Habeck lehnt begrenztes CO2-Budget für jeden ab
Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), lehnt eine individuelle CO2-Obergrenze ab. „Ich konzentriere mich jetzt nicht auf die Frage eines individuellen Budgets“, erklärt Habeck im Interview mit dem ARD Politikmagazin Panorama (NDR).
Eine solche Obergrenze schlägt der renommierte Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber im Interview mit „Panorama“ vor: ein individuelles Budget soll den CO2-Ausstoß pro Person begrenzen und gleichzeitig einen privaten Handel mit CO2-Rechten ermöglichen. „Jeder Mensch kriegt drei Tonnen CO2 pro Jahr, aber wer mehr braucht, muss es sich eben einkaufen“, erklärt der emeritierte Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, und zwar von anderen, die weniger verursachen.
Schellnhuber betont, man brauche endlich eine „radikale Klarheit“, was jeder Einzelne beizutragen habe, um das Klima zu stabilisieren. Wenn man das wirklich ernstnehme und die Erderwärmung bei unter zwei Grad stoppen wolle, so der Klimaforscher, dann stünde jedem Erdenbürger bis Mitte des Jahrhunderts nur noch ein Budget von jährlich drei Tonnen CO2 zur Verfügung.
Um im Schnitt die drei Tonnen CO2-Aussstoß jährlich zu erreichen, müsse niemand diese Grenze sofort einhalten. Die individuellen Emissionen müssten aber ab jetzt schnell sinken – zunächst auf die drei Tonnen bis etwa 2030 und dann weiter auf Null bis Mitte des Jahrhunderts.
Wirtschaftsminister Habeck möchte dagegen die Menge der Treibhausgase durch die bereits eingeleiteten Maßnahmen wie etwa den Ausbau erneuerbarer Energien oder Gebäudesanierungen reduzieren. Zudem müssten Produkte, die klimaschädlich hergestellt würden, teurer werden, so Habeck in „Panorama“, oder falls nötig, verboten werden. Er sei der Meinung, dass die Klimaschutzziele ohne eine „individuelle Klima-Kontrolle“ besser zu erreichen seien.
Doch selbst der von der Bundesregierung eingesetzte Expertenrat für Klimafragen kommt zu der Einschätzung, dass der Ausstoß von Treibhausgasen zu langsam sinkt. Die Ziele für das Jahr 2030 würden voraussichtlich „signifikant verfehlt“, so das Gremium in seinem aktuellen Gutachten. Es empfiehlt deshalb, nicht mehr nur weiche Minderungsziele zu formulieren, sondern eine „harte Begrenzung zulässiger Emissionsmengen“ einzuführen.
Von den geforderten jährlichen drei Tonnen CO2 pro Person sind die Menschen in Deutschland noch weit entfernt. Aktuell verursacht jeder Einzelne hierzulande im Schnitt etwa zehn Tonnen CO2 pro Jahr. Menschen mit größeren Vermögen verursachen sogar noch deutlich größere Mengen an Treibhausgasen. Viele Millionäre in Deutschland kommen nach Daten des Pariser „World Inequality Lab“ auf jährlich mehr als 100 Tonnen CO2 pro Person. Und weltweit verursachen mehrere hunderttausend Superreiche demnach pro Kopf sogar mehr als 2000 Tonnen CO2jährlich. Das „World Inequality Lab“ gehört zur „Paris School of Economics” und wird unter anderem von der EU sowie von den Vereinten Nationen finanziert.
Ein privater Emissionshandel mit einem begrenzten individuellen CO2-Budget würde einem fundamentalen Gerechtigkeitsprinzip folgen, so der Klimaforscher Schellnhuber, denn jeder Mensch habe den gleichen Anspruch auf die Nutzung der Erdatmosphäre.
Klimaschutzminister Habeck räumt ein, dass es einen Zusammenhang zwischen Reichtum und globaler Erwärmung gebe. Das Thema Energie sei nicht mehr nur eine soziale, sondern inzwischen auch eine ökologische Gerechtigkeitsfrage, so Habeck. Ein individuelles CO2-Budget lehnt der Grünen-Politiker dennoch ab: „Die Gerechtigkeitsfrage lösen wir in allen sozialen Gesellschaften nicht über das Verbot von Wohlstand oder Arbeit oder Reichtumserwerb, sondern über die Besteuerung.“
Sendehinweis:
„Panorama: Das Klima und die Reichen“ - Donnerstag, 12. Januar 2023 um 21.45 Uhr im Ersten
12. Januar 2023 / ASR
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