Sendedatum: 14.10.2014 21:15 Uhr

Handel verheimlicht Verarbeitung echter Pelze

von Mareike Burgschat & Barbara Schmickler

Flauschig und weich - Mode und Accessoires aus Pelz sind gefragt und kaum zu übersehen. Der Trend ist beinahe in allen Modehäusern zu finden. Was viele nicht wissen: Der Pelz an der Jacke ist manchmal echt, obwohl im Etikett nichts davon steht.

Dabei gilt seit 2012 eine neue europäische Textil-Kennzeichnungsverordnung: Pelz, Leder, Horn, Federn oder Perlen müssen seitdem gekennzeichnet werden. Bis November 2014 darf alte Ware, ohne deutliche Kennzeichnung, noch verkauft werden. Doch bei ständig wechselnden Modekollektionen dürfte das nicht mehr viel sein. Auf dem Etikett sollte inzwischen stehen: "Enthält nicht-textile Bestandteile tierischen Ursprungs".

Echter Pelz ohne Hinweis

Wir machen einen Test und kaufen in verschiedenen Geschäften gezielt Kleidungsstücke und Accessoires ein, die uns verdächtig echt erscheinen - obwohl im Etikett kein Hinweis darauf zu finden ist. Darunter sind Winterjacken, im Preis auf rund 50 Euro reduziert, Strickjacken für 40 Euro und rund 100 Euro, Mützen mit Bommeln für rund 25 Euro und auch ein Paar Hausschuhe, für 80 Euro. Die mikroskopische Untersuchung eines Textillabors bestätigt uns: Alle gekauften Textilien sind mit echtem Pelz versehen: Statt 100% Polyester Kaninchenfell und "hundeähnliche" Pelze.

Echtpelz ohne Wissen der Verbraucher. © NDR
Martina Greggers berichtet, dass Felle von Marderhunden preiswert von chinesischen Firmen angeboten werden.

Wir zeigen die Produkte einer Kürschnerin. Martina Greggers betreibt eine Werkstatt in Stuhr bei Bremen. Sie vermutet: Bei den "hundeähnlichen" Fellen handelt es sich wahrscheinlich um den Pelz von Marderhunden. Diese Felle werden mittlerweile sehr preiswert von chinesischen Firmen auf dem Markt angeboten, berichtet Greggers.

In China werden Marderhunde auf großen Farmen gezüchtet. Sie fristen dort ein trauriges Dasein in kleinen Drahtkäfigen, bis sie dann erschlagen oder vergast werden. Die Haltung und Aufzucht der Tiere ist dort so billig, dass selbst preiswerte Kleidung mit echtem Pelz hergestellt wird. Verkauft werden sie aber trotzdem immer wieder als Kunstpelz.

Falsche Etiketten ohne Konsequez

Echtpelz ohne Wissen der Verbraucher. © NDR
Echter Pelz oder Kunstpelz? Die falschen Etiketten bleiben für die Händler ohne Konsequenzen.

Wir fragen bei den Händlern an, die falsch etikettierte Waren verkauft haben. Die Handelskette "Kult" teilt uns mit, man habe die Lieferanten mit unserem Hinweis konfrontiert, doch die Lieferanten würden die falsche Deklaration abstreiten. Weiter heißt es in der Stellungnahme, "sollte es sich aber herausstellen, dass bei den Artikeln tatsächlich echtes Fell verarbeitet worden ist, werden wir diese selbstverständlich aus dem Verkauf nehmen." Das Unternehmen "Fashion Factory" sah sich nicht in der Lage, vor der Sendung auf unsere Fragen zu antworten. Und die Geschäftsführung von "Lolli" meldete sich gar nicht auf unsere Nachfrage.

Die falschen Etiketten bleiben für die Händler ohne Konsequenzen: Ein Bußgeld ist für solche Verstöße gegen das EU-Recht nicht vorgesehen. Lediglich Konkurrenten oder Verbände könnten den Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht abmahnen und Unterlassung fordern.  

Wir recherchieren für Sie
Mareike Burgschat, Panorama 3.  Foto: Roman Rätzke

Mareike Burgschat

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Tierschützer fordern, alle Pelz-Produkte zu kennzeichnen

Tierschützern geht das nicht weit genug. Sie fordern eine Aufnahme solcher Pelz-Produkte in den bundesweiten Überwachungsplan für Verbraucherprodukte des Bundesamtes für Verbraucherschutz und damit Stichprobenkontrollen durch die zuständigen Ämter. Außerdem wollen sie eine bessere Etikettierung durchsetzen. Julia Akra-Laurien hat mit dem Verein Animals Liberty eine  Petition gestartet. Ihre Forderung: Alle Echtpelzprodukte, die im Handel erhältlich sind, sollen verständlich und deutlich mit Angaben zur verwendeten Tierart, der Herkunft des Tieres, sowie der Art der Gewinnung und Tierhaltung gekennzeichnet werden. Mehr als 65.000 Unterstützer konnte sie dafür gewinnen. Als Vorbild sehen die Tierschützer das Gesetz in der Schweiz. Dort müssen Pelze und Pelzprodukte mit wissenschaftlichen und zoologischen Namen der Tierart, der Herkunft des Felles und der Art der Gewinnung deklariert werden, damit sich Verbraucher bewusst für oder gegen Pelz entscheiden können.

 Übrigens: Nicht alle Produkte mit Pelzbesatz fallen unter die Textil-Verordnung. Die Kennzeichnung von Schuhen ist anders geregelt, dafür gilt die Verordnung  zur "Kennzeichnung von Materialien für die Hauptbestandteile von Schuherzeugnissen zum Verkauf an den Verbraucher". Deko-Pelz am Schuh, der weniger als 20 Prozent des Obermaterials ausmacht, muss danach gar nicht gekennzeichnet werden. 

Drei Fragen drei Antworten - an Martina Greggers, Kürschnerin in Stuhr

Wie erkenne ich, ob Pelz echt ist oder nicht?

Echtes Fell erkenne ich am Glanz. Wenn ich mir nicht sicher bin, gucke ich auf das Leder. Als Laie kann ich in das Fell pusten und die Haare auseinander klappen  - sehe ich das Leder, ist das ein Hinweis darauf, dass es sich um echten Pelz handelt. Bei einem Webpelz würde man das Gewebe erkennen. Außerdem kann ich die Probe mit dem Feuerzeug machen: Ich zupfe ein paar Haare ab, zünde sie vorsichtig an - und rieche. Riecht es nach verbranntem Horn, wie beim Hufschmied, wenn er das Eisen beim Pferd aufbrennt, dann ist es echt. Kunsthaar riecht nach Chemie.

 

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 14.10.2014 | 21:15 Uhr