Abzocke mit Pferderettung
Helene Münster, die ihren richtigen Namen hier nicht lesen möchte, hat viele Pferde. Eines davon ist der Wallach Mio. Den hat die Niedersächsin über eine Facebook-Gruppe gekauft: für 950 Euro. "Wir retten gemeinsam - Vermittlung von Pferden in Not" - so nennt sich diese Gruppe. Hier werden jede Woche Pferde angeboten. "Wenn sich bis Sonntag kein Käufer findet, werden sie am Montag geschlachtet." So steht es in den Anzeigentexten. Und so haben die Käufer den Eindruck, dass sie Pferde vor einem Schlachter retten können. Über 17.500 Mitglieder hat die Gruppe inzwischen.
"Man denkt, man tut etwas Gutes"
Aber wer verkauft eigentlich die ganzen Pferde? "Ich habe geglaubt, dass das mehrere Händler sind, also so richtig dahinter gestiegen bin ich nicht", erzählt uns Helene Münster. Auch Birgit Ferstl aus Bayern hat Pferde aus der Facebook-Gruppe gekauft. "Wenn man neu reinkommt in diese Gruppe, denkt man eigentlich, man tut was Gutes", erzählt sie uns. "Dass die Pferde tatsächlich geschlachtet werden. Man weiß am Anfang auch gar nicht, mit wem man es zu tun hat." Doch nach dem Kauf bemerkt sie, dass in den Papieren der Pferde steht, diese dürften gar nicht geschlachtet werden. Sie ist irritiert: "Deswegen habe ich sie ja gekauft. Sonst hätte ich wahrscheinlich kein einziges gekauft! Man sitzt halt und denkt, wenn du das heute nicht kaufst, wird es morgen geschlachtet."
Lukratives Geschäft - für einen Schlachter
Wir finden heraus, dass hinter der Facebook-Gruppe der Pferdeschlachter Markus Weber aus Baden-Württemberg steckt. Er zeigt uns tatsächlich seine Firma in Osterburken. Er mache das nur zum Wohle der Tiere, behauptet er. "Wir leben nicht von der Vermittlung", erzählt er uns. "Die Vermittlung an sich, die mache ich persönlich, weil mir es auch Spaß macht - man muss nicht alles sinnlos töten, was auf der Welt existiert." Erstaunlich. Sind doch allein zwischen Oktober 2017 und dieser Woche in der Facebook-Gruppe Pferde im Wert von über 300.000 Euro angeboten worden. Und die meisten davon wurden auch verkauft. Vor allem deshalb, weil Markus Weber das Angebot noch zusätzlich mit einer Schlachtandrohung verbindet, um Kunden so zum Kauf zu motivieren. Eine brutale Verkaufsmasche. Das gibt auch er zu: "Das klingt brutal, ja. Gebe ich recht. Das ist aber nicht der Verkaufsgrund. Die Pferde, die nicht vermittelt werden, die gehen acht Tage später ans Schlachtband mithin."
Illegale Schlachtandrohung
Unserer Recherchen ergeben allerdings: Viele der von Weber über Facebook verkauften Pferde hätten gar nicht geschlachtet werden dürfen. So steht es nämlich in ihren Papieren, den sogenannten Equidenpässen. In dem Dokument sind neben dem Namen des Pferdes auch dessen Stammbaum und äußere Erkennungsmerkmale festgehalten. Und eben auch, ob das Tier am Ende seines Lebens geschlachtet werden darf oder nicht. Auf die Frage, inwieweit denn alle Pferde aus der Facebook-Gruppe zur Schlachtung zugelassen sind, behauptet Markus Weber, man müsse unterscheiden zwischen einem Schlachtpferd für den menschlichen Verzehr und einem Schlachtpferd für die Tiernahrungsindustrie. Er könne auch die Pferde, die in Deutschland nicht zum Schlachten deklariert sind, trotzdem schlachten - für die Tiernahrung.
Tierschutzbeauftragter ist empört
Der Tierschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Edgar Schallenberger, erklärt: "Wenn ich ein nicht zur Schlachtung vorgesehenes Pferd schlachten will, dann ist das per se illegal. Da brauchen wir gar nicht drüber diskutieren." Er glaube, dass hier versucht wird, eine ganz neue Definition einzuführen: "Nicht zur Schlachtung für den menschlichen Verzehr, aber für die Tiernahrungsindustrie geeignet - also diese Definition steht in keinem Gesetzeswerk drin."
Hunderte von Pferden sind über die Facebook-Gruppe inzwischen verkauft worden. Mit einer Schlachtandrohung versehen, die in vielen Fällen illegal war. Nämlich immer dann, wenn die Pferde nicht für die Schlachtung freigegeben waren. Ein unseriöses Geschäft mit dem guten Willen vieler Menschen, die glauben, dass sie auf diesem Weg ein Tier retten würden.