Kreativität: Eine Sache der Einstellung?
Deutsche und englische Forscherinnen haben herausgefunden, dass Kreativität eine Sache der inneren Einstellung sei. Aber wie kommt man dahin? Hilft uns die Forschung da weiter?
Das weiße Blatt! Horror eines jeden Schreibers, jeder Drehbuchautorin. Oder auch von Schülern, denen im Deutschaufsatz befohlen wird: "Nun seid mal kreativ!" Fontane steht auf dem Lehrplan. Weil der Lehrerin aber gerade nicht einfällt, was an dem Männerbild der Effi Briest eigentlich so modern ist, soll die Schulklasse einfach mal kreativ sein. Und starrt ins leere Heft.
Spike Jones machte "Verrückten Krach"
Spike Jones hatte dagegen mit leeren Seiten beziehungsweise Notenblättern nie ein Problem. Der amerikanische Bandleader und Meister abgründiger Orchesterparodien hat beispielsweise Franz Liszts "Ungarische Rhapsodie" kreativ instrumentiert. Überhaupt kannte das Instrumentarium im Orchester des gelernten Schlagzeugers Jones keine Materialgrenzen. Die City Slickers machten Krach, wie er verrückter kaum klingen kann.
Was aber ist Kreativität? Gerade läuft bei ARTE in der Mediathek eine sehenswerte Doku über die Architektin und Designerin Charlotte Perriand. Ihre Möbel sind Kunstwerke aus Holz, Metall, Leder - und Bambus, den die Französin in Japan entdeckt, als ebenbürtigen Werkstoff zum frei schwingenden Metall. Da ist sie schon über 90 - und ein Menschenleben lang kreativ. Wie sie arbeitet, erklärt sie im Film. "Sehen Sie, wie ein Produkt entstehen kann. Manchmal geht die Fantasie verschlungene Wege, bis es im richtigen Moment Klick macht."
Das erinnert an den Apfel, der einst neben Isaac Newton vom Baum gefallen war. So einfach ist es aber nicht, sagen Forscher. Da muss schon einiges mehr zusammenkommen: Wissen, Handwerk, Fleiß, Intuition - und Neugier auf Menschen. Zum Beispiel am Pariser Vorstadt-Gymnasium Paul Éluard: Sechs Schülerinnen unterhalten sich in sechs verschiedenen Sprachen, eine Sängerin singt leise dazu. Gesprochene Musik nennen sie das Experiment und erfinden eine kreative Form, sich zu verstehen.
Spiel als Treibstoff für überbordende Inspiration
Ganz anders der rastlos-besessene Künstler Jonathan Meese: Sein Treibstoff für überbordende Inspiration und hemmungslose Schaffenskraft ist das Spiel. Herumspielen mit tonnenweise Farbe auf riesigen Leinwänden. "Ich habe in meinem Studium gespielt - ich habe gar nicht studiert. Ich habe einfach alle Ideologie weggespielt. Ich war ein Spielkind, fertig", so Meese.
Überhaupt: einfach mal was anderes machen, Routinen wechseln: "Chaos im Kopf" sagen die Coaches und Selbstoptimierer im Netz dazu. Etwa die Zahnbürste in die andere Hand nehmen beim Putzen. Das Fahrrad von der anderen Seite besteigen. Ein Bild spiegelverkehrt betrachten - solche Sachen. Kreativität als Lifestyle. Meditation soll auch sehr gut sein, heißt es.
Kein messbarer Einfluss von Drogen
Nur eins wirkt wohl nicht: "Drogen haben keinerlei messbaren Einfluss auf Kreativität", stellen die Forscherinnen fest. Ob das nun ein beruhigender oder beunruhigender Befund ist, müssen Sie selbst entscheiden.