Von langen und kurzen Wellen
2. Mai 1924, Binderstraße in Hamburg: Im Fernsprechamt 1 nimmt die Norag ihren Sendebetrieb auf. In einem Seitenflügel des Gebäudes befindet sich der 8,5 x 10 m große Aufnahmeraum, im 3. Obergeschoss der Sender und im Geschoss darunter der Maschinen- und Akkumulatorenraum. Zur feierlichen Eröffnung sprechen Staatssekretär Dr. Hans Bredow und Hamburgs Bürgermeister Dr. Carl Petersen.
896 zahlende Hörer hat der erste Sender in Norddeutschland in seinem Gründungsjahr. Aber bereits am Ende des Jahres zeichnet sich ab, dass das neue Medium viele Liebhaber gewinnen wird. Durch den raschen Anstieg der Hörerzahl ist die Deutsche Reichspost schon 1925 in der Lage, die ersten provisorischen Sender mit ihrer geringen Leistungsfähigkeit durch stärkere zu ersetzen. Damit kann auch das Umland besser versorgt werden.
Die Sendeanlange wechselt den Besitzer
Die ständige Leistungserhöhung der Sender in Europa bewegt die Deutsche Reichspost ab 1930 zum systematischen Aufbau eines deutschen Großsendernetzes. Als letzter dieser Sender nimmt am 15. Januar 1934 der 100-kW-Großrundfunksender Billwerder-Moorfleet in Hamburg den Betrieb auf. Das Programm liefert anfangs noch die Norag.
Im Jahre 1934 löst der Staat die privaten Rundfunkgesellschaften auf und erklärt die Funkhäuser zu "Reichssendern". Die sendertechnischen Anlagen bleiben bei der Deutschen Reichspost. Am 3. Mai 1945 abends wird der Sendebetrieb eingestellt und tags darauf um 19 Uhr als "Radio Hamburg" wieder aufgenommen. Am 1. Oktober 1948 geht die Senderanlage aus dem Besitz der Deutschen Post an den neu gegründeten Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) und nach dessen Aufteilung am 1. Januar 1956 an den Norddeutschen Rundfunk (NDR) über.
"Musikberieselung" als Vorgabe
Nach Kriegsende hat Westdeutschland aufgrund des Frequenzverteilung im Kopenhagener Wellenplan zunächst keinen Langwellensender mehr. Auf Bemühen des damaligen Technischen Direktors, Werner Nestel, erteilt die Alliierte Hohe Kommission am 1. Oktober 1952 dem NWDR unter zwei Auflagen die Genehmigung für die Ausstrahlung von Sendungen auf langer Welle: zum einen darf es sich nur um einen Versuchsbetrieb, nicht aber um ein "richtiges" Programm mit Sprachsendungen handeln, zum zweiten muss jede volle Stunde fünf Minuten lang ein Pegelton durchgegeben werden. Dieser sinusförmige Ton dient zur Überprüfung von Pegelverhältnissen zwischen verschiedenen Geräten und von Übertragungsstrecken.
Diese Vorgaben werden erfüllt, indem man der zum NWDR gehörenden Meß- und Empfangsstation Wittsmoor Musikbänder zur Verfügung stellt und so für eine nur durch den stündlich gesendeten Pegelton unterbrochene pausenlose "Musikberieselung" sorgt. Am 18. Januar 1953 findet der erste Versuchsbetrieb statt, vom 8. Mai 1953 an beginnt der regelmäßige Versuchsbetrieb - zu Anfang nur von 20.00 bis 1.00 Uhr, später schon ab nachmittags. Das provisorische Musikprogramm findet bei der Hörerschaft Zustimmung.
Die Ultrakurzwelle übernimmt
Das reguläre Programm startet am 2. Mai 1956; es wird in Hamburg zusammengestellt. Ab 1. Mai 1958 läuft der Sender dann nicht mehr als Versuchssender, sondern als "Deutscher Langwellensender". Vom 1. Januar bis 30. November 1962 übernimmt er das Programm des Deutschlandfunks.
Ab 1949 werden die Sendungen des NWDR, später des NDR, auch über UKW verbreitet. 1950 wird ein zweites Hörfunkprogramm aus der Taufe gehoben. Seit 1954 gibt es mit NDR 3 ein drittes Programm, das der Sender Harz 1965 auch für die ersten Übertragungen von Stereosendungen auswählt. Andere Senderstandorte folgen, bis vier Jahre später der Stereoregelbetrieb auf NDR 3 aufgenommen wird. 1967 schließen sich NDR 1 und NDR 2 mit Stereosendungen an.