Stand: 10.02.2020 14:14 Uhr

Nachhaltige Entwicklung im NDR

Der NDR Rundfunkrat

1. begrüßt ausdrücklich die bisher ergriffenen Maßnahmen im NDR, nachhaltige Arbeits- und Produktionsprozesse in allen Bereichen des Unternehmens voranzutreiben.
2. ermutigt den NDR, nachhaltige Entwicklung als Querschnittsaufgabe zu verankern und die Voraussetzungen zu schaffen, dass Aspekte nachhaltigen Handelns strukturell und systematisch gestärkt werden. Vor dem Hintergrund struktureller Einsparungen und Rentabilität soll darauf geachtet werden, dass sich Veränderungen von Arbeits- und Produktionsweisen kostenneutral gestalten oder mittelfristig amortisieren.
3. unterstützt das Bestreben, möglichst viele Potenziale auszuschöpfen, um Aspekte nachhaltigen Handelns zeitnah umzusetzen. Um diesem Ziel angemessen Rechnung zu tragen, hat der NDR seine Mitarbeiter*innen bei alltäglichen Arbeitsprozessen wie der Planung, Durchführung und Postproduktion von Sendungen direktions-, abteilungs- und bereichsübergreifend zu sensibilisieren.
4. bestärkt den NDR, Aspekte nachhaltigen Handelns möglichst umfassend für Eigen-, Auftrags- und Mischproduktionen zu berücksichtigen und Produzent*innen diesbezüglich gegebenenfalls durch Vorgaben zu unterstützen. Dies soll zumindest für die Kernbereiche Mobilität, Energie, Catering, "Green Office", Logistik sowie Dekoration/Bau erfolgen.
5. begrüßt, dass der NDR sich zur Nachhaltigkeit bekennt, alle Mitarbeiter*innen motiviert, energie- und ressourcenschonend zu arbeiten und konkrete Maßnahmen kommuniziert. Im Sinne einer Vorbildfunktion ist es angeraten, die Nachhaltigkeitsziele des NDR auch nach außen zu vermitteln.
6. wünscht, dass der NDR die nachhaltige Entwicklung im Unternehmen auf der Grundlage von zuvor festgelegten, transparenten Kriterien evaluiert und dem Rundfunkrat alle zwei Jahre darüber berichtet, beispielsweise im Zuge des ARD-Nachhaltigkeitsberichtes. Einen ersten Bericht über die Unternehmensstrategie zur nachhaltigen Entwicklung sowie über ein Konzept, welche Maßnahmen kurz-, mittel- oder langfristig umgesetzt werden können, erwartet das Gremium im Sommer 2020.
7. regt an, dass der NDR Kooperationen mit anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und Filmförderinstitutionen der Länder und des Bundes eingeht. Das Ziel der nachhaltigen Entwicklung sollte aktiv in die Beratungen der Gremienvorsitzendenkonferenz eingebracht werden.

Begründung

Der Klimawandel verpflichtet die Weltgemeinschaft zu sofortigem ressourcenschonenden und nachhaltigen Handeln. Nachhaltig ist eine Entwicklung, wenn sie den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden. Sie strebt eine Balance zwischen wirtschaftlicher Stabilität, ökologischer Tragfähigkeit und sozialem Wohlergehen an. Dies impliziert unter anderem auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, faire Arbeitsbedingungen, eine Absicherung gegen Altersarmut sowie Geschlechtergerechtigkeit.

Es ist festzuhalten, dass der NDR zahlreiche soziokulturelle Aspekte nachhaltigen Handelns bereits auf den Weg gebracht hat. Auch begrüßt der Rundfunkrat die bisherige, umfangreiche Berichterstattung zur Nachhaltigkeit im Programm. Allerdings besteht weiterer, dringender Handlungsbedarf. Als öffentlich-rechtlicher Sender kommt dem NDR eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung zu, aufgrund seiner hohen Glaubwürdigkeit zudem eine wichtige Vorbildfunktion für Bürger*innen und Unternehmen. Besonders für den NDR ist es daher von Bedeutung, sich als Unternehmen der Nachhaltigkeit zu verpflichten. Der Rundfunkrat unterstützt ausdrücklich die Initiative des Intendanten, einen entsprechenden Schwerpunkt im Unternehmen zu etablieren.

