Im Auto zur Schule: Probleme mit Elternbringdienst
Ein Vater bringt sein Kind in die Schule - und hält dafür mitten auf der Straße. Ohne sich umzusehen, öffnet er die Beifahrertür, ein Radfahrer auf dem danebenliegenden Radweg kann gerade noch rechtzeitig ausweichen. Mehrere Minuten blockiert sein Auto Straße und Radweg. Ein grauer Jeep fährt rasant auf einen Parkplatz im Halteverbot, es kracht. Das Auto hat ein Fahrrad touchiert, das am Bürgersteig parkt.
So oder so ähnlich geht es fast jeden Morgen vor der katholischen Schule im Hamburger Stadtteil Harvestehude zu - sehr zum Ärger von Schulleiterin Ulrike Wiring: Da die Schule nur über eine Straße zugänglich sei, verursache jedes Auto, das "auf dem Radweg in zweiter Reihe parkt, höchst gefährliche und unübersichtliche Verkehrssituationen". Andere Kinder würden so in große Gefahr gebracht.
Jedes vierte Kind im "Elterntaxi" zur Schule
Fast jedes vierte Kind wird von seinen Eltern mit dem Auto zur Schule gefahren - das sogenannte "Elterntaxi" ist deutschlandweit zum Problem geworden. Befragt nach den Gründen, führen Eltern immer wieder den morgendlichen Zeitdruck oder Bequemlichkeit an. Und viele halten es für sicherer, ihre Kinder selbst mit dem Auto zur Schule bringen. Doch was für das eigene Kind sicherer erscheinen mag, bringt andere Kinder in Gefahr: Denn Autoschlangen vor den Schulen machen den Straßenverkehr für die Kinder unübersichtlich. Und die Kinder verlernen durch das ständige Bringen die Eigenständigkeit im Straßenverkehr.
Die Polizei in Lübeck will daher Eltern dafür sensibilisieren, ihre Kinder zu Fuß oder mit dem Rad zur Schule zu bringen. Polizist Ulli Fritz Gerlach sucht vor der Kaland Schule in Lübeck das Gespräch mit Eltern. Die Schule liegt an einer engen Kopfsteinpflasterstraße inmitten von Altbauten, rechts und links parken Autos. "Wir haben hier eine enorm hohe Verkehrsdichte, wenn jetzt noch alle Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen würden, wird es gefährlich. Die Eltern machen die Türen zum Bürgersteig auf, manche fahren aufgrund des Zeitdrucks mit überhöhter Geschwindigkeit, das birgt hohe Gefahren", sagt Ulli Fritz Gerlach.
Hier in Lübeck setzt man seitens der Schule und Polizei auf mahnende Worte. Das Thema Verkehr werde immer wieder in Elternversammlungen besprochen. "Je mehr wir aufklären, umso so zugänglicher sind auch die Eltern", erzählt der Polizist.
Einfach mal für "Elterntaxen" sperren
Doch mit Mahnungen allein ist manchen Eltern anscheinend nicht beizukommen. In Oyten im Landkreis Verden läuft seit kurzem ein Pilotprojekt. Die Zufahrtstraße zu Kita, Grundschule und IGS an der Pestalozzistraße ist für zwei Wochen für die "Elterntaxen" gesperrt.
Denn im Dezember wurde hier ein Kind auf dem Parkplatz angefahren. "Das war der Grund für uns, auch mal eine unpopuläre Maßnahme anzugehen", sagt Bürgermeisterin Sandra Röse. Ermahnungen und freundliche Worte hätten nichts gebracht. Der Grundschüler Jano erinnert sich noch gut an die Zeit vor der Sperrung: "Da sind immer ganz viele Autos lang gefahren. Und da war ich mir auch nicht immer sicher: Komme ich jetzt heile an?", sagt er. Inzwischen ist es auf der Straße sehr viel ruhiger geworden. Besonders die Kinder schätzen das. "Ich finde besser, dass jetzt mehr Kinder laufen", sagt Jano.
Ausreden und Gefälschte Anwohnergenehmigungen
Doch einige Eltern scheinen die Maßnahme nicht einzusehen. Es seien schon Ausnahmegenehmigungen gefälscht worden, die Anwohnern, Lehrern und Eltern von Kindern unter drei Jahren erlauben, die Straße wie früher zu nutzen, erzählt Sandra Röse. Die meisten Eltern nähmen die Sperrung jedoch gut an. Und die gilt nur noch für kurze Zeit - bis zum 24. Januar soll die Straße gesperrt bleiben. Danach ist die Zufahrt für alle wieder frei. Ob Eltern ihre Kinder dann trotzdem noch wie empfohlen zu Fuß oder mit dem Rad zur Schule bringen, wird sich zeigen.