Auf den Spuren eines pädophilen Täters
Es ist ein Fall, wie es ihn in Deutschland noch nicht gegeben hat: Im September verhaftete die Polizei in der Nähe von Freiburg im Breisgau ein Paar. Der Vorwurf: Die beiden sollen den neunjährigen Sohn der Frau missbraucht und an mehrere Männer "vermietet" haben. Kurz darauf wird in Karlsruhe auch Daniel V. festgenommen. Der 43-jährige Schleswig-Holsteiner soll auf dem Weg zu dem neunjährigen Jungen gewesen sein, in seinem Rucksack fand die Polizei Fesselutensilien.
Daniel V. war bereits mehrfach auffällig
Es ist nicht das erste Mal, dass der Mann aufgefallen ist. Mehrmals wurde er seit dem Jahr 2000 unter anderem wegen Kinderpornografie festgenommen, einige Jahre saß er im Gefängnis. In Wulfsdorf, einem 200-Seelen-Dorf in Schleswig-Holstein, hat Daniel V. bis Ende vergangenen Jahres gelebt. Hier kennt man ihn nur vom Sehen, mit seinen Nachbarn hatte der 43-Jährige kaum ein Wort gewechselt.
In einem Internetforum für Pädophile veröffentlicht Daniel V. im Jahr 2000 eine Geschichte, in der er die Ermordung eines Kindes beschreibt. Als die Polizei seine Wohnung durchsucht, finden die Ermittler auf seinem Computer Kinderpornos. Zwei Jahre später wird er deshalb zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren verurteilt, die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem muss er eine Therapie machen.
"Ich würde es lieben, ein Kind zu quälen und zu töten"
Zuerst scheint es, als ob sie erfolgreich gewesen wäre: Daniel V. heiratet, wird Vater eines Kindes. Doch schon 2009 gerät der 43-Jährige wieder ins Visier der Ermittler. Wieder werden sie in einem Forum für Pädophile fündig. Diesmal geht es nicht nur um Fotos. Mit einem Mann aus den Niederlanden plant Daniel V. online die Entführung, den Missbrauch und die Ermordung eines Kindes: "Ich würde es lieben, ein Kind im Alter von acht zu kidnappen, eine Woche zu quälen und zu töten", schreibt er in den später von der Polizei sichergestellten Chatprotokollen.
"Es hat sich sehr frühzeitig gezeigt, dass der Täter offensichtlich Gefallen an extremer Gewaltdarstellung hatte, mit starken sadistischen Prägungen. Das war außergewöhnlich", erinnert sich Thomas Wolff, damals Dienststellenleiter in Bad Segeberg. "Kinderpornografie oder Geschichten, die Pornografie als thematischen Gegenstand haben, sind eigentlich so nicht ausgeprägt."
Kindesaustausch mit eigenem Sohn geplant
Mit einem Schweizer plant Daniel V., die jeweiligen Söhne zum gegenseitigen Missbrauch auszutauschen. Wieder schlägt die Polizei zu. Wieder landet Daniel V. vor Gericht. Diesmal kommt er nicht mit Bewährung davon. Auch, weil ein Gutachter ihm eine "sadistisch-fetischistische Pädophilie" diagnostiziert. Daniel V. gilt jetzt als gefährlich. Das Gericht verurteilt ihn zu elf Jahren Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung.
Für die Psychologin Anika Redolfi von der Beratungsstelle Packhaus in Kiel, die auch Sexualstraftäter therapiert, ist solch eine Maßnahme in Einzelfällen durchaus sinnvoll: "Es gibt Menschen, die sind gefährlich. Gerade in diesen Merkmalskombinationen wie hier, wo Pädophilie mit Sadismus reinspielt, wo aber gegebenenfalls auch antisoziale und narzisstische Persönlichkeitsmerkmale mit reinspielen, sind diese Menschen sehr gefährlich. Weil sie gegebenenfalls auf Therapieangebote nicht ansprechen."
Bundesgerichtshof hebt Urteil auf
Doch der Bundesgerichtshof hebt das Urteil gegen V. auf. Weil nicht klar sei, ob es sich bei dem Chat über die Tötung eines Kindes um das Ausleben einer Fantasie oder eine tatsächliche Tatplanung gehandelt habe. In einem neuen Prozess fällt das Urteil darum anders aus: Fünf Jahre und acht Monate Gefängnis, die anschließende Sicherheitsverwahrung entfällt. Eineinhalb Jahre nach seiner Haftentlassung wird Daniel V. in Karlsruhe verhaftet - kurz bevor er ein Kind tatsächlich missbrauchen kann.
Es gibt solche Fälle latenter Gefährder, das weiß auch Psychologin Anika Redolfi: "Solche Extreme, wie sie jetzt bei Daniel V. aufgetreten sind, sind wirklich wahnsinnig selten. Aber die sind dann natürlich hochbrisant, weil das Resultat so erschreckend ist."
Es gibt keine absolute Sicherheit
Obwohl V. nach seiner Haftentlassung für das LKA weiterhin als latent rückfällig galt und sogar in ein spezielles Programm für Sexualstraftäter aufgenommen wurde, gibt es natürlich keine absolute Sicherheit, weiß der heutige Leiter der Kriminalinspektion Neumünster, Thomas Wolff. "Es gibt keine permanente Überwachung, wenn eine Strafe abgesessen worden ist - der Rechtsrahmen muss eingehalten werden. Wir können also nicht 24 Stunden am Tag so einen Täter observieren. Das wäre rechtlich nicht zulässig. Es geht eher darum ihn zu begleiten, Gesprächsangebote auch polizeilicherseits zu machen. Gefährderansprachen zu machen und so ein bisschen mit darauf zu achten, wie es sich entwickelt. Die örtlichen Dienststellen sollen so einen Menschen immer so ein bisschen im Auge behalten. Aber eine permanente Überwachung ist es ausdrücklich nicht."