Die Nordreportage: Ring frei für die U3
Mittwoch, 13. April 2022, 18:15 bis
18:45 Uhr
Freitag, 15. April 2022, 11:30 bis
12:00 Uhr
Mehr als 110 Jahre hat die Hamburger U-Bahn auf dem Buckel. Der älteste Abschnitt des Liniennetzes befindet sich in der Innenstadt auf der Strecke der U3. Er wurde umfassend saniert und deshalb für 14 Monate gesperrt. Eine lange Zeit für Hamburger*innen und Gäste der Stadt! Doch die Bauplaner*innen sind sehr stolz, dass sie in vergleichsweise kurzer Zeit so viel wuppen!
Ein einzigartiges Großprojekt
Projektsteuerer Frank Assies erklärt, dass der Umbau mitten in der City für die Hochbahn ein einzigartiges Großprojekt ist. Die Baustoffe wurden hauptsächlich über Arbeitszüge herangeschafft, denn Lkw passen nicht in den U-Bahn-Tunnel. Der sogenannte U-Bahn-Trog, der zum Viadukt am Rödingsmarkt hinaufführt, wurde innen und außen komplett erneuert. Dafür wurden Wände, Böden und Gleise ausgebaut. Die Besonderheit: Der Trog befindet sich direkt im Mönkedammfleet und ist von Wasser umgeben. Das Fleet wurde deshalb kurzerhand trockengelegt. So konnten auch die 112 Jahre alten Holzpfähle im Boden durch moderne Stahlkonstruktionen ergänzt werden. Anschließend wurde alles wieder neu aufgebaut und die Gleise verlegt.
Doch damit nicht genug: Es wurden 860 Meter Tunnel saniert, Hochwasserschutztore installiert, Brücken mit neuem Korrosionsschutz angestrichen und die Haltestellen Rathaus und Mönckebergstraße barrierefrei ausgebaut und erneuert. Die Haltestelle Mönckebergstraße bekam außerdem einen weiteren Zugang. Auch die Haltestelle Rödingsmarkt wurde saniert.
Eine historische Strecke
86 Millionen Euro investiert die Hochbahn in die Erneuerung des etwa 1300 Meter langen Abschnitts der U3. Wenn die historische Strecke Ende März 2022 wieder eröffnet wird, will Ingenieur Frank Assies morgens um 4.05 Uhr in der allerersten U3 sitzen und die freie Fahrt genießen. Diesen besonderen Moment wird er sich nicht entgehen lassen.
Der Glattmoker sorgt für eine ruckelfreie Fahrt
Bevor die ersten U-Bahnen wieder rollen, ist Ingo Saul im Einsatz. Sein Arbeitszug, der sogenannte Glattmoker, verdichtet den Schotter unter den neu verlegten Gleisen. Dadurch korrigiert er die Lage der Schienen millimetergenau. Liegt Ingo Saul mit seinem Team nur wenige Millimeter daneben, besteht die Gefahr, dass eine U-Bahn gegen die Tunnelwände stößt. Denn zwischen Rathaus und dem Viadukt am Rödingsmarkt befindet sich die engste und steilste U-Bahn-Kurve Deutschlands. Hier muss auch die sogenannte Überhöhung der Gleise penibel eingehalten werden. Damit wird verhindert, dass die Bahn in der Kurve schleudert oder umkippt. Außerdem sorgt der Glattmoker für eine ruckelfreie Fahrt. Seit mehr als 32 Jahren ist Ingo Saul mit dem Arbeitszug unterwegs. Sogar in Kopenhagen und Rotterdam hat er schon Schotter gestopft. Für den Polier gibt es keinen schöneren Beruf. "Ich gehe mit der Maschine auch in Rente. Aber da lasse ich mir noch ganz viel Zeit", sagt der 52-Jährige.
Ein Saugzug beseitigt Schmutz
Feuertaufe für Michael Neumeister und seinen 160 PS starken Staubsaugerzug. Normalerweise ist die Maschine nur im Frühjahr und im Herbst im Einsatz, um Laub von den Gleisen zu sammeln. Jetzt soll sie auf der Baustelle im Tunnel für Ordnung sorgen, denn bei den umfangreichen Bauarbeiten ist viel Schmutz im Gleisbett liegengeblieben. Michael Neumeister und seine Kolleg*innen testen, ob der Saugzug diese Aufgabe schafft.
Schwierige Bedingungen für alle Gewerke
Malermeisterin Jacqueline Shaw ist seit Februar 2022 im Einsatz, um die Haltestelle Rathaus wieder neu erstrahlen zu lassen. Mit ihren Kolleg*innen schleift, verputzt und streicht sie die 112 Jahre alten Wände und Decken. Erschwerte Bedingungen für alle. Denn in der Tunnelhaltestelle sind viele Gewerke gleichzeitig am Bauen und der Platz ist begrenzt. Die Malergerüste für die Arbeiten an der Bahnhofsdecke müssen deshalb jeden Morgen auf- und am Abend wieder abgebaut werden. Jacqueline Shaw nimmt die Umstände mit Gelassenheit. Denn sie liebt die besondere Baustelle unterm Rathaus und weiß, dass die Strecke nur dann eröffnet werden kann, wenn alle Hand in Hand arbeiten und rechtzeitig fertig werden.
Der Film begleitet die Arbeiten in den letzten Wochen vor der Freigabe der Strecke. "Die Nordreportage" gibt Einblicke in die spannendste Baustelle Hamburgs und zeigt die Menschen, die hinter der Instandsetzung des ältesten U-Bahn-Abschnitts der Stadt stehen. Ab Ende März heißt es dann wieder: Ring frei für die U3.
- Produktionsleiter/in
- Karin Hauschildt
- Redaktion
- Birgit Schanzen
- Autor/in
- Sylvi Hoschke