Ostseereport

Ostseereport - Mittsommer am Kebnekaise

Sonntag, 11. August 2024, 18:00 bis 18:45 Uhr
Montag, 12. August 2024, 01:05 bis 01:50 Uhr
Freitag, 16. August 2024, 06:35 bis 07:20 Uhr

Weit oben im Norden Lapplands liegt der Kebnekaise, es ist Schwedens höchster Berg. Seitdem das bekannt ist, versuchen Menschen aus aller Welt, ihn zu erklimmen. Dafür gibt es zwei Wege. Die westliche Route führt über Geröllfelder und einen weiteren Gipfel. Sie zieht sich, ist zäh und kräfteraubend. "Danach konnte ich keine Steine mehr sehen" erzählt Fritzi. Aber immerhin hat Fritzi es auf den Gipfel geschafft. Noah und Alfons mussten umdrehen: "Der Wind war zu heftig und wir waren komplett nass und ausgekühlt von all dem Regen. Wir müssen noch mal wiederkommen."

Nicht immer schafft man es bis nach oben

Das Gebirge im Norden Lapplands. Hier liegt der Kebnekaise, Schwedens höchster Berg, der sich rechts in den Wolken versteckt. Neben ihm der ikonografische Tuolpagorni, der an einen Vulkan erinnert. © NDR
Das Gebirge im Norden Lapplands. Hier liegt der Kebnekaise, Schwedens höchster Berg, der sich rechts in den Wolken versteckt.

2.096,8 Meter ragt der Kebnekaise in den schwedischen Himmel. Nicht immer schafft man es bis nach oben und wenn man es geschafft hat, kann man wahrlich nicht immer etwas da oben erkennen. Meist liegt der Kebnekaise in Nebel, Schnee oder Regen. Die Wolken bleiben auf ihrem Flug einfach am Gipfel hängen. Vier Versuche, sagen die schwedischen Bergsteiger, brauche man, um vom Gipfel auf die Welt zu blicken.

Etwa 20 Kilometer Luftlinie vom Kebnekaise entfernt findet sich das letzte Dorf, Nikkaluokta. Hier endet die Straße und das weglose Land beginnt. Ein Begriff, mit dem deutsche Landschaften kaum noch beschreibbar sind.

Eine internationale Bergstation mitten im Nirgendwo

Folgt man, im Dorf angekommen, dem Tal weiter in die Berge herein, tut sich am Fuß des Kebnekaise ein kleiner Mikrokosmos auf: die Bergstation. Tschechen, Franzosen, Südkoreaner und natürlich Schweden kommen hier hin, um sich auf ihre Besteigung vorzubereiten. Es gibt nur wenige Orte, die so international sind, wie die Bergstation mitten im Nirgendwo. Umgeben von Berghängen und sonst - nichts. Selbst die Rentiere haben das Tal schon verlassen und sind in die Berge gezogen. Die 12 - 15 Grad im Sommer sind ihnen zu heiß, die Mücken zu viele.

In einfachen Hochbetten bietet die Bergstation Platz für bis zu 200 Gäste. 50 Mitarbeitende kümmern sich hier um Unterkunft, Restaurant und geführte Bergtouren. Auch sie leben hier von Juni bis September in geteilten Zimmern und Hochbetten.

Die östliche Route hat es in sich

Warum? Das erzählt und zeigt uns unter anderem Erik, der unser Guide für die Besteigung ist. Denn wir nehmen nicht die westliche Route, sondern die östliche. Vorteil: sie ist kürzer und abwechslungsreicher. Nachteil: sie hat es richtig in sich. 1.400 Höhenmeter hoch - und wieder runter. Steile Anstiege, Gesteinsbrocken, Gletscher und Kletterpartien. Ohne Guide sollte man hier nicht gehen.

Auf der anderen Seite des Kebnekaise finden sich kleine Hütten. Auch die sind im Sommer drei Monate lang von sechs Menschen bewohnt, von Forschenden der Universität Stockholm. Es ist eine von Schwedens bekanntesten Forschungseinrichtungen, wo sie seit 70 Jahren die Veränderungen am Kebnekaise erkunden. Vor allem wie sich das Eis hier in der Arktis verhält, denn das Gebirgsmassiv beheimatet viele Gletscher. Noch.

Die Erderwärmung zeigt sich auch hier deutlich

Nina Kirchner ist Leiterin der Forschungsstation und erzählt vom dramatischen Rückgang des Eises. Sie zeigt auf einen Gipfel: "Dort haben wir ein 100 Meter tiefes Loch in den Berg gebohrt, um den Permafrost zu beobachten. Der Berg erwärmt sich wahnsinnig schnell, er schwitzt regelrecht das geschmolzene Eis aus, das in Strömen nach unten fließt und Geröll mit sich zieht." Die Arbeit der Forschungsstation hat im Jahr 2018 allen in Schweden deutlich gemacht: der Kebnekaise ist auch der Berg, an dem sich die Erderwärmung extrem deutlich zeigt. Denn er ist zwar noch immer Schwedens höchster Berg, der höchste Gipfel aber hat sich verlagert. Bis ins Jahr 2018 war es der Südgipfel. Doch der ist mit einem Gletscher bedeckt und - Sie ahnen es - der Gletscher hat in den letzten Jahrzehnten über 20 Meter an Höhe verloren, sodass mittlerweile der felsige Nordgipfel der höchste Punkt des Landes ist.

Die Mitarbeitenden der Bergstation schneiden Birkenzweige, sammeln gelbe und lila Blumen. Sie wollen alles für Mittsommer vorbereiten. Das Fest zur Sommersonnenwende hat in Schweden Tradition und der Anlass dafür ist in Lappland besonders spürbar, denn der Kebnekaise liegt über dem Polarkreis - dem Breitengrad, ab dem im Winter der Tag nicht mehr anbricht und im Sommer keine Dunkelheit mehr einsetzt.

Den Kebnekaise kann man also auch mitternachts besteigen. Das wollen wir aber nicht versuchen, uns ist es so schon waghalsig genug. Ob es gelingt? Das sehen Sie in diesem Ostseereport.

Autor/in
Linnéa Kviske
Moderation
Linnéa Kviske
Redaktion
Martina Gawaz
Produktionsleiter/in
Angela Hennemann
Redaktionsleiter/in
Katrin Glenz