Grundlage der Initiative des NDR Rundfunkrates sind die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung, die 17 Ziele nachhaltiger Entwicklung der UN (Sustainable Development Goals) sowie die Vorgaben des Pariser Klimaschutzabkommens zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen. Antrieb sind aber auch die Forderungen jüngerer Generationen nach konkreten Maßnahmen gegen den Klimawandel. Das Thema Nachhaltigkeit birgt ein enormes Potenzial, junge Menschen für den NDR zu gewinnen. Ein ernsthaftes und dauerhaftes Engagement im Ressourcenschutz sichert die zukünftige gesellschaftliche Akzeptanz dieser und anderer, für den NDR relevanter Zielgruppen.

Soziale Bedeutung und ökonomische Verpflichtung

Neben der sozialen Bedeutung besteht auch eine ökonomische Verpflichtung zu einer nachhaltigen Entwicklung im NDR: So sorgen beispielsweise Investitionen in Photovoltaik, effiziente LED-Lichttechnik, energiesparende Heizsysteme oder emissionsarme Transportmittel nicht nur mittelfristig für Einsparungen und geringere Kosten, sie sichern die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit und Innovationskraft des Unternehmens. Der NDR ist gegenüber den Beitragszahler*innen zu einem schonenden Umgang mit Ressourcen verpflichtet.

Erste Maßnahmen wurden bereits ergriffen in den Bereichen: Energieeffizienz bei Gebäuden, Energieversorgung, Fuhrpark, Dienstreisen, Papier- und Plastikverbrauch, Sensibilisierung der Mitarbeiter*innen für Nachhaltigkeit im Arbeitsalltag sowie Einkauf und Wiederverwertung in der Kantine. Dies wird positiv bewertet. Vorgaben zur Vermeidung und Reduzierung von Energie- und Wasserverbrauch können jedoch intensiviert werden, um Emissions- und Kosteneinsparungen zu erhöhen.

Großes Potenzial für nachhaltige Prozesse

Der NDR ist eine Anstalt öffentlichen Rechts. Rechtliche Vorgaben sowie ökonomische Besonderheiten der Medienbranche schränken die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen im NDR ein und erschweren die Vergleichbarkeit zu Unternehmen anderer Branchen. Dennoch verfügt der NDR als drittgrößte deutsche Rundfunkanstalt mit Erträgen von über einer Milliarde Euro und fast 3.400 fest angestellten Mitarbeiter*innen - maßgeblich in der Produktion - über ein enormes Potenzial, nachhaltige Prozesse und Produktionsweisen anzuschieben und zu unterstützen. Hier sollte die gesamte Wertschöpfungskette genutzt werden, indem man Produktionsunternehmen, Lieferanten und Geschäftspartner*innen zukünftig über nachhaltigkeitsrelevante Anforderungen wie beispielsweise verbindliche Kriterien für eine nachhaltige Beschaffung informiert.

Das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung ist umfassend zu verstehen und betrifft alle Bereiche und Organisationseinheiten im NDR. Eine nachhaltige Entwicklung sollte als Querschnittsaufgabe zentral über die Intendanz koordiniert werden. Wünschenswert ist die Benennung eine*r/s Nachhaltigkeitsbeauftragten, die*/der alle Direktionen berät, um Aspekte nachhaltigen Handelns in die alltäglichen Arbeitsprozesse zu integrieren. Dies sind neben den oben aufgeführten Infrastrukturmaßnahmen beispielsweise der intensivere Einsatz von Verbrauchsmaterialien und Werbemitteln aus nachhaltigen Rohstoffen, das Angebot vegetarischer und nachhaltig erzeugter Produkte im Catering oder die Durchführung von unter Nachhaltigkeitsaspekten organisierten Veranstaltungen. Der Rundfunkrat begrüßt die vom NDR bereits benannten Nachhaltigkeitsbotschafter*innen, die diese Aufgaben übernehmen.

Einsparung von CO2-Emissionen bei Film- und Fernsehproduktionen

Vor allem die Realisierung nicht tagesaktueller Film- und Fernsehproduktionen, etwa im fiktionalen Bereich, bietet ein großes Potenzial, umweltfreundlicher zu arbeiten und CO2-Emissionen einzusparen. Eine klimafreundliche Medienproduktion ist in allen Phasen der Filmproduktion auf CO2-Vermeidung, nachhaltiges Abfallmanagement und Mehrfachnutzung ausgerichtet. Der Rundfunkrat begrüßt ausdrücklich, dass bereits mehr als 20 Filmproduktionen, die der NDR in Auftrag gegeben hat, mit dem Nachhaltigkeitssiegel "Grüner Drehpass" der Filmförderung Hamburg/Schleswig-Holstein ausgezeichnet wurden - darunter Folgen der Reihen "Tatort", "Die Pfefferkörner" oder "Der Tatortreiniger". Die Maßnahmen des "Grünen Drehpasses" sollten auf künftige NDR-Filme übertragen werden. Ziel sollte es sein, unter der Maßgabe der Wirtschaftlichkeit alle eigenen Produktionen im nicht-tagesaktuellen Bereich klimaneutral herzustellen.

