Puls & Richter in Hamburg

von Andrea Völker
Das Hamburger Marienkrankhaus, Umbau Puls & Richter Architekten (1927), Foto: Wikipedia © Wikipiedia
Marienkrankhaus, Umbau Puls & Richter Architekten (1927), Foto: Wikipedia

Das Architekturbüro Puls & Richter hatte sich 1911 in Hamburg gegründet und in den 1920er Jahren eine Vielzahl an innerstädtischen Bauaufgaben übernommen. Während die Namensgeber, Alfredo Puls und Emil Richter, vor allem die Leitung des Büros übernahmen, kam Kurt Klose als gestaltender Architekt und Partner hinzu. Klose war entwerfend tätig – federführend auch für das NORAG-Haus und den Großen Sendesaal verantwortlich.*(1)

 

Neues Bauen der 1920er Jahre

Inmitten der Suche nach funktionaler und moderner Architektursprache der 1920er Jahre, steht auch die Konzeption des NORAG-Hauses. Zwischen 1919 und 1929 setzte eine starke Reformbewegung ein, die sich heute in verschiedenen Strömungen und Bezeichnungen des Neues Bauens wie "Neue Sachlichkeit", "Funktionalismus" oder "international Style" wiederfindet. Ihnen gemein ist eine möglichst reduzierte Gestaltung – in Flächen, geometrische Formen und eingesetzten Materialien. Verwendung fanden vermehrt industriell gefertigte Versatzteile aus Metall, Glas, Beton und Stahl. Die Bauten wurden oftmals durch ein Flachdach beschlossen. Auf rein schmückende Ornamente wurde verzichtet. Das innere sollte mit dem äußeren Bauprogramm in Einklang gebracht werden. Die Gestaltung entwickelte sich aus der Funktion und der konkreten Bauaufgabe heraus.*(2)

 

Puls & Richter in Hamburg

Die Bauten von Puls & Richter aus den 1920er und 1930er Jahren in Hamburg sind bis heute präsent, doch steht deren übergreifende Aufarbeitung und die damit einhergehende Würdigung der Architekten bislang noch aus. Neben dem Funkhaus der NORAG befassten sich Puls & Richter vor allem mit Neubauten großer Wohnungsanlagen – eine der Hauptbauaufgaben dieser Zeit. Aber auch Um- und Ausbauten gründerzeitlicher Firmengebäude übernahm das Architekturbüro. Das von Martin Haller konzipierte Marienkrankhaus (1880–1882) in Hamburg-Hohenfelde wurde um 1927 von Puls & Richter umgebaut und mit einer gelben Klinkerfassade verblendet. Ludwig Kunstmann, der auch für den Raumschmuck des Heinrich-Hertz-Raumes im NORAG-Haus verantwortlich war, schuf für diesen Umbau die namensgebende Marienstatue am Eingang.*(3) Die enge Verbindung und Kooperation von Architekten und Bildhauer zeigt sich in einer Vielzahl an gemeinsam übernommenen Bauprojekten. Einige von ihnen sollen hier exemplarisch vorgestellt werden.

 

Daniel Bartels Hof (1927–28), Alter Teichweg, Barmbek

Daniel Bartels Hof in Hamburg, Puls & Richter Architekten (1928–29) © NDR Foto: Andrea Völker
Daniel Bartels Hof, Puls & Richter (1928–29)

Unweit des Osterbekkanals, am Alten Teichweg 7–11, wurde dem Hamburger Dichter Daniel Bartels (1818–1889) ein Denkmal gesetzt. 1927 beauftragte man das Architekturbüro Puls & Richter mit der Konzeption eines modernen Wohnungsbaus, in Andenken an den Schriftsteller. Es entstand ein fünfgeschossiger Bau mit Flachdach und Rundbögen, der einen weiten Innenhof umschließt. Putz- und Klinkerfassaden des Gebäudes sind durch hervor- und zurücktretende Elemente dynamisch gegliedert. In der Mittelachse reicht ein breiter Risalit bis ins sechste Geschoss hinauf. Der Rundbogen bildet den offiziellen Eingang und die Durchfahrt in den Hof.

Daniel Bartels Hof in Hamburg, Puls & Richter Architekten (1928–29), Foto: Wikipedia © Wikipedia
Daniel Bartels Hof, Puls & Richter (1928–29), Foto: Wikipedia

Erneut sollte Ludwig Kunstmann die künstlerische Ausstattung übernehmen. Zwei große weibliche Bronzestatuen flankieren den Eingang und Rundbogen. An der Putzfassade, oberhalb des Bogens, verweist der Schriftzug "Daniel Bartels Hof" auf den Dichter – wie auch ein gemauerter Backstein-Brunnen im Innenhof, deren Bronzeplastiken ebenfalls von Kunstmann stammen. Das Gebäude steht heute unter Denkmalschutz.*(4)

 

Kranzhaus (1930), Großheidestraße, Winterhude

Zwischen Wiesendamm und Osterbekkanal in Hamburg-Winterhude, inmitten der Jarrestadt, schufen Puls & Richter 1930 das Kranzhaus. Von Großheide- und Stammannstraße bis Meerweinstraße und Martin-Haller-Ring erstreckt sich der große Gebäudekomplex und umfasst 146 Wohnungen zwischen 45 und 79 Quadratmeter Fläche. Als Wohnungsbau für die Allgemeine Deutsche Schiffszimmerer-Genossenschaft entsprach der Auftrag an Puls & Richter der zentralen Bauaufgabe der Moderne. Denn mit Beginn der Weimarer Republik wurde die soziale Frage nach finanzierbarem Wohnraum immer dringlicher. Das fünfgeschossige Haus nimmt einen gesamten Block ein. Seine glatte Klinkerfassade ist durch Sprossenfenster gegliedert. Der Eckbau, das verbindende Element, wird durch weiße Balkone gerahmt und gleichzeitig hervorgehoben. Dieser Turmbau erhebt sich – wie bereits durch den Daniel Bartels Hof und auch das Funkhaus bekannt – um eine weitere Geschosshöhe. Seinem Namen entsprechend, findet sich am Turmbau die Bauplastik eines Bronzekranzes. Die Wohnungsanlage steht heute ebenfalls unter Denkmalschutz.*(5)

 

Memel-Haus (1935/36), Breiter Gang 1–13, Neustadt

Das Memel-Haus in Hamburg der Architekten Puls und Richter. © SH-Kunst Foto: Jan Petersen
Memel-Haus (1935–36), Puls & Richter, Foto: Jan Petersen

Auch in der Hamburger Neustadt schufen Puls & Richter einen Wohnblock für die Allgemeine Deutsche Schiffszimmerergenossenschaft – das sogenannte Memel-Haus. Wie bereits das 1930 gebaute Kranzhaus sollte das Gebäude zunächst dem Mangel an günstigem Wohnraum für die Werftarbeiter entgegenwirken. Zwischen Breiter Gang 1 und 13 und Rademachergang 14 erstreckt sich der lange Eckbau aus rotem Backstein.

Erneut entwarf Ludwig Kunstmann den künstlerischen Bildschmuck. Drei vollplastische Figuren, Matrosen und Fischer, verweisen auf Zweck und Auftraggeber des Gebäudes. Teils werden die Kalksteinfiguren auch seinem Künstlerkollegen Richard Kuöhl zugeschrieben. Dieser schuf die Jungenfigur an der Ecke des Gebäudes sowie den gegenüberliegenden "Hummel-Brunnen". Die Jungenfigur aus Muschelkalk streckt dem berühmten Wasserträger auf der anderen Seite ihr Hinterteil entgegen und reagiert damit auf den Hamburger Gruß "Hummel, Hummel – Mors, Mors".

Relief von Ludwig Kunstmann, Memel-Haus © NDR
Relief von Ludwig Kunstmann, Memel-Haus

Auf der Schmalseite des Rademachergangs hebt sich ein Erker aus der Fassade des Memel-Hauses hervor. Ein großes Bronzerelief Kunstmanns zeigt hier prominent die Werftarbeit. Es verweist auf Anlass und Widmung des Baus. Weitere Schrift- und Bildtafeln illustrieren die Geschichte und Intention der Genossenschaft und benennen Architekten und Bildhauer.*(6) Auch dieser Bau steht heute unter Denkmalschutz.

 

 

 

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