NDR Story
Montag, 25. März 2024, 22:00 bis
22:45 Uhr
Monika Weiser und ihr Mann Thomas haben zwei Jahre lang um ihre Wohnung gekämpft. 2020 hatten die Krankenschwester und der Altenpfleger, Eltern von vier Kindern, eine Eigenbedarfskündigung für ihre Wohnung erhalten, eine Sozialwohnung, deren Bindung bald auslaufen würde
Eigenbedarfskündigung: Eine Katastrophe
Das Mehrfamilienhaus liegt in einer begehrten Wohngegend mit stetig steigenden Mieten. Es war gerade verkauft worden, da meldeten die neuen Eigentümer mehrfach Eigenbedarf an: Sie wollten einen Teil der attraktiven Wohnungen selbst nutzen. Für die Familie Weiser eine Katastrophe, denn einen Wohnungsmarkt für bezahlbaren Wohnraum gibt es in Köln so gut wie nicht. Ihre Wohnungssuche blieb mehr als zwei Jahre praktisch ergebnislos.
Politik bekommt Wohnungsnot nicht in den Griff
In Zusammenarbeit mit dem Competence Center Datenjournalismus des WDR wird gezeigt: In anderen deutschen Großstädten und Ballungsgebieten mit hohen Mietpreisen sieht es ähnlich aus. Die Politik bekommt die Wohnungsnot nicht in den Griff, das Problem ist inzwischen chronisch und sorgt für sozialen Zündstoff.
Während neue Wohnungen fehlen, vor allem Sozialwohnungen, schmilzt der Bestand an vorhandenem bezahlbaren Wohnraum zusehends. Die Folge: Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen werden aus den Städten verdrängt. Dabei spielen Eigenbedarfskündigungen eine beachtliche Rolle.
Zahl der Kündigungen wegen Eigenbedarfs steigt deutlich
Die Mietervereine melden bundesweit, dass die Zahl der Beratungen im Fall von Eigenbedarfskündigung deutlich steigt. Sie sind die einzige Möglichkeit für private Eigentümer, ihre Mieterinnen und Mieter auf recht einfache Art loszuwerden. Ärgerlich für die gekündigten Mieterinnen und Mieter, wenn dann auf einen behaupteten Eigenbedarf in manchen Fällen gar nicht der Einzug des Eigentümers folgt.
Eine leere Wohnung ohne Mieter ist dort, wo Wohnraum teuer ist, eine Goldgrube. Denn steht das Haus leer, lässt es sich besser sanieren, teurer verkaufen oder teurer vermieten. Auch im Fall der Familie Weiser und ihrer Nachbarn, die ein Filmteam durch ihre Klagewege begleitet hat, tauchen im Verlauf der Räumungsklagen überraschende Erkenntnisse auf.
Welche Konsequenzen eine Eigenbedarfskündigung für das Leben der Mieterinnen und Mieter hat, was solche Kündigungen bei angespannten Wohnungsmärkten bedeuten und aus welchem Rechts- und Eigentumsverständnis heraus es sie gibt, erzählt dieser Film.
Immer weniger sozialer Wohnraum
Und auch, wie schutzlos und ausgeliefert sich Mieterinnen und Mieter fühlen von der Politik im Stich gelassen. So wie Monika Weiser, die den Wahlkampfversprechen der Parteien nicht mehr glaubt: "Vor allen Wahlen wollen sie die Wohnungsnot bekämpfen. Und was passiert? Der soziale Wohnraum verliert immer mehr seinen Status - es gibt immer weniger. Und wenn die, die so eine Stadt am Laufen halten, ob es Friseure, Postboten, Verkäuferinnen oder Krankenschwestern sind, wenn die hier nicht mehr leben können, weil es keinen Wohnraum für sie gibt, dann sagt das schon viel über eine Gesellschaft aus."
- Autor/in
- Annette Zinkant
- Redaktion
- Sophie Schulenberg
- Kathrin Becker