Ermittlungen gegen Warburg-Bank wegen Cum-Ex-Geschäften ausgeweitet
Die Staatsanwaltschaft Köln hat ihre Ermittlungen gegen Verantwortliche der Warburg-Bank in Hamburg deutlich ausgeweitet. Inzwischen verdächtigt sie auch den aktuellen Bankchef Joachim Olearius, im Rahmen von Cum-Ex-Geschäften Steuern hinterzogen zu haben. Auch der Schaden ist offenbar größer als bisher bekannt: insgesamt 330 Millionen Euro. Die Staatsanwaltschaft geht aufgrund der Höhe des Schadens von schwerwiegenden Straftaten der Beschuldigten aus. Auf schwere Steuerhinterziehung stehen bis zu zehn Jahre Haft. Bisher war bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Köln gegen Miteigentümer und Aufsichtsratschef Christian Olearius (Vater von Joachim Olearius) sowie weitere Beschuldigte ermittelt. Mehrfach haben die Ermittler die Warburg-Bank und Wohnhäuser der Beschuldigten durchsucht, zuletzt im März dieses Jahres. Das zeigen die „CumEx Files“, die das ARD-Magazin „Panorama“ (NDR), ZEIT und ZEIT Online unter Leitung des Recherchezentrums CORRECTIV mit Medien aus zwölf Ländern ausgewertet haben.
Klassische Cum-Ex-Geschäfte sind nach einer Gesetzesänderung in Deutschland seit 2012 abwicklungstechnisch nicht mehr möglich. Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt nun aber wegen vergleichbarer Geschäfte auch nach 2012, bei denen es ebenso zu einer mehrfachen Erstattung einer nur einmal abgeführten Steuer gekommen sein soll. So geht es aus richterlichen Durchsuchungsbeschlüssen und weiteren vertraulichen Unterlagen hervor.
Nach über zweijährigen Ermittlungen hat sich der Verdacht gegen die Beschuldigten damit noch einmal deutlich verschärft. Die Staatsanwaltschaft stützt ihn inzwischen auch auf die Aussagen mehrerer Insider sowie auf Prüf- und Untersuchungsberichte mehrerer Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Kanzleien.
Die Warburg-Bank und die Beschuldigten teilen auf Anfrage mit: „M. M. Warburg & CO hat sich nie Kapitalertragssteuer mehrfach erstatten oder anrechnen lassen. In Sachen Moral hat sich M.M. Warburg & CO auch nichts vorzuwerfen.“
Die Recherchen zeigen zudem, dass die Aktiengeschäfte auf Kosten des Steuerzahlers ein branchenweites Phänomen waren. Fast alle großen Banken waren daran beteiligt. Viele unterhielten eigene Abteilungen, deren Mitarbeiter intern als „Tax Trader“ bezeichnet wurden. Wie bereits bekannt, waren unter anderen die Deutsche Bank, die Hypovereinsbank, die Commerzbank, Barclay´s, Macquarie sowie mehrere Landesbanken in steuergetriebene Aktiengeschäfte verwickelt.
Die Warburg-Bank soll darüber hinaus den Ermittlungen zufolge nicht nur im Eigenhandel an CumEx-Geschäften beteiligt gewesen sein, sondern auch spezielle CumEx-Fonds für vermögende Kunden aufgelegt haben. Christian Olearius soll zudem sein eigenes Geld in die Geschäfte gesteckt haben. Die Bank bestreitet das. Die Ermittlungen wurden inzwischen in einem eigenen Verfahren gebündelt.
Unter dem Namen „CumEx Files“ haben sich unter Leitung des Recherchezentrums CORRECTIV 19 Medien aus zwölf Ländern zusammengetan, um das ganze Ausmaß des Steuerraubs zu recherchieren. Dazu gehören neben dem ARD-Magazin „Panorama“ (NDR), der ZEIT, ZEIT ONLINE und NDR Info die Nachrichtenagentur Reuters, Le Monde aus Frankreich, La Repubblica aus Italien, El Confidencial aus Spanien, News und Addendum aus Österreich, Republik aus der Schweiz, Politiken aus Dänemark, De TIJD aus Belgien, das Recherchebüro Follow the Money aus den Niederlanden, TT News Agency aus Schweden sowie die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender DR aus Dänemark, SVT aus Schweden und YLE aus Finnland.
Die Ergebnisse der Recherchen werden auf der Website www.cumex-files.com zusammengeführt. Neben Links zu Veröffentlichungen aller Medienpartner sind dort weitere Hintergründe verfügbar. Außerdem wird sich die „Panorama“-Sendung am 18. Oktober um 21.45 Uhr im Ersten monothematisch mit den „CumEx Files“ befassen. „Das Forum“ auf NDR Info sendet zudem an dem Tag um 20.30 Uhr ein Radio-Feature zu den Recherchen. In den Sozialen Medien laufen sie unter dem Hashtag #CumExFiles.
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