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Montag, 15. Januar 2024, 22:00 bis
22:45 Uhr
Zwar hinkt Deutschland in der digitalen Entwicklung noch immer hinterher, trotzdem sind viele Dinge sind im Alltag ohne Smartphone, Tablet oder Computer schlicht nicht mehr möglich oder zumindest sehr umständlich: Rechnungen zahlen, Geld überweisen, Informationen suchen, Kontakte pflegen oder an gesellschaftlichen Diskussionen teilhaben zum Beispiel. Doch schon jetzt überfordert die Technik viele Menschen, die dadurch gesellschaftlich ins Abseits gestellt werden.
Ist das fair? Sollten Menschen in Deutschland nicht ein Recht auf ein Leben ohne Smartphone und Co. haben und trotzdem an allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens teilhaben können?
Werden alte Menschen bei der Digitalisierung vergessen?
Die Hamburgerin Dagmar Hirche versucht ehrenamtlich aufzufangen, was die Politik ihrer Meinung nach versäumt: Sie bringt älteren Menschen den Umgang mit digitaler Technik bei. Eine der Teilnehmenden ist die 78-jährige Annemarie O. "Wir Alten haben keine Lobby. Wir werden bei der Digitalisierung vergessen", sagt sie. Doch ihr ist es wichtig, digital "fit" zu werden. Denn mit zunehmendem Alter falle ihr zum Beispiel das Einkaufen gehen immer schwerer. Auch ihre Bankgeschäfte würden zunehmend ins Netz verlagert. Sie befürchtet, in einigen Jahren noch viel mehr online erledigen zu müssen. Und sie hat Angst, das nicht bewältigen zu können.
Viele über 80-Jährige haben keinen Zugang zum Internet
Wie Annemarie O. geht es vielen älteren Menschen in Deutschland. Der Anteil sogenannter "Offliner", die weder Smartphone noch Computer besitzen, ist unter ihnen besonders groß. Aus dem aktuellen Altersbericht der Bundesregierung geht hervor, dass 66 Prozent der über 80-Jährigen keinen Zugang zum Internet haben, trotz eines hohen Bildungsgrads. Andere sind frustriert, weil sie mit Smartphone und Internet nicht gut umgehen können und gleichzeitig beobachten, dass immer mehr Alltagsdinge nur noch digital zu erledigen sind. Eine Entwicklung, die weltweit zu beobachten ist.
Spanische Banken machen wieder analoge Angebote
In Spanien führte sie dazu, dass der 80-jährige Carlos San Juan aus Valencia mit einer Unterschriftenaktion dagegen mobil machte. Mehr als 600.000 Unterschriften hat er mit seiner Petition "Soy mayor, no idiota" ("Ich bin zwar alt, aber kein Idiot.") gesammelt. Mit dem Ziel, die Banken zu verpflichten, wieder analoge Angebote zu machen. Er hatte Erfolg und wurde für sein Engagement sogar vom EU-Parlament ausgezeichnet. San Juan fordert: Die EU-Länder sollten aufhören, den digitalen Möglichkeiten "blind" zu folgen, sondern sie gut überlegt einsetzen und damit niemanden mehr ausschließen.
Eine digitale Pause wünscht sich jeder zweite Deutsche
Doch auch jüngere Menschen leiden unter der zunehmenden Digitalisierung. So würde laut einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom jeder zweite Deutsche gern eine digitale Pause einlegen. Die 30-jährige Clara Hahn aus Berlin hat genau das getan: Ein Schlüsselmoment mit ihrer kleinen Tochter hat sie dazu bewegt, ein Jahr lang auf ihr Smartphone zu verzichten. Sie sagt: "Bis zu dem Zeitpunkt, als mich meine Tochter darauf aufmerksam gemacht hat, war mir nicht klar, dass ich süchtig bin."
Ohne Smartphone habe sie zunächst starke Entzugserscheinungen gehabt, aber auch festgestellt, wie sehr das Gerät Handeln und Denken lenkt. Das bereite ihr große Sorgen, auch mit Blick auf die Generation ihrer Tochter. Schon jetzt machen aktuelle Studien klar: Die Mediensucht bei Kindern und Jugendlichen ist durch Corona noch einmal angestiegen. Hahn ist nicht gegen digitale Entwicklungen, aber sie pocht vehement auf das Recht, auch ein analoges Leben zu führen. Alles andere sei undemokratisch.
Philosoph Grau: Menschen seien Sklaven der digitalen Entwicklung
Die These stützt auch der Journalist und Philosoph Alexander Grau. Er betitelt die Menschen als "Sklaven der digitalen Entwicklung". Denn in vielen Bereichen des Lebens würde man verpflichtet, Smartphone und Co. zu nutzen, um den Alltag bestreiten zu können. Es fehle die Wahlfreiheit. Dem hält Christian Stöcker, Professor für digitale Kommunikation, entgegen, dass man um das Digitale nicht mehr herumkommen würde, wenn man an der modernen Gesellschaft teilnehmen wolle.
Jochim Selzer vom Chaos Computer Club sieht gute Gründe dafür, manches auch weiterhin analog anzubieten. Datenschutz und gesellschaftliche Teilhabe zählten dazu, aber auch die Erfahrung, dass Deutschland zwar oft digital will, es aber nicht gut durchdacht umsetzt. Das zeige die aktuelle Debatte um das 49-Euro-Ticket. Wer dieses Angebot künftig nutzen möchte, soll das möglichst digital tun mit Smartphone oder einer digitalen Abo-Karte. Dass viele Busse oder Bahnen auf diese digitale Nutzung gar nicht vorbereitet sind oder viele Kundinnen und Kunden lieber analoge Tickets verwenden, wird außer Acht gelassen.
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