Job-Aus durch Schwangerschaft
Eigentlich hätte es kaum besser laufen können: Lisa S.* zieht frisch verliebt nach Hamburg und findet auch noch einen tollen Job. Der ist zwar nur befristet, aber Sorgen bereitet ihr das nicht. Schließlich läuft alles gut bei der Arbeit. Ihre Vorgesetzten sind zufrieden, geben ihr immer mehr Eigenverantwortung, signalisieren: Eine Vertragsverlängerung wird kein Problem. Den richtigen Namen von Lisa S. dürfen wir nicht nennen. Denn das, was ihr dann passierte, hat sie vorsichtig gemacht.
Mit der Schwangerschaft ist der Job weg
Lisa wird schwanger. Mit Problemen deswegen rechnet sie nicht. Schließlich hat ihr Arbeitgeber sogar ein Zertifikat für die besonders gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Als sie ihren Vorgesetzen von der Schwangerschaft erzählt, macht sie ihnen sogar Vorschläge, wie es weitergehen könnte: Nur sechs Monate Elternzeit, während der will sie weiter von zu Hause mitarbeiten. So hofft sie, trotz Schwangerschaft einen neuen Vertrag zu erhalten, denn ihr befristeter läuft bald aus.
Doch ihre Vorgesetzten gehen auf die Angebote nicht ein. Dem NDR liegt sogar ein Protokoll des Betriebsrates vor, in dem ihr Chef ganz unverhohlen den Grund für die Nicht-Verlängerung nennt: "die jüngsten 'Probleme' mit wiederkehrenden Müttern". Immerhin macht er ein Angebot: Wenn Lisa S. aus der Elternzeit zurückkommt, könne sie sich melden. Dann würde die Firma ihr eine gleichwertige Stelle anbieten.
Nach Recherchen in Sozialen Netzwerken erhalten wir viele Zuschriften junger Frauen, denen es so oder ähnlich ergangen ist: Neuer Job, es läuft gut, eine Verlängerung wird in Aussicht gestellt, die Frau wird schwanger und von Verlängerung ist keine Rede mehr.
Grundlose Befristung schadet Frauen
Möglich wird das durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz. Das erlaubt Unternehmen beispielsweise Mitarbeiter einzustellen und ihre Verträge ohne Grund zu befristen: die sachgrundlose Befristung. Das Gesetz soll Schwung in den Arbeitsmarkt bringen. Ob das funktioniert, ist umstritten. Fakt ist aber, dass fast jede zweite Neueinstellung inzwischen eine befristete Stelle ist.
Besonders für eine Gruppe ist dies riskant: "Das sind ganz klar die Frauen, die noch Kinder kriegen können“, erklärt Arbeitsrechtler Axel Pöppel. Werden sie während des Arbeitsvertrags schwanger, können die Arbeitgeber ihren Vertrag einfach auslaufen lassen. Festangestellte Frauen sind während der Schwangerschaft besonders vor Kündigung geschützt. Für befristet Angestellte gilt das nicht. Sie müssten beweisen können, dass ihnen bereits eine Vertragsverlängerung in Aussicht gestellt wurde, mit Zeugen zum Beispiel. Doch die gibt es fast nie. Der Anwalt kennt die Situation dieser Frauen: "Wir können fast immer nur sagen: 'Pech gehabt'. Praktisch kann man den Frauen nicht helfen. Es wäre anders, wenn das Gesetz eine andere Rechtslage hergäbe."
Arbeitsministerium beabsichtigt keine Änderung
Andrea Nahles, SPD, betont schon lange, eine Gegnerin der befristeten Verträge zu sein. Als Arbeitsministerin hatte sie dann im vergangenen Dezember auf dem Parteitag der Jusos sogar gesagt, sachgrundlose Befristungen gehörten abgeschafft. Doch im Koalitionsvertrag mit der CDU steht nichts von einer Änderung des Gesetzes. Und genau darauf verweist das Bundesarbeitsministerium auch auf Anfrage von Panorama3: "Der Koalitionsvertrag sieht keine Änderungen der befristungsrechtlichen Regelungen […] vor." Gern hätten wir mit der Ministerin darüber gesprochen, ob sie nun etwas ändern will oder nicht. Doch ein Interview erhalten wir nicht.
Lisa S. sucht übrigens gerade eine neue Stelle. Ihr Chef hat sein Versprechen, ihr einen gleichwertigen Job nach dem Ende der Elternzeit anzubieten, nicht gehalten. Ihre alte Stelle hat jetzt ein Mann.
*Name von der Redaktion geändert