Illegaler Drogenhandel: Oldenburger Fahnder stoppen größten Internethandel
Auf dem "DarkMarket" wurden übers Internet illegale Güter verkauft - vor allem Drogen. Die Polizei hat nun die aufwendigen Ermittlungen gegen die Betreiber abgeschlossen. Exklusive Einblicke in eine Spurensuche.
Ein unscheinbares, graues Haus irgendwo im niedersächsischen Oldenburg. Die Cybercrime Spezialeinheit der Zentralen Kriminalinspektion sitzt hier an einem geheimen Ort, schließlich legen sich die Spezialisten immer wieder mit der Organisierten Kriminalität an. Dieses Mal ist es aber ein besonders prestigeträchtiger Fall: Die Oldenburger haben den weltweit größten Darknet-Marktplatz für Drogen und viele weitere illegale Güter hochgenommen: Er nennt sich "DarkMarket".
IT-Ermittler Frederik Berg kann nur noch Screenshots der Seite zeigen, schließlich hat er sie im Januar 2021 abgeschaltet. "Es sieht aus wie ein normaler Marktplatz im Internet mit Kategorien und Warenkorb. Nur, dass die dargebotenen Waren eben Kokain oder Ecstasy hießen", sagt Berg. Bezahlt wurde in Kryptowährungen, also digital und teils verschlüsselt. Insgesamt wurden über "DarkMarket" Geschäfte in einem Wert von über 140 Millionen Euro abgewickelt.
Die Cyber-Ermittler
"Da ist man schon stolz. Das ist nichts Alltägliches. Insofern ist es schon ein großes Ding, was wir da gemeinsam mit anderen Behörden geschafft haben", sagt Berg. Er selbst ist kein Polizist. Er wurde extra vor einigen Jahren in die "Task Force Cybercrime" geholt, um an der Seite von gelernten Ermittlern den Tätern im Netz Herr zu werden. Denn die tarnen sich immer besser. Der Betreiber von "DarkMarket" sei besonders gut gewesen, so der Ermittler.
Die Spur des digitalen Geldes
Dass es dann doch gelang seine Identität zu entschlüsseln, liegt nach Bergs Einschätzung auch an einer Eigenschaft des Täters, die alle Kriminellen vereine: "Die Gier nach Geld. Da setzen wir an. Da suchen wir nach Fehlern."
Der mutmaßliche Betreiber kassierte für Geschäfte auf "DarkMarket" eine Provision von vier Prozent, bezahlt in Kryptowährungen. Mit Hilfe eines speziellen Programms verfolgten die Ermittler dann die Zahlungen, um so die wahre Identität des Täters herauszufinden. "Man versucht, die Transaktionen so weit zu verfolgen, bis sie Kontakt bekommen mit der mit der echten Welt und echtem Geld, so wie wir es kennen. Das heißt, wenn Bitcoin umgewandelt werden in Euro", sagt Berg.
Luxusreise durch Europa
So gelang es nach monatelanger Suche, den mutmaßlichen Täter zu identifizieren: den 34-Jährigen Julian K. und seine 32-Jährige Frau Crystal aus Australien. Im Januar 2021 schlugen die Ermittler zu und nahmen sie im Raum Flensburg und Oldenburg fest. Nach Recherchen von Panorama 3 befand sich das Ehepaar aus dem australischen Queensland, gemeinsam mit dem 12-jährigen Sohn, auf einer mehrmonatigen touristischen Europareise. Währenddessen soll Julian K. den "DarkMarket" betrieben haben, offenbar unterstützt von seiner Frau Crystal, die den "Kundenservice" auf der Darknet-Plattform übernommen haben soll.
Die mutmaßlichen Betreiber reisten unter anderem mit einem Ferrari durch Europa, übernachteten in Luxushotels und kauften teure Luxusgüter, angeblich auch eine Uhr für rund 250.000 Euro.
Verschleierte Spuren im Internet
Julian K. habe sich sicher gefühlt. "Das Darknet bietet große Anonymität und er hat sehr vorsichtig agiert, er musste nicht davon ausgehen, dass man sein echtes Leben mit seiner Figur im Darknet über einbringt", so Oberstaatsanwalt Jörg Angerer von der Landeszentralstelle Cybercrime in Koblenz.
Der Fall liegt staatsanwaltlich in Koblenz, weil "DarkMarket" seine Daten zeitweise beim sogenannten Cyberbunker in Traben-Trarbach an der Mosel gespeichert hatte. In dem Bunker standen Hunderte Computer-Server, auf denen teils illegale Seiten gespeichert waren. Zur Polizei nach Oldenburg kam der Fall, weil Ermittler vor Ort überlastet waren und die Oldenburger Spezialisten den Fall übernahmen.
Seit Januar 2021 sitzen Julian und Crystal K. in Untersuchungshaft. Ihnen wird unter anderem Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorgeworfen.
Gegenüber der Ermittlungsrichterin schweigen beide. Julian K.s Verteidiger Sebastian Wendt hält viele Fragen noch für offen. "Selbst wenn er diesen Marktplatz betrieben hat, wie sieht das genau aus? Hatte er tatsächlich Kenntnis von allen Vorgängen?", so Wendt gegenüber Panorama 3. Die Verteidigerin von Crystal K. möchte sich zum laufenden Verfahren nicht äußern.
Der Abschlussermittlungsbericht des ZKI Oldenburg liegt nun vor, eine Anklageerhebung gegen Julian und Crystal K. steht kurz bevor. Laut Panorama 3-Informationen fahnden die Ermittler jedoch noch nach mindestens zwei weiteren mutmaßlichen Mittätern.