Tontechnik - Learning by Doing
Die letzten zwei Wochen vor Weihnachten bekamen wir fünf Mediengestalter im ersten Lehrjahr die Möglichkeit, im eigenen Ausbildungsstudio in die Welt der Tontechnik einzutauchen. Organisiert und begleitet wurden die Praxistage von Johannes Hoppe aus der Ausbildungsabteilung, der sich kurzfristig als Seminarleiter zur Verfügung stellte.
Am Dienstag begannen wir mit grundlegenden Vorbereitungen für die Woche. Mit Sicherheitsschuhen gewappnet stand der Dienstag ganz im Zeichen des Aufbaus. Kabel mussten sortiert, Cases geschleppt und Mikrofonsets zusammengestellt werden.
Am Mittwoch befassten wir uns dann mit den Grundlagen des Audiorecordings. Was ist überhaupt Schall? Wie funktioniert ein Mikrofon, welche unterschiedlichen Typen gibt es und für was eignen sie sich?
Den Antworten kamen wir beim praktischen Arbeiten auf die Spur. So mikrofonierten wir ein komplettes Schlagzeug. Am eingemessenem Abhörplatz in der separaten Tonregie wurden dann verschiedene Kondensator- und dynamische Mikrofone an den verschiedenen Trommeln zur Probe gehört.
Besonders interessant war die Erkenntnis, wie stark sich auch die Positionierung des Mikros auf den Klang auswirkt. Neben dem gewählten Mikrofontyp, kann diese ausschlaggebend dafür sein, ob eine Bass-Drum druckvoll und präsent klingt oder wie das Klopfen auf einem Schuhkarton.
Weiter vertiefen konnten wir das Gelernte gleich am Abend. Eine vollbesetzte Band (Schlagzeug, Bass, zwei E-Gitarren, vier SängerInnen, Bläsersektion, Keyboard) hatte sich bereit erklärt, ihre Probe in das Ausbildungsstudio zu verlegen. Diese Möglichkeit nutzen wir, um einen 32-Spur-Mitschnitt auf einem Mac-basierten Pro Tools-System zu realisieren. Parallel dazu konnte am analogen Mischpult ein Live-Mix gemacht werden.
Am Donnerstag brachten wir eigene Instrumente mit und widmeten uns zunächst weiteren Mikrofontechniken und –Arten: Wie nimmt am besten eine Posaune auf? Welches Mikrofon eignet sich für eine Akustikgitarre? Wie unterschiedlich können Mikrofone klingen?
Am Freitag kam dann die Frage auf, was man mit mehreren Mikrofonen erreichen kann. Warum nicht mal zwei ausprobieren? Das weite Feld der Stereomikrofonie war eröffnet. Diese ermöglicht es einen räumlichen Eindruck der Klangquelle aufzuzeichnen.
Wir machten ausgiebige Hörversuche mit Techniken wie „Klein-AB“, „Groß-AB“, „XY“, „ORTF“, „MS“ und „Blumlein“. Der Bereich der räumlichen Tonaufnahmen schien sehr komplex zu sein. Doch nach unseren Experimenten und zusätzlicher Theorie war die umfassende Materie immer besser zu verstehen und zu hören.
Die erste Woche war nun vorbei und man wunderte sich, wie viel man in so kurzer Zeit dazulernen kann. Doch das war noch lange nicht alles. Die Aufnahmen waren im Kasten. Was kann man nun damit machen?
Wie funktioniert ein Equalizer? Was ist ein Kompressor? Was ist der Unterschied zwischen einem Gate und einem Expander? Wie nutzt man unter anderem diese Werkzeuge im Kontext, um eine ausgewogene Mischung zu machen?
In der zweiten Woche erhielten wir Antwort auf diese Fragen und konnten das Gelernte auch sofort anwenden. Jeder konnte kreativ an seinem eigenen Mix der Bandaufnahme arbeiten und sammelte hiermit Erfahrungen mit den Funktionen der Audionachbearbeitung.
Nicht selten herrschte dabei Uneinigkeit, welche Lösung die Beste ist. Bei fünf Azubis und einem Seminarleiter kam es da auch schon mal zu sieben Meinungen, denn letztlich ist Ton und Klangfarbe nicht nur Fachwissen, sondern auch eine Frage des individuellen Geschmacks. Und um diesen zu entwickeln, sind eigene praktische Erfahrungen notwendig. Es wurde deutlich, dass man Hören lernen muss, um den Klang einer Aufnahme sinnvoll beurteilen zu können.
Natürlich kam für uns wissbegierigen Azubis dabei die Theorie nicht zu kurz. Denn nur durch Ausprobieren kann man sicherlich nicht alle Geheimnisse der „richtigen“ Aufnahme und Nachbearbeitung von Klängen und Geräuschen lüften. Die unterschiedlichen Vorkenntnisse in der Gruppe im Bereich der Tontechnik wurden berücksichtigt, wir konnten uns gegenseitig ergänzen und Erfahrungen austauschen.
Diese zwei Wochen haben uns Allen einen großen Spaß gemacht und gehörten sicherlich zu einem der Höhepunkte der bisherigen Ausbildung.