Berlin 1933 - Tagebuch einer Großstadt

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch, 17. Januar 2024, 00:00 bis 03:15 Uhr

Zu Beginn des Jahres 1933 ist Berlin eine der modernsten Städte der Welt. Eine pulsierende Metropole, in der sich die Gegensätze aneinander reiben. Zwölf Monate später ist von den Widersprüchen und der Vitalität nichts geblieben. Die Stadt ist einer Partei und einem "Führer" unterworfen. Berlinerinnen und Berliner jubeln der neuen Macht zu, ziehen sich vor ihr ins Privatleben zurück oder fliehen, wenn sie denn fliehen können, bevor sie in den Kerkern verschwinden.

Im Strudel der Ereignisse

Kinder gehen mit Hakenkreuzfahnen in der Hand spazieren. Propagandafoto für die Presse. © rbb/Scherl/Süddeutsche Zeitung Photo
Kinder gehen mit Hakenkreuzfahnen in der Hand spazieren. Propagandafoto für die Presse.

Diese Dokumentation nimmt ihren Blick auf die Ereignisse ein. Es ist eine Perspektive auf Augenhöhe, die offen ist für den Moment, sich in den Strudel der Ereignisse stürzt. Sie lässt eine Gegenwart aufleben, die für die meisten Zeitgenossen verwirrend war: beängstigend und bedrohlich für die einen, erwartungsvoll für die anderen. Ein Blick, der sich aus ihren Tagebüchern und Briefen ergibt, aus ihren Berichten und Protokollen. Die Depeschen, die sie verschickt und die Artikel, die sie geschrieben haben.

Zeitdokumente aus unterschiedlichen Milieus

Die Verfasserinnen und Verfasser, die in dem Film zu Wort kommen, stammen aus unterschiedlichsten Milieus: Arm und Reich, links und rechts, Bürger und Arbeiter. Zu ihnen gehören der Publizist Harry Graf Kessler ebenso wie die Witwe Clara Brause, der Arzt Willi Lindenborn ebenso wie Betty Scholem, die ihrem Sohn Gerhard (Gershom) nach Jerusalem schreibt und erst nach und nach erkennt, in welcher Gefahr sie schwebt.

Die Vergangenheit ist fern und nah zugleich

All diese Stimmen verdichten sich mit den Fotos, den Sendungen der "Wochenschau" und Amateuraufnahmen zu einem Panorama der Machtübernahme. Die Verwundbarkeit der Demokratie, die verpassten Momente und Chancen ihrer Verteidigung. Die sich entfaltende Macht der Nationalsozialisten, die Gewalt, der Terror und die Propaganda. Die Niederschläge der Ereignisse im Alltag der Menschen. "Berlin 1933 – Tagebuch einer Großstadt" von Volker Heise erzählt von einem schicksalshaften Jahr. In einer Zeit, in der Demokratien auf der ganzen Welt bedrängt werden. In Europa beginnen sich autoritäre Regimes zu etablieren, neofaschistische Bewegungen haben Zulauf, der Ruf nach starker Führung wird laut. Wohin dieser Ruf führen kann, ist im Jahr 1933 zu beobachten, weshalb es gerade jetzt Betrachtung verdient. Die Vergangenheit ist fern und nah zugleich.

Autor/in
Volker Heise
Regie
Volker Heise
Redaktion
Rolf Bergmann
Dagmar Mielke
Anett Sager
Timo Großpietsch

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NS-Zeit