Die Nordreportage: Koch und Kellner gesucht!
Sonntag, 04. August 2024, 02:15 bis
02:45 Uhr
Köche, Kellner, Servicekräfte - das schleswig-holsteinische Hotel- und Gaststättengewerbe beschäftigt in rund 5.200 Betrieben mehr als 80.000 Beschäftigte. Mittlerweile aber bleiben immer mehr Stellen unbesetzt. Vor allem an touristischen Hotspots und während der Ferienzeiten ist die Branche am Limit. "Die Nordreportage" begleitet Menschen in Sankt Peter-Ording an der Westküste, die mit den Auswirkungen des Personalmangels konfrontiert sind.
Bei Hochbetrieb muss der Chef mit ran
Thorsten Malorny ist ein gebürtiger Sankt Peteraner. Bereits mit 15 Jahren hat er angefangen, in der Gastronomie zu arbeiten. Nach einigen Jobs fern der Heimat betreibt er nun in Sankt Peter-Ording eines der bekannten Pfahlrestaurants direkt am Strand. Auch hier hat er mit Fachkräftemangel zu kämpfen: drei Köche und drei Servicekräfte fehlen. Eine Azubi-Stelle ist auch unbesetzt. Die Resonanz auf seine Stellenanzeige ist bislang bescheiden. Wenn das Wetter gut ist, dazu Wochenende oder Sommerferien, müssen seine Mitarbeiter deshalb zwölf bis vierzehn Stunden arbeiten. Für Malorny ein Dilemma: denn einerseits ist er darauf angewiesen, dass seine Mitarbeiter diese Arbeitsspitzen auffangen, andererseits muss er vernünftige Arbeitsbedingungen gewährleisten, damit sie nicht zur Konkurrenz wechseln. "Vor 20 Jahren herrschte in der Küche oft ein rauer Umgangston, das kann man sich heute nicht mehr erlauben - ich muss dafür sorgen, dass sich meine Leute wohlfühlen, sonst sind sie ganz schnell woanders", weiß Malorny. Sein Restaurant öffnet er deshalb auch nur an sechs statt sieben Tagen in der Woche. Er verzichtet auf das Frühstücksgeschäft und bei Hochbetrieb steht er selbst am Herd, um Steaks zu braten oder Kartoffeln zu schwenken.
Azubis aus Vietnam
Alessia Mezzadonna kennt die schwierige Personallage in der Gastro- und Hotelbranche nur zu gut. Sie ist für die Personalrekrutierung eines großen Hotels mit angeschlossenem Restaurant verantwortlich. Um den Personalbedarf zu decken, geht sie ungewöhnliche Wege und setzt auf Azubis aus Vietnam. Küchenchef Marcus Frederici erklärt an ihrem ersten praktischen Tag die Arbeitsabläufe in der Küche. Gleichzeitig werden die angehenden Hotelfachmänner im Service eingewiesen. Ohne die Unterstützung aus Fernost wären die 19 Azubi-Stellen im Hotel kaum zu besetzen. Für die jungen Vietnamesen ist Sankt Peter- Ording ein Kulturschock. Nicht nur wegen der kulturellen Unterschiede, sondern auch, weil sie aus der trubeligen Millionenstadt Hanoi stammen.
Auch an Reinigungskräften fehlt es
Nicht nur in der Küche und im Service fehlt Personal. Rund 2,6 Millionen Gäste übernachten jährlich in Sankt Peter-Ording. 17.000 Gästebetten in Ferienwohnungen und Hotels müssen regelmäßig neu gemacht werden. Eine kleine Heerschar von Reinigungskräften erledigt den Job. Nicole Reitz ist eine von ihnen. Die Unternehmerin beschäftigt vier Mitarbeiterinnen und muss regelmäßig Aufträge ablehnen. Neues und vor allem zuverlässiges Personal ist nicht zu finden. An Wechseltagen putzt sie mit ihrem Team bis zu zehn Ferienwohnungen, alle neunzig bis einhundert Quadratmeter groß. Der Zeitdruck ist groß. Staubsaugen, aufwischen, Bad reinigen, Betten ab- und neubeziehen. Das alles braucht seine Zeit. Nicole Reitz will trotzdem gründlich sein. "Ich weiß, dass andere Reinigungsfirmen nicht mehr den ganzen Boden wischen, sondern nur noch die offensichtlichen Flecken entfernen", erzählt sie. "Aber das kommt für mich nicht in Frage".
Drei Beispiele für ein Problem, das die ganze Branche in Schleswig-Holstein kennt: den Kampf ums Ferien-Personal.
- Autor/in
- Matthias Hambsch
- Produktionsleiter/in
- Karin Hauschildt
- Redaktion
- Sven Nielsen
- Redaktionsleiter/in
- Katrin Glenz