NDR-Stellungnahme zum „business insider“-Artikel
Stellungnahme des NDR zur Veröffentlichung des „business insider“
- Den Vorwurf, es gäbe einen „politischen Filter“ im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein, weist der NDR zurück. Die Berichterstattung ist unvoreingenommen und unabhängig.
- Nach zahlreichen, persönlichen Gesprächen mit Mitarbeitenden des Landesfunkhauses Schleswig-Holstein konnten die Programmverantwortlichen kein „Klima der Angst“ feststellen.
- Der Vorgang rund um ein eventuelles Interview mit Hans-Joachim Grote (Ex-Innenminister SH) ist aus Sicht des NDR Redaktionsausschusses, des beteiligen Mitarbeiters, des zuständigen Programmbereiches im NDR Landesfunkhauses Schleswig-Holstein und des NDR aufgearbeitet und abgeschlossen.
- Der NDR Redaktionsausschuss stellte in seiner Ergänzung zum Abschlussbericht im Dezember 2021 fest: „Den Verdacht, dass eine politische Motivation dahinterstehen könne, macht sich der Redaktionsausschuss nicht zu eigen.“ Zu dieser Bewertung kommen auch das Landesfunkhaus Schleswig-Holstein und der NDR.
Zum Sachverhalt
Die Veröffentlichung von „Business Insider“ befasst sich mit einem Vorgang, der mehr als zwei Jahre zurückliegt. Hans-Joachim Grote (CDU) war im Mai 2020 auf Druck von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther als Innenminister zurückgetreten. Beide stellten die Hintergründe für diesen Schritt in der Folge unterschiedlich dar. Es stand Aussage gegen Aussage – dies gilt bis heute.
Innerhalb der Redaktion des Landesfunkhauses Schleswig-Holstein gab es im Mai 2020 unterschiedliche Auffassungen bezüglich eines eventuellen Interviews mit Grote kurz nach dessen Rücktritt. Diese unterschiedlichen Auffassungen führten einige Monate später dazu, dass der Mitarbeiter, der ein Interview mit Herrn Grote befürwortet hatte, den Redaktionsausschuss in dieser Sache angerufen hat.
Auf Bitte des Intendanten haben die zuständigen Bereiche den Vorgang im Austausch mit dem Redaktionsausschuss aufgearbeitet. Wie im NDR Redaktionsstatut für einen solchen Fall vorgesehen, hat es zahlreiche Gespräche zwischen Mitarbeiter, Redaktion, Redaktionsleitung, Redaktionsausschuss, Justitiar und dem zuständigen Direktor des Landesfunkhauses Schleswig-Holstein sowie ausführliche Schriftwechsel zwischen den Beteiligten gegeben. Die Arbeit des Redaktionsausschusses ist vertraulich, so auch dessen Berichte.
Unter anderem für Programmkonflikte wie diesen wurde der Redaktionsausschuss im NDR eingerichtet. Damit wurde die Möglichkeit geschaffen, Vorwürfe oder Konflikte vertraulich und gemeinschaftlich aufzuarbeiten. Dies ist seit 1973 Bestandteil der journalistischen Kultur im NDR.
Worum ging es bei der Anrufung des Redaktionsausschusses durch einen Mitarbeiter des Landesfunkhauses Kiel?
Zum Thema „Hans-Joachim Grote“:
Es ging bei dem Thema im Kern um zwei Fragen: Hätte das Interview mit Herrn Grote zu diesem Zeitpunkt angefragt werden müssen? Der Redaktionsausschuss kommt in seiner abschließenden Bewertung vom Dezember 2021 zu dem Ergebnis: Ja, das Interview hätte geführt werden müssen, da auch Interviews durchaus eine Form der Recherche darstellen. Die Redaktionsleitung im LFH SH kommt zu der Bewertung: Nein, es war richtig, vorerst keine Interviews allein auf Basis unbelegter Informationen anzufragen, sondern zunächst die Recherche fortzusetzen.
Aus Sicht des NDR handelt es sich dabei um eine unterschiedliche journalistische Bewertung einer tagesaktuellen redaktionellen Entscheidung. Dies hält der NDR für einen üblichen, normalen Vorgang im redaktionellen Tagesgeschäft.
Darüber hinaus ging es um die Frage, warum das Interview nicht angefragt wurde. Es stand der Verdacht im Raum, dass eine politische Motivation dahinterstehen könnte. In der Bewertung dieses Verdachts sind sich der Redaktionsausschuss und die Verantwortlichen im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein einig. Der Redaktionsausschuss stellte in seiner Ergänzung zum Abschlussbericht im Dezember 2021 fest: „Den Verdacht, dass eine politische Motivation dahinterstehen könne, macht sich der Redaktionsausschuss nicht zu eigen.“ Zu dieser Bewertung kommen auch das Landesfunkhaus Schleswig-Holstein und der NDR. Der Verdacht hat sich also nicht bestätigt, deswegen hat sich auch hieraus keine Handlungsnotwendigkeit ergeben.
Dieser Vorgang rund um das eventuelle Interview Grote ist aus Sicht des Redaktionsausschusses, des beteiligen Mitarbeiters, des zuständigen Programmbereiches des NDR Landesfunkhauses in Schleswig-Holstein und des NDR aufgearbeitet und abgeschlossen, auch wenn nicht in allen Punkten, wie oben erwähnt, ein Konsens erzielt werden konnte.
Zu dem Zeitpunkt, als der Bericht des Redaktionsausschuss Mitgliedern der Redaktion „Politik und Recherche“ im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein bekannt wurde, haben mehrere Mitglieder der Redaktion „Politik und Recherche“ einen Brief verfasst, in dem sie sich unter anderem gegen den Vorwurf eines vermeintlichen „Themen-Filters“ in der Redaktion und gegen den Vorwurf von angeblich „zu großer politischer Nähe“ verwahrt haben.
In den Wochen und Monaten nach dem Rücktritt Grotes hat das Landesfunkhaus Schleswig-Holstein über die bestätigten und mutmaßlichen Umstände, die Widersprüche in den Darstellungen des Ministerpräsidenten sowie des ehemaligen Ministers und über die parlamentarische Aufarbeitung in vielen Facetten ausführlich und kritisch berichtet.
Zum Thema „Arbeitsklima im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein“:
Während der Befassung des Redaktionsausschusses mit der Causa „Grote“ wandten sich Mitarbeitende des Landesfunkhauses Schleswig-Holstein vertraulich an den Redaktionsausschuss und erhoben unter anderem den Vorwurf, dass es dort ein „Klima der Angst“ gäbe.
Zu diesem Vorwurf gab es zahlreiche Gespräche zwischen Vertretern des Redaktionsausschusses, Mitarbeitenden und Programmverantwortlichen des Landesfunkhauses Schleswig-Holstein. Die Verantwortlichen im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein nehmen diesen Vorwurf weiter ernst, der Austausch darüber dauert bis heute an. Die pauschale Beurteilung zum Arbeitsklima hat sich aus Sicht des Landesfunkhauses Schleswig-Holstein nach persönlichen Gesprächen mit zahlreichen Mitarbeitenden nicht bestätigt. Sowohl Chefredaktion als auch Redaktionsausschuss führen weiter Gespräche mit den Mitarbeitenden der Redaktion im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein.