Als Reaktion auf Kritik: Bildungsministerium wollte Fördermittel streichen
Das Bundesministerium für Bildung (BMBF) hat hausintern um eine Prüfung gebeten, ob kritischen Hochschullehrenden Fördermittel gestrichen werden können. Dies belegen interne E-Mails aus dem Ministerium, die dem ARD-Magazin „Panorama“ (NDR) vorliegen. Ausdrücklicher Anlass der Prüfung war ein offener Brief von Hochschullehrern, der sich gegen die Räumung einer zeitweiligen pro-palästinensischen Besetzung der Berliner Freien Universität (FU) richtete (https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLSfVy2D5Xy_DMiaMx2TsE7YediR6qifxoLDP1zIjKzEl9t1LWw/viewform). Der offene Brief sprach sich dafür aus, nicht polizeilich gegen die Protestierenden im Rahmen der Besetzung der FU Berlin vorzugehen. Die Leitung des Bundesministeriums unter Leitung von Bettina Stark-Watzinger (FDP) hatte sich gegen den offenen Brief der Lehrenden positioniert.
Wie die „Panorama“ vorliegenden Mails belegen, hat die Leitung des Ministeriums intern um „eine förderrechtliche Bewertung, inwieweit von Seiten des BMBF ggf. Förderrechtliche Konsequenzen (Widerruf der Förderung etc.) möglich sind“, gebeten.
Außerdem wollte sie prüfen lassen, ob sich in dem offenen Brief strafrechtlich relevante Aussagen finden lassen. So bittet sie auch „um eine juristische Prüfung einer etwaigen strafrechtlichen Relevanz der Aussagen in dem offenen Brief“.
Das Bildungsministerium wollte in dem Prüfverfahren etwa prüfen lassen, ob es in dem offenen Brief zu Volksverhetzung kam oder ob der Inhalt von der Meinungsfreiheit gedeckt sei. Laut Schriftverkehr, der „Panorama“ vorliegt, heißt es darin: „In der Kommunikation der Leitung wurde auch angezweifelt, dass die Hochschullehrer auf dem Boden des GG [Grundgesetz]stehen.“
Aus dem Mailwechsel ergibt sich, dass Mitarbeiter des Ministeriums Bedenken gegen eine solche Prüfung äußerten. Das Bundesministerium habe „unabhängig vom Ergebnis einer rechtlichen Prüfung, keine unmittelbaren Handlungs- bzw. Einflussmöglichkeiten in (...) disziplinarrechtlicher Hinsicht“. Die betroffenen Lehrkräfte dürften Angestellte der Hochschulen des Landes Berlin sein. Eine Abschrift dieses Mailwechsels ist auf www.panorama.de dokumentiert.
Prof. Dr. Clemens Arzt, pensionierter Professor für Staats- und Verwaltungsrecht in Berlin, sieht in dem Ansinnen der Ministeriumsleitung einen Versuch, „in die Meinungsfreiheit der Unterzeichner*innen des Briefs nach der Versammlungsauflösung an der FU einzugreifen. (…) Bei Konsequenzen wie dem Entzug von Fördermitteln wäre dies ein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit."
Auf eine „Panorama“-Anfrage zu diesem Vorgang erklärt das Bildungsministerium: „Das BMBF hat eine juristische Einordnung des Offenen Briefes vorgenommen. Im Ergebnis bewegt sich der Offene Brief noch im grundrechtlich geschützten Bereich der Meinungsfreiheit, weswegen sich aus dem Brief keine weiteren Konsequenzen ergeben. Damit erübrigen sich alle weiteren Spekulationen.“
10. Juni 2024
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