Der NDR ist zudem direkt oder über seine Tochter maßgeblich an einer Vielzahl von Film- und Fernsehproduktionen beteiligt. Zur Unterstützung einer nachhaltigeren Medienbranche ist es dringend wünschenswert, dass der NDR Produktionsunternehmen fördert, die ihre Arbeitsweise auf Nachhaltigkeit ausrichten. Neben einer Unterstützung für Produzent*innen zu nachhaltigem Wirtschaften wären die Entwicklung von diesbezüglichen Leitlinien für Medienpartnerschaften und die Anpassung der Bestimmungen zur Vergabe von Auftragsproduktionen in Fernsehen, Hörfunk und Online an Nachhaltigkeitskriterien sinnvoll. Dies schafft gleichzeitig Planbarkeit für Hersteller und Verleihfirmen von innovativer Licht- und Filmtechnik sowie von Filmfahrzeugen.

Kooperationen mit anderen Rundfunkanstalten und Institutionen

Um schnellstmöglich Fortschritte bei nachhaltigen Produktionsweisen zu erzielen, sind Kooperationen mit anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und mit Filmförderinstitutionen der Länder und des Bundes wünschenswert. Denn Produktionsfirmen und Förderer auf Bundes- und Landesebene gehen bereits mit gutem Beispiel voran. Die UFA beschäftigt ein Green Team, die Filmförderungsanstalt (FFA) trägt seit 2017 Mehrkosten für grünes Drehen förderrechtlich mit. Beispielhaft sei auf das Tatort-Special "Fünf Minuten Himmel" verwiesen, ein Pilotprojekt mit Förderung der MFG Filmförderung Baden-Württemberg zur Etablierung von ressourcenschonenden Produktionsweisen, produziert im Auftrag von SWR und ARD Degeto. Alle Bereiche - von Büroausstattung, Licht, Catering, Strom, Reisen, Fuhrpark, Unterbringung, Betrieb elektronischer Geräte, Müll bis hin zu Maske, Kostüm und Bühnenbild - wurden auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Dabei konnten 42 Prozent der CO2-Emissionen im Vergleich zur herkömmlichen Produktionsweise eingespart werden. Zu vergleichbaren Ergebnissen kommt der SWR bei der CO2-neutralen Produktion der Serie "Die Fallers". Die Zahlen belegen, dass die Film- und Medienindustrie einen wertvollen Beitrag zur Ressourcenschonung und zur Absenkung von CO2-Emissionen leisten kann.

Neue Berufsbilder durch nachhaltiges Arbeiten und Wirtschaften

Die neuen Arbeits- und Produktionsweisen führen zur Entstehung neuer Berufsbilder wie green consultant, green runner oder sustainability manager. An deren Aus- und Fortbildung sollte sich der NDR aktiv beteiligen. Das Thema Nachhaltigkeit ist auch in der NDR-Volontärsausbildung zu verankern. So können Aspekte nachhaltigen Handelns in den Bereichen Mobilität, Energie, Catering, "Green Office", Logistik oder Dekoration und Bau zunehmend Berücksichtigung finden.

Der Rundfunkrat erwartet die Erstellung eines Nachhaltigkeitskonzeptes für den NDR bis Mitte 2020. Der NDR berichtet dem Rundfunkrat, wie die Chancen und Risiken einer nachhaltigen Entwicklung im Haus bewertet werden und welche konkreten Maßnahmen einschließlich definierter messbarer Kriterien - unter Berücksichtigung von ökonomischen, sozialen und technologischen Bedingungen sowie von politischen und rechtlichen Vorgaben - ergriffen werden, um nachhaltige Prozesse im Unternehmen zu fördern. Der NDR legt offen, welche qualitativen und quantitativen Nachhaltigkeitsziele gesetzt werden und wie deren Erreichung kontrolliert wird. Orientierung bieten hier beispielsweise die im Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) beschriebenen Indikatoren und Kriterien. Dringend empfohlen wird das Einholen interner und externer Expertise zum Zwecke des Wissenstransfers.