Tote Gewässer rund um Biogas-Anlagen
Es war ein Zuschauer, der Panorama 3 zu umfangreichen Recherchen veranlasste: Manfred Meier aus Dithmarschen entdeckte bei Aufnahmen mit seiner Unterwasserkamera einen mutmaßlichen Umweltskandal. Sein Verdacht: Biogas-Anlagen verschmutzen Gräben und Bäche mit Gärsäften. Ein Team von Panorama 3 ist der Sache nachgegangen und hat selbst Wasserproben in der Nähe von Biogasanlagen genommen und in einem Labor untersuchen lassen. Das Ergebnis: Alle Proben waren belastet mit Stoffen, die Leben im Wasser töten.
"Das hat bestialisch gestunken"
Meier ist Naturliebhaber und Hobbyfilmer. Mit seiner Unterwasserkamera wollte er die Wanderung von Stichlingen beobachten. Das war vor rund drei Monaten. Was er dabei entdeckte, macht ihn noch heute fassungslos: "Das hat bestialisch gestunken, beängstigend sah das aus", erinnert er sich. Der Töschenbach nahe dem Ort Linden in Dithmarschen war nur noch eine übel riechende braune Brühe.
Meier hat sich damals gefragt: "Wo kommt das her?“ Neugierig versuchte er die Quelle der stinkenden Flüssigkeit zu finden. Seine Suche führte ihn zu einer nahe gelegenen Biogas-Anlage. Dort schoss eine säuerlich riechende Brühe aus einem Rohr und landete so direkt in einem Graben vor der Anlage. Der Graben mündet einige Hundert Meter weiter in den Töschenbach. Meier hat seine Beobachtung den Behörden mitgeteilt und sich an Panorama 3 gewandt.
Offenbar Gärsäfte illegal in Graben eingeleitet
Ein Team von Panorama 3 macht sich an die Arbeit. Zuerst nehmen wir Wasserproben aus dem Graben vor der Biogas-Anlage. Der gleicht noch Wochen nach der Entdeckung von Manfred Meier einem Abwasserkanal. Wir lassen die Proben in einem Labor untersuchen. Das Labor findet unter anderem Essigsäure (67mg/L) und Ammonium (18 mg/L). Das deutet darauf hin, dass die Biogas-Anlage für die Verschmutzung verantwortlich ist. Offenbar wurden Gärsäfte illegal in den Graben eingeleitet. Der Anlagenbetreiber will zu den Werten nichts sagen. Wir bekommen kein Interview und auch auf Nachfrage keine schriftliche Stellungnahme.
Doch schon mit 1 Milligramm Ammonium pro Liter gilt Wasser als belastet. Für Harald Gülzow vom Verein VSR-Gewässerschutz aus dem nordrhein-westfälischen Geldern ist klar: "Da ist für das Leben, so wie wir es haben wollen, kein Platz." Der nährstoffreiche Gärsaft entzieht beim Abbauprozess dem Wasser Sauerstoff, die natürlich vorkommenden Tiere in Gräben und Flüssen sterben.
Weitere Proben belastet
Das Team von Panorama 3 will wissen, ob auch andere Biogas-Anlagen Wasser in Gräben und Flüssen verschmutzen. In einer Stichprobe lassen wir Wasser aus der Umgebung von fünf weiteren Biogas-Anlagen in Dithmarschen und im niedersächsischen Heidekreis untersuchen. Das Ergebnis: Alle Proben sind belastet. In allen fünf Proben findet das Labor wieder Ammonium, Werte zwischen 14 und 138 mg/L. In vier Proben auch Essigsäure, zwischen 18 und 320 mg/L. Auch diese betroffenen Anlagenbetreiber sind zu keinem Interview bereit. Lediglich ein Betreiber aus dem Heidekreis antwortet auf unsere schriftlichen Fragen und teilt uns mit, "die genannten Messwerte liegen laut fachlicher Aussagen im Toleranzbereich".
Überforderