Kleiderverschwendung: Verbrennen statt verwerten
Volle Tüten und klingelnde Kassen - in den Einkaufspassagen der Republik kommen beim Shopping Kunden und Einzelhändler auf ihre Kosten. 60 Kleidungsstücke pro Jahr werden durchschnittlich pro Person in Deutschland gekauft. Davon sogar ausgenommen sind Socken und Unterwäsche - die Textilbranche boomt. Immer mehr Kleidung wird in immer kürzerer Zeit konsumiert, das Phänomen nennt sich "Fast Fashion". Häufig bleibt dabei jedoch die Qualität der Textilien auf der Strecke, dafür stimmt hingegen der Preis. "Zu teuer darf es nicht sein", sagt eine Kundin gegenüber Panorama 3, eine andere fügt in Bezug auf ihren Kleiderschrank hinzu: "Ich habe frisch ausgemistet, deswegen passt jetzt wieder Neues rein." Und die alten Sachen? "Die haben wir zum Deutschen Roten Kreuz gegeben, in die Altkleider-Spende."
Jahresaufkommen von Altkleidern erhöht
In Helmstedt befindet sich eine solche Sammelstelle der deutschen Kleiderstiftung, täglich kommen Lkw-Ladungen voller Spenden aus Altkleider-Containern an. Der Geschäftsführer der Sammelstelle, Ulrich Müller, ist froh über die Spenden, auch wenn sich der Arbeitsaufwand seiner Mitarbeiter in den letzten Jahren deutlich erhöht hat: "Im Altkleider-Bereich hatten wir zehn Jahren etwa ein Jahresaufkommen von 750.000 Tonnen. Heute reden wir in Spitzen von bis zu 1,1 Millionen Tonnen gebrauchter Textilien." Und jedes einzelne Stück muss in der Sammelstelle per Hand kontrolliert werden. Dabei stellt sich die Frage: Kann man es noch tragen? Oder zumindest recyclen?
"Grenzen unserer Leistungsfähigkeit"
Bei der günstig produzierten und meist minderwertigen Kleidung ist dies ein Problem. Statt als Hilfslieferung in Krisengebiete oder als recyclebares Material wandert vieles stattdessen in den Müll: "Da wir dieses Material auch nicht mehr als Putzlappen-Material absetzen können, erhöhen sich unsere Kosten für die Müllverbrennung", stellt Ulrich Müller klar. Die Menge der zu verbrennenden Kleidungsstücke habe sich laut Müller verdreifacht in den letzten 15 Monaten. "Das bringt uns an die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit als gemeinnützige Stiftung. Denn am Ende wollen wir mit dem Geld, was wir erwirtschaften, hier humanitäre Hilfe tun", sagt Müller.
Reagiert die Politik?
Viola Wohlgemuth von Greenpeace beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Nachhaltigkeit auf dem Textilmarkt. Sie kritisiert die gegenwärtige Praxis vieler Unternehmen und plädiert dafür, dass die Politik die Textilindustrie in die Pflicht nimmt: "Hier muss Verantwortung für die Produktion übernommen werden. Auch für die Ressourcen, die hier eingesetzt werden. Das sind bei einem T-Shirt schon mal 2.700 Liter Wasser, die für die Herstellung eingesetzt werden", so Wohlgemuth. Dabei hat die Bundesregierung bereits 2016 ein "Nationales Programm für Nachhaltigen Konsum" verabschiedet. Darin ging es auch um Produktions- und Vertriebswege im Textilhandel. Und wie sieht es drei Jahre später aus? Auf Panorama-3-Anfrage heißt es seitens des Bundesumweltministeriums, es seien erste allgemeine Ziele definiert worden. Verbindliche Maßnahmen dazu würden noch diskutiert.