Ohne Brimborium, bei den Frauen geht es einfach um Fußball

Interviews und Zitate frei zur Nutzung im Zusammenhang einer Berichterstattung über das ARD Programm zur Frauenfußball Weltmeisterschaft. Fotos unter ARD-Foto.de.

Bernd Schmelzer... 

... ist seit 1991 Sport-Kommentator der ARD. Diese Frauen-Fußball Weltmeisterschaft wird die sechste sein, die er als Live-Kommentator begleitet.

Mit 32 Teams ist diese Frauen-WM größer denn je. Wird das Turnier dadurch aufgewertet oder ist sehen das eher als Nachteil?

Es ist ein Qualitätsverlust, ja. Es wird wieder höhere Ergebnisse geben mit Nationen, die Frauenfußball noch nicht so intensiv betreiben wie andere. Aber es ist auch ein Schritt nach vorne. Wenn mehr Länder dabei sind, heißt es auch: Die WM wird in mehr Ländern übertragen, das Interesse steigt und man kann so eine gewisse Bewegung erzeugen, die den Frauenfußball weiter fördert.

 Welche Erwartungen haben Sie, worauf freuen Sie sich? 

Australien und Neuseeland sind als sehr gastfreundliche Länder. Und die Menschen dort sind offen für Sport. Ich freue mich auf ausverkaufte Stadien, auf eine sportlich hochwertige Weltmeisterschaft mit attraktiven Spielen. Und ich freue mich auf diese Euphorie, diese Welle der Begeisterung, die die Menschen dann hoffentlich bis nach Europa tragen; sozusagen ein australisches Wintermärchen. 

Sie sagen, Frauen spielen den besseren Fußball. Wie kommen Sie zu dieser Erkenntnis? 

Frauen-Fußball ist ehrlicher, die Spielerinnen treten weniger theatralisch auf und reklamieren weniger. Bei den Frauen geht es einfach um Fußball und nicht um das ganze Brimborium drumherum: Um Menschen, die sich bekreuzigen, weil sie eine gute Ecke geschlagen haben oder die mit drei, vier Beratern permanent durch die Gegend ziehen, nur um zu sagen, ich muss da spielen, wo der Trainer mich aufstellt.

 Ihr Tipp. Welche Teams sind Anwärter für den Titel? 

Meine Favoritinnen für den Titel sind prinzipiell die USA, Kanada und Australien als Gastgeberland. Auch die deutsche Mannschaft, die Niederlande und Brasilien zählen für mich dazu, möglicherweise noch England. Also der Favoritinnenkreis ist relativ groß. 

 Stephanie Baczyk...

...war als Kommentatorin bei den Fußball-WM der Frauen 2015 und 2019 und der EM 2017 im Einsatz. Zur Saison 2019/20 wurde sie Bundesliga-Kommentatorin der ARD-Sportschau.

 Wie schätzen sie die Stimmung hierzulande ein? Hat die WM das Zeug dazu, ein Sommermärchen zu werden? 

Der Erfolg und das Auftreten der deutschen Frauen bei der Europameisterschaft im vergangenen Sommer, inklusive ihres mitreißenden Teamspirits, hat sicherlich dazu beigetragen, dass mehr Zuschauer*innen wissen wollen: Was geht für diesen Kader bei der Weltmeisterschaft? Die Anstoßzeiten sind leider ein Manko. Aber hey: je weiter es für Deutschland geht, desto eher werden die Spiele am Vormittag oder Mittag auch geschaut. Ich finde stark, dass die Frauen mit ihrem authentischen Auftreten so begeistern - weshalb sollten sie dieses Turnier also nicht auch zu ihrem Sommermärchen machen? 

 Bei der WM 2019 scheiterte die DFB-Elf im Viertelfinale. Bei der EM hat sie den Titel knapp verpasst. Die Erwartungen sind nun entsprechend hoch. Ist das mehr Ansporn oder Druck? 

