Fragwürdige Geschäfte mit Computer-Datenrettung
Plötzlich ist der Bildschirm schwarz - nichts geht mehr, alles ist weg: Wichtige Arbeitsdokumente, Urlaubsfotos, einmalige Erinnerungen. Das ist dem Bremer Pflegeunternehmer Philipp Leusbrock passiert. Also sucht er Hilfe: Etliche Firmen werben bei Google aggressiv damit, dass sie verlorene Daten wiederherstellen können. Mit Adressen in Hannover, Hamburg oder Kiel erwecken sie den Eindruck, lokale Unternehmen zu sein.
Philipp Leusbrock klickt gleich auf den ersten Treffer: "datenklinik.com". Er ruft unter einer kostenlosen 0800-Nummer an und hat zunächst ein gutes Gefühl. Nach Köln solle er die Festplatte schicken, zur Untersuchung. Wenig später sagt man ihm, dass der Datenträger nun zur intensiven Bearbeitung nach England müsse. Die Chancen auf eine erfolgreiche Datenrettung seien sehr hoch. Er müsse nur in Vorleistung treten: 625 Euro.
Sitz im Ausland - kein Geld zurück
Leusbrock braucht die Daten unbedingt. Er überweist das Geld und hört wochenlang nichts mehr. Dann wird ihm mitgeteilt, dass die Daten nicht mehr zu retten sind. Sein Geld ist aber laut AGB nicht zurück zu erstatten. Diese Geschichte haben wir während der Recherche immer wieder gehört: Vorleistung zwischen 500 und 800 Euro, keine Daten zurück und das Geld ist weg.
Bei dem Buxtehuder Fotografen Jan-Martin Lühmann lief es ähnlich unseriös: "Datenklinik" verlangte zunächst 1.600 Euro von ihm, ebenfalls in Vorleistung. Lühmann war das zu viel. Doch die Frau am Telefon ließ nicht locker, sagte, sie würde nochmal mit ihrem Chef sprechen. So ging das Angebot runter bis auf 900 Euro. Doch auch das war Lühmann noch zu viel. "Es kam mir vor wie auf dem Flohmarkt, total unseriös", erinnert er sich. Und dann sollte er plötzlich 40 Euro überweisen, um seine Festplatten überhaupt zurück zu bekommen.
Hinter "Datenklinik" steckt eine Firma in Wales: "Fields Associates Limited". Ihr gehören viele verschiedene Datenrettungsportale, in Deutschland und europaweit. Beispielsweise die Seite "Datenphoenix", zu der uns ebenfalls viele Beschwerden erreicht haben. "Fields" sagt zu den Vorwürfen, dass den Kunden schriftlich eine Erfolgswahrscheinlichkeit von 70 Prozent mitgeteilt wurde, kein Wort dazu, dass am Telefon offenbar andere Versprechungen gemacht wurden. Im Fall von Lühmann streiten sie ab, dass es nach dem ersten Angebot über 1.600 Euro weiteren telefonischen Kontakt gab.
Kein Einzelfall - Sachverständiger kennt die Probleme
Da auch andere Anbieter unseriös wirken, schicken wir Festplatten mit immer demselben einfachen Fehler an verschiedene Firmen. Die Daten wären mit einer kostenlosen Software in wenigen Minuten zu retten. Doch die Vermutung bestätigt sich: Preise bis zu 3.189 Euro für einen einfachen Fehler werden aufgerufen. Die Unternehmen behaupten, es sei ein komplizierter Defekt.
Wir sprechen mit dem Sachverständigen Jürgen Kupfrian über unsere Recherchen. Er beobachtet die Branche seit Jahren kritisch. Die Frage, wie er die Geschäftsmethoden vieler Unternehmen bezeichnen würde, beantwortet er eindeutig: "Unehrlich. Ein deutlicheres Wort müsste ich mir verkneifen."