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An der schottischen Ostküste - Dundee und der Firth of Tay

Donnerstag, 19. Dezember 2024, 20:15 bis 21:00 Uhr

Zum Mythos wurde Dundee, viertgrößte Stadt Schottlands, ausgerechnet durch eine Katastrophe: Der Einsturz der Firth of Tay Eisenbahnbrücke riss 75 Menschen in den Tod. 1879 war das, und Theodor Fontane hat dieses historische Ereignis als Mahnung vor Technikgläubigkeit in seiner Ballade "Die Brück' am Tay" verewigt: "Tand, Tand ist das Gebild' von Menschenhand." Dundee, einst Zentrum der weltweiten Juteproduktion, ist wieder einmal dabei, sich neu zu erfinden – mit Design, Technik und Lebenskunst, ohne das maritime Erbe zu vergessen.

Schnelle Hilfe für Schiffe auf dem Tay

Mit der Eöffnung der Tay Road Bridge im Jahr 1966 wurde der Fa¨hrverkehr komplett eingestellt. In die historischen Abfertigungshallen an der alten Pier in Newport ist ein kleiner Familienbetrieb fu¨r Bootszubeho¨r eingezogen. David Andersons Telefon klingelt im Minutentakt. Drei Pannenhilfe-Schiffe hat er immer einsatzbereit und mehr als hundert Bootsmotoren auf Lager: David ist der Mann fu¨r alle Fa¨lle auf dem Tay. Losgerissene Ankertaue sind hier der Klassiker – wegen der enormen Gezeitenströmung. Den "Marine Supply Store" betreibt David gemeinsam mit seiner Frau Liz und ihren beiden Söhnen.

Bartmeisen im Schilfmeer

Vor 400 Jahren begannen Mönche die Ufer des wilden Tays mit Schilf zu befestigen, um ihre Felder vor Erosion zu schützen. Mittlerweile sind die "Reedbeds" das größte zusammenhängende Schilfgebiet Großbritanniens, in der ein angepasster Spezialist lebt – die Bartmeise. Eine Zählung soll Aufschluss über die Größe der Population bringen, denn die Bartmeise ist in Gefahr: Extreme Regenfälle haben viele Nester zerstört und vor vier Jahren vernichtete ein Feuer große Teile der Schilffläche.

Wild-Swimming hat Tradition in Schottland

Seit 1884 stu¨rzt man sich bei der "Amphibious Ancients Bathing Association" in das von den Highlands gespeiste eisig kalte Wasser des Meeresarms. "Wild-Swimming" hat Tradition in Schottland. Nur - einmal im Jahr übertreiben sie es ein wenig: Beim "Double Tay"-Wettbewerb durchschwimmen die Teilnehmer den 1,6 Kilometer breiten Meeresarm gleich hin und zurück! Auch Lynsey Coupland traut sich noch einmal, zehn Jahre nach der Geburt ihrer Tochter: von Broughty Ferry nach Tayport und retour, brutale 3,2 Kilometer am Stu¨ck durch 12 Grad kaltes Wasser. Ohne Neoprenanzug. Tatsächlich machen die Teilnehmer noch mehr Strecke, denn bei der extremen Strömung schwimmen alle einen großen Bogen, um auch wirklich anzukommen.

Wachsbeschichtete traditionelle Kleidung aus Dundee

Die Stoffindustrie brachte Dundee einst Reichtum. Damals machte man hier Jute aus Indien mit Waltran weich und verarbeitete sie dann weiter. In den alten Produktionshallen der "Baltic Works Mill" werden heute mit modernster Technik und dem Spirit von damals gewachste Stoffe hergestellt. Kerrie Alexander näht und designt in ihrem kleinen Atelier moderne Alltagskleidung. Aus den wachsbeschichteten Materialien entstehen in Handarbeit kultige Raincoats – inspiriert von der Arbeitskleidung der Fischer vor 150 Jahren.

Fischprodukte aus der Hafenstadt Arbroath

Gera¨ucherte Schellfische , "Smokeys", aus der Hafenstadt Arbroath rangieren in Schottland auf einer Ebene mit Edelprodukten wie Parmaschinken oder Champagner. Paarweise an der Schwanzflosse zusammengebunden, ha¨ngen die Fische kopfu¨ber in exakt austarierter Ho¨he an speziellen Holzgestellen. Celeste Lyons und ihre Tochter Cean leben vom traditionell gera¨ucherten Haddock. Alle Details der althergebrachten Produktionsweise werden im Familienbetrieb minutiös eingehalten. Allerdings gibt es eine etwas skurril anmutende Innovation: Zum Zusammenbinden der Haddocks setzt Celeste inzwischen auf Gummi-Kastrationsringe aus der Viehzucht. Tonnenweise Schellfischpaare mit grobem Bindfaden zu schnüren sorgte nämlich jahrzehntelang fu¨r wunde Finger und war nicht unbedingt hygienisch. Jetzt haben die Ladies in der Traditionsfirma das Ruder übernommen – Problem gelöst.

Autor/in
Sebastian Lindemann
Redaktion
Ralf Quibeldey
Produktionsleiter/in
Tim Carlberg
Redaktionsleiter/in
Ralf Quibeldey

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