 Die Bundestrainerin hat es vor der Europameisterschaft geschafft, ein Team zu formen. Und ich denke, dass Martina Voss-Tecklenburg auch vor der WM die richtigen Worte, das richtige Gefühl rüberbringen wird, um ihren Kader bestmöglich mental einzustellen und einzuschwören. Dann gibt es Leaderinnen wie Alexandra Popp oder Marina Hegering, die mit ihrer Erfahrung gerade für die jungen Spielerinnen ein solches Turnier entsprechend einordnen können. Bei der EM war das Team ganz bei sich, eben ein Team. Schafft Deutschland das auch bei der Weltmeisterschaft, wird diese Truppe dem Druck trotzen. 

Wer sind Ihre Favoritinnen für den WM-Titel

Ganz vorne dabei sind natürlich immer die USA, die amtierenden Weltmeisterinnen. Aber auch Teams wie England, Frankreich, die Niederlande, Brasilien, Spanien, Schweden und natürlich Deutschland haben Chancen auf den Titel. Die Qualität ist hoch. Viel interessanter dürfte sein: wer stolpert über die vermeintlich kleinen Nationen oder über die Neulinge bei dieser WM? Ich persönlich bin auch gespannt, wie sich mit Australien eines der Gastgeberländer schlägt. Bei den letzten Olympischen Spielen haben mich die Australierinnen wirklich beeindruckt. 

 Christina Graf ...

...kommentiert seit 2022 für die ARD Frauen-Fußball-Länderspiele. Die ehemalige Bundesliga-Spielerin hat bei der WM in Katar als erste Frau für die ARD WM-Spiele der Männer kommentiert.

Wie und seit wann haben Sie sich auf diese WM vorbereitet?  

Das ist nicht so einfach wie im Männerfußball. Man muss viel recherchieren und telefonieren. Viel in die Tiefen des Internets gehen. Um was über die Mannschaften rauszubekommen – gerade dann, wenn sie noch unbekannter sind wie das Team der Philippinen oder aus Panama. Wichtig ist natürlich, dass man den aktuellen Kader der Mannschaften hat. Ich konzentriere mich auf die Teams, deren Spiele ich kommentiere. Mein Kollege Bernd Schmelzer, der auch vor Ort ist, , kümmert sich parallel. Wir tauschen uns immer Mal wieder aus. 

 Sie waren selbst Bundesliga-Fußballerin. Juckt es im Fuß, wenn sie kommentieren?

Es gibt immer wieder mal so Momente, zum Beispiel wenn ich auf den Rasen gehe. Dann denke ich, es wär schon ziemlich cool, wenn ich selbst noch spielen könnte und dürfte. Wobei ich mir nicht anmaße, bei so einem Turnier wie jetzt dabei zu sein. Aber ich glaube, ich verstehe immer noch sehr gut, wie man sich in so einem Spiel fühlt und kann mich noch ganz gut in die Spielerinnen versetzten.

 Ist der Frauenfußball in der vergangen Jahren besser geworden?

Der Frauenfußball hat sich, genauso wie der Männerfußball, verändert. Es ist wahnsinnig athletisch geworden. Auch wenn ich an die Zeit denke, in der ich selbst noch aktiv gespielt habe. Es ist auf allen Ebenen professioneller geworden. Die Spiele haben inzwischen eine Geschwindigkeit – das macht schon richtig Spaß. Es ist nicht ohne Grund so, dass mittlerweile viel Frauenfußball geguckt wird und dass die Stadien voller werden. Der Sport ist wesentlich attraktiver und diese Entwicklung muss jetzt in einem guten Maß auch so weiter gehen. 

Wer sind Ihre Favoritinnen? 

Die USA sind schon das Team, auf das man immer achten. Die Engländerinnen sind Europameister. Wobei da jetzt ein, zwei Spielrinnen fehlen, die wichtig sind, so dass es schwer werden könnte. Frankreich ist für mich immer zu den Favoritinnen zählt. Die deutsche Mannschaft könnte im Achtelfinale auf sie treffen und das kann eine große Hürde sein. Ich hoffe, die deutsche Mannschaft kommt gut ins Turnier und schafft es, zu den Favoritinnen dazu zu gehören.