen und professioneller Zahnreinigung bis zur Kunsttherapie reicht das Spektrum. Therapieformen, die in ihrer Wirkung bei weitem nicht unumstritten sind. Aber sie werden nachgefragt und so zu einem Entscheidungsgrund für oder gegen einen Kassenbeitritt. Gegenüber Panorama 3 bringt es der Vorstandsvorsitzende der DAK, Prof. Herbert Rebscher, auf den Punkt: "Das ist ein Marketinginstrument für junge beitragsreagible Menschen, die man braucht in einer Kasse, um langfristig eine gute Risikomischung zu haben - das aber für die Finanzausstattung des Systems nun mal erst Geld vernichtet."
Vernichtung von Beitragsgeldern zur Akquise
Vernichtung von Beitragsgeldern zur Akquise neuer Mitglieder - so war das Gesetz, das das Bundesgesundheitsministerium 2012 auf den Weg gebracht hat, wohl nicht gedacht. Und es liegt auch am Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP), diese Konzentration auf die "gesunden Kranken" jetzt wieder einzufangen. Denn das Kerngeschäft der Krankenkassen sollte weiterhin sein, "jemanden gegen die Kosten, die durch eine Krankheit entstehen" zu versichern.