Die Nordreportage

Das Geisterschiff von Lübeck - Bergungsabenteuer in der Trave

Dienstag, 13. Februar 2024, 18:15 bis 18:45 Uhr
Mittwoch, 14. Februar 2024, 11:30 bis 12:00 Uhr

"Das ist wie ein Sechser im Lotto, so ein Projekt zu leiten", so der Unterwasserarchäologe Felix Rösch. Gemeint ist eine Ausgrabung unter Wasser, genauer gesagt in rund elf Metern Tiefe. Auf dem Grund der Trave, am Stülper Huk zwischen Travemünde und Lübeck, liegt ein geheimnisvolles Schiff. Vermutlich aus der Hansezeit. Seit wohl 400 Jahren ruht das Wrack im Sediment. Unentdeckt und unberührt. Nun soll es gehoben und in Einzelteilen geborgen werden. Dazu nimmt die Stadt Lübeck zwei Millionen Euro in die Hand. Viel Geld für die kleine Hansestadt. Und viel Verantwortung für Projektleiter Felix Rösch.

Der tauchfähige Archäologe muss sich bewähren

Unterwasserarchäologe Felix Rösch leitet die Bergung. © NDR
Unterwasserarchäologe Felix Rösch leitet die Bergung.

Die Trave ist kein einfaches Tauchrevier. Schon beim ersten Probetauchgang wird klar, die Sicht unter Wasser ist miserabel, könnte zum Problem werden. "Ausfalltage können wir uns eigentlich nicht leisten, ich hoffe, alles geht gut", so der Archäologe, der neu in seinem Job ist. Die Hansestadt Lübeck hat extra eine Stelle für einen tauchfähigen Archäologen für die Bergung geschaffen. Felix Rösch muss sich bewähren, ein Scheitern wäre eine Katastrophe.

Ein wenig Jules-Verne-Feeling

Für die Bergung ist ein Schiff gechartert und eine Bergungscrew engagiert worden. Das Abenteuer und die Zeitreise beginnen. Ein bisschen Jules-Verne-Feeling kommt auf, wenn die Bergungstaucher in ihre massiven Anzüge steigen. Große Metallhelme, rund 14 Kilogramm schwer, Schläuche für Sauerstoff, Sprech- und Videoverbindung, die Gewichte am Gürtel.

Schlechte Sicht unter Wasser ist ein Problem

Unterwasserarchäologe Felix Rösch findet eine Reparaturstelle am Wrack – der Beweis, dass das Geisterschiff einige Jahre auf See gewesen ist. © NDR
Unterwasserarchäologe Felix Rösch findet eine Reparaturstelle am Wrack – der Beweis, dass das Geisterschiff einige Jahre auf See gewesen ist.

Was werden die Taucher im alten Wrack finden? Sind noch Alltagsgegenstände der ehemaligen Crew an Bord? Mit einem Unterwassersauger legen die Taucher die alten Planken und die Ladungsreste frei. Rund 160 Holzfässer mit Brandkalk sind an Bord. Der Brandkalk hat sich verfestigt. Wäre aber vor 400 Jahren ein wichtiger Baustoff gewesen. Bei den Bergungstauchgängen wird schnell deutlich,  die Sicht am Travegrund ist tatsächlich ein Problem. Durchschnittlich ein bis zwei Meter weit können die Taucher sehen. Und: Sportbootfahrer werden zum Ärgernis. Immer wieder fahren sie zu dicht am Bergungsschiff vorbei und gefährden dabei die Taucharbeiten.

Die Bergung wirft viele Fragen auf

Die Ladung des Geisterschiffs: 160 Fässer Brandkalk. Früher ein wichtiger Baustoff. © NDR
Die Ladung des Geisterschiffs: 160 Fässer Brandkalk. Früher ein wichtiger Baustoff.

Dennoch geht die Bergung voran. Für Archäologe Felix Rösch stellen sich neue Fragen: Wie alt ist das Schiff? Ist es wirklich aus der Hansezeit? Wo ist es gebaut worden? Welcher Schiffstyp liegt in der Trave, war es hochseetauglich oder hat es nur die Küsten befahren? Warum ist es hier am Stülper Huk gesunken? Nicht alle Fragen werden sofort zu klären sein. Aber mithilfe der Dendrochronologie, der vergleichenden Altersbestimmung, kann es gelingen, dem alten Holz erste Geheimnisse zu entlocken. Und vielleicht finden sich auch Spuren für den Grund der Havarie. Oder Hinweise auf die Mannschaft.

"Die Nordreportage" begleitet die Bergung des Geisterschiffes vom ersten bis zum letzten Tauchgang und die Versuche der Forscher, die Geschichte des 400 Jahre alten Wracks zu enträtseln.

Autor/in
Andreas Bell
Produktionsleiter/in
Angela Hennemann
Redaktion
Sven Nielsen
Redaktionsleiter/in
Katrin Glenz