Familienhelfer: Wie Au-pairs ausgenutzt werden
Als Veronika Dávidová aus der Slowakei nach Deutschland kommt um als Au-pair zu arbeiten, hat sie ein Ziel: Deutsch zu lernen, um ihre Berufschancen in ihrem Heimatland zu verbessern. Über das Internet findet sie eine Gastfamilie in Braunschweig. Der erste Kontakt ist gut, die Familie scheint freundlich zu sein. Man sagt ihr, die Arbeit sei einfach, ein bisschen mit den Kindern spielen, leichte Hausarbeiten und an den Wochenenden frei.
Arbeiten in einer Boutique statt mit den Kindern
Doch als Veronika bei ihrer Gastfamilie ankommt, sieht die Realität anders aus: Sie soll für sechs Stunden am Tag in der Kinderboutique ihrer Gasteltern arbeiten. "Am ersten Tag hat man mir gesagt, dass ich in der Boutique arbeiten soll und dass ein zweites Au-pair kommen würde, um sich um die Kinder zu kümmern", erzählt sie.
Das ist verboten. 260 Euro Taschengeld bekommt ein Au-pair in Deutschland im Monat. Dafür lebt es in der Familie mit, kümmert sich um Kinder und erledigt leichte Aufgaben im Haushalt und das maximal sechs Stunden am Tag. Die 23-jährige Veronika fühlt sich ausgenutzt. Auch an den Familienessen darf sie nicht teilnehmen, sie soll sich selbst versorgen. "Die Gastmutter hat mir gesagt, dass ich 300 Euro Taschengeld bekomme. Die 40 Euro mehr wären für Essen. Ich habe gesagt, okay, ich kann es versuchen, aber das ist eigentlich unmöglich.
Vor allem billige Arbeitskräfte
Veronikas Erlebnisse können andere Au-pairs bestätigen. Immer wieder nutzen Familien die jungen Frauen vor allem als billige Arbeitskräfte. Kochen, Haushalt, Kinderbetreuung und das oft weit über die vereinbarte Zeit hinaus, davon berichten viele. Und wehren können sich die wenigsten, haben doch oft ihre Familien im Heimatland dafür gespart, die Tochter ins Ausland zu schicken. Besonders oft geraten jene Frauen in solche Situationen, die über Internetagenturen nach Deutschland kommen. 2002 fiel die Lizenzpflicht für Au-pair-Agenturen der Liberalisierung des EU-Arbeitsmarktes zum Opfer. Seither tummeln sich eine Vielzahl von Au-pair-Vermittlern im Internet. Statt einer individuellen Auswahl und Begutachtung bieten sie einzig eine Plattform, um Kontakte zu knüpfen. Hilfe bei Problemen bieten sie selten.
Mehr als ein Drittel macht schlechte Erfahrungen
Bei den klassischen Au-pair-Agenturen steht man dem Trend skeptisch gegenüber. Birgit Wißmann leitet den Verein für Internationale Jugendarbeit in Hamburg. Ein Drittel der von ihr vermittelten Mädchen sind mittlerweile Frauen, die über das Internet nach Deutschland gekommen sind und schlechte Erfahrungen mit ihren Familien gemacht haben. "Dadurch, dass die Lizenzpflicht weggefallen ist, hat man natürlich kein Kontrolle mehr, was innerhalb der Familien passiert. Die Mädchen müssen sich auf das verlassen, was über das Internet gesagt worden ist. Läuft etwas schief, dann haben sie keine Anlaufstelle, oder müssen sich vor Ort an Vereine wenden. Die müssen sie dann erst mal finden."