Stand: 16.12.2022 05:30 Uhr

BKA gelingt Schlag gegen Darknet-Plattformen - Missbrauchsdarstellungen werden weiterhin nicht systematisch gelöscht

Deutschen Strafverfolgungsbehörden ist ein Schlag gegen mehrere Darknet-Plattformen gelungen, auf denen Darstellungen von sexuellem Missbrauch von Kindern verbreitet wurden. Das Bundeskriminalamt (BKA) konnte demnach den mutmaßlichen Betreiber der beiden Plattformen “BoyVids 6.0” und “Forbidden Love“ identifizieren, die zu den größten Onlineforen der pädokriminellen Szene gehört haben sollen. Es handelt sich demnach um einen 21-jährigen Deutschen aus Sachsen, der am 29. November festgenommen wurde. Nach Informationen von NDR und WDR wurde der Zugriff auf die Onlineforen von den Behörden inzwischen blockiert.

Das BKA ermittelt seit einigen Monaten im Auftrag der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main gegen die Hintermänner mehrerer Internetforen, in denen tausende Links zu Fotos und Videos verfügbar waren, die schweren sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen. In Zusammenarbeit mit der US-Bundespolizei FBI und den Polizeibehörden in Australien und Brasilien konnten die deutschen Ermittler schließlich mehrere Tatverdächtige identifizieren. Im November und Dezember wurden in Deutschland insgesamt drei Beschuldigte festgenommen. Neben dem 21-jährigen Hauptadministrator der Darknet-Foren wurden ein 44-jährigen Mann aus Niedersachsen und ein 45-Jähriger aus Schleswig-Holstein festgenommen sowie ein weiterer Beschuldigter in Brasilien. Ihnen wirft die Staatsanwaltschaft die bandenmäßige Verbreitung sogenannten kinderpornografischen Materials vor.

Auf der Plattform „BoyVids 6.0“, die seit Anfang Dezember 2021 existierte, hatten sich binnen eines Jahres rund 410.000 Mal Personen registriert. Sie tauschten Aufnahmen, die sexualisierte Gewalt an männlichen Personen zwischen null und 17 Jahren zeigte. Auf „Forbidden Love“ wiederum ging es um die Darstellungen sexualisierter Gewalt gegenüber Mädchen und jungen Frauen. Diese Plattform gab es seit Februar 2022. Sieverzeichnete bis zuletzt etwa 846.000 Registrierungen. Da sich viele User zu ihrem Schutz mehrere Accounts gleichzeitig zulegen, lassen die Zahlen keine verlässlichen Angaben über die Zahl der Gesamtnutzenden zu. Analysen des ARD Politikmagazins “Panorama” und “STRG_F” (NDR/funk) lassen darauf schließen, dass sich vermutlich mehrere zehntausend Menschen auf “Boy Vids 6.0” und “Forbidden Love” bewegten.

Zwar sind die Foren mittlerweile abgeschaltet, die Inhalte können mit Kenntnis der Links zu den illegalen Inhalten aber offenbar weiterhin abgerufen werden. Die Täter nutzen nämlich meist Speicherdienste im gewöhnlichen Web, um ihre Fotos und Videos zu verstecken. Im Darknet teilen sie dann nur einen Link zum Herunterladen. Die wurden den NDR Recherchen zufolge auch bei “BoyVids 6.0” und “Forbidden Love” nicht systematisch gelöscht, obwohl dies möglich gewesen wäre. Ein gemeinsames Rechercheprojekt von NDR und dem Magazin „Der Spiegel“ hatte im Dezember 2021 gezeigt, dass sich systematisch große Mengen an Fotos und Videos aus dem Netz entfernen ließen. Zwar setzte der nun festgenommene Administrator in seinen Foren auf eine Verschleierung der Links, was ein automatisches Löschen durch die Behörden erschwert hätte – es wäre aber möglich gewesen. Im Darknet tauchte am 7. Dezember nach NDR-Recherchen bereits eine komplette Kopie von “BoyVids 6.0” mit rund 78.000 Seiten auf, die nun wieder für den Aufbau einer Nachfolge-Plattform genutzt wird. Hier finden sich erneut die illegalen Inhalte, die die Strafverfolgungsbehörden eigentlich hätten löschen können. Die Generalstaatsanwaltschaft teilt dazu mit, dass der Beweismittelsicherungsprozess aktuell noch andauere, im Nachgang solle die Datenlöschung durchgeführt werden.

16. Dezember 2022/ASR

 

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