Die CDU und die Frauenquote: Macht statt Gewissen
Lange konnte es den Rebellinnen in der CDU nicht schnell genug gehen: "In diesem Schneckentempo können wir nicht weitermachen!" "Wir brauchen eine Quote von Frauen in Führungspositionen, und das ist das Ziel!", so die Forderungen von Ursula von der Leyen & Co. Sie waren laut und medial präsent. Und drohten, am kommenden Donnerstag in der Bundestagsdebatte zur Frauenquote einem Antrag der Opposition zuzustimmen.
Eine Frau in jeder dritten Führungsposition - ab 2020
Doch die CDU ist anpassungsfähig. Seit gestern gilt ein Kompromiss - eine neue Linie der Union: Diese will nun selbst auch eine gesetzliche Quote ins Wahlprogramm schreiben, die besagt, dass ab 2020 jede dritte Führungsposition in Unternehmen mit einer Frau besetzt sein soll.
Und die kämpferischen Frauen purzeln. Maria Böhmer, Vorsitzende der Frauenunion und bis dato vehemente Verteidigerin einer möglichst zügig eingeführten Quote, begrüßt den Beschluss des Parteivorstands als "starkes Signal". Die Gesetzesinitiative der SPD, die am Donnerstag im Bundestag zur Abstimmung steht und eine Quote von 20 Prozent schon ab 2018 festschreiben will, dürfte damit keine Mehrheit mehr finden.
CDU unglaubwürdig
Doch die CDU hat sich damit unglaubwürdig gemacht. Denn wenn sie eine gesetzliche Quote grundsätzlich befürwortet, warum lehnt sie dann einen entsprechenden Antrag auf Einführung einer Quote 2018 jetzt ab? Ganz offensichtlich fällt hier eine wichtige gesellschaftspolitische Weichenstellung der Parteiräson zum Opfer.
Wir ahnen es: es geht gar nicht um Frauenbelange, sondern um Macht: Seit Jahren fordern prominente CDU-Frauen, allen voran Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, klare gesetzliche Ziele. Ihre Mitstreiterin, Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) stimmte im September im Bundesrat sogar für die Gesetzesinitiative der SPD und verhalf dem Antrag damit zur Mehrheit. Insgesamt 24 Koalitionsabgeordnete, darunter von der Leyen und Maria Böhmer unterzeichneten bis zum Wochenende die so genannte "Berliner Erklärung". Darin fordert ein überparteiliches Bündnis eine sofortige Quote von 30 Prozent Frauen in Führungspositionen.
Für Angela Merkel, selbst Unterstützerin der freiwilligen Flexi-Quote von Familienministerin Schröder, wurde der innerparteiliche Widerstand zur Bedrohung: Stimmen 21 Abgeordnete von Union und FDP am Donnerstag für den Gesetzentwurf der SPD, droht der Verlust der Regierungsmehrheit. Mit dem Kompromiss hat Angela Merkel ihre Macht gewahrt und die Quoten-Befürworterinnen ihrer Partei auf Kurs gebracht. Ein "starkes Signal", in der Tat - nur nicht für die Frauen - und die CDU, von der man einmal mehr nicht mehr weiß, wofür sie eigentlich steht.