Auf "Entenjagd" in Niedersachsen
"Echt oder Ente?": Das war die Frage, die auf Anhieb zahllose Hörerinnen und Hörer von NDR 1 Niedersachsen faszinierte. Im Rahmen der Vormittagssendung "Treffpunkt Radio" schickte Moderator Reinhard Stein am 2. Januar 1985 erstmals Hunderttausende in die Wunderwelt zwischen "unglaublich, aber wahr" und "zu schön, um wahr zu sein".
Wer dreimal richtig antwortete, knackte den Pott, doch rund 80 Prozent aller Kandidaten gingen seither der Fantasie des Moderators, vor allem aber der paradoxen Wirklichkeit in die Falle. Wer glaubt schon, dass es eine Seilbahn mit echter Saunakabine, DNA-Analysen der Madrider Stadtverwaltung bei störenden Hundehaufen oder einen Pin-Up-Kalender amerikanischer Universitätsprofessoren wirklich gab?
Seit 30 Jahren läuft das populäre Ratespiel ohne Unterbrechung im Programm von NDR 1 Niedersachsen, derzeit bis zu zwei Mal täglich. Nicht selten versuchten bis zu 10.000 Anrufer gleichzeitig, zum Moderator durchzukommen, um die "Jagdprämie“ in Höhe von (anfangs) 50 DM bis zu über 500 Euro einzustreichen. Manche ehrgeizige Mitspielerin kam erst nach Jahren durch, andere riskierten sogar ihren Arbeitsplatz, um einmal mitraten zu dürfen.
"Lucky Looser"
So schaltete der Telefonist eines großen hannoverschen Unternehmens alle 19 Leitungen seiner Firma kurz vor dem Aufruf zur "Entenjagd" auf Anruf-Wiederholung, der Moderator wunderte sich, dass es einem Kandidaten gleich dreimal in einer Woche gelungen war, sich im Dickicht der Telefondrähte gegen tausende Mitbewerber durchzusetzen. Doch der Einsatz half dem risikofreudigen Mann nicht entscheidend weiter. Schon nach der ersten Ente kam das Aus, versüßt mit einer Spielaktie von NDR 1 Niedersachsen und der Chance, als "Lucky Looser" am Jahresende eine Reise zu gewinnen. Dass die Firma während der Entenjagdzeit mehrere Tage lang nicht telefonisch erreichbar, blieb bis heute ein gut gehütetes Geheimnis.
Hörers Liebling
Entstanden war der seither in über 25 deutschsprachigen Radioprogrammen immer wieder "neu erfundene" Dauerbrenner bereits 1984. Weil ein Wochenquiz allzu oft mit peinlichen bis haarsträubenden Wissenslücken der Kandidaten endete, servierte Moderator Reinhard Stein als "Vorspiel" vier Meldungen aus den "Randspalten der Weltpresse". Die Hörer sollten die Ente unter den vier Meldungen erkennen. Schnell stellte sich heraus, dass die Ouvertüre weitaus besser ankam als das Hauptwerk, fortan avancierte die "Entenjagd" zum Favoriten zahlreicher Hörer. Die Chance, mitzuspielen ohne sich zu blamieren, war einer der Erfolgsgaranten im immer wieder frischen Spiel um "unmögliche" Meldungen. Engagiert werden die Moderatoren bei der Suche nach Meldungen von Hobby-"Entenjägern" unterstützt.
Die Ente auf Reisen
Längst hat die "Entenjagd" auch die Mauern des Studios verlassen. Bei den Infomobil-Reisen ist das Spiel um die Kuriositäten unserer Welt fester Programmpunkt für die NDR 1 Niedersachsen-Fans auf den Marktplätzen von Aurich bis Zorge. Bei öffentlichen Veranstaltungen wie dem "Tag der Niedersachsen" garantiert das Spiel um echte oder falsche Meldungen begeisterte Teilnahme mit nach oben (echt) oder unten (Ente) gestrecktem Daumen. Ungekrönter Höhepunkt war ein großes Weihnachtslieder-Singen in Braunschweig, als prominente Gesangsstars wegen Glatteis und Schnee auf der Autobahn festsaßen und in der Wartezeit 18.000 Besucher eine Stunde lang Enten jagten. Als der Sieger des Ratemarathons feststand, waren auch alle Stars heil angekommen - nicht nur der Moderator stimmte ein überzeugtes "Oh du fröhliche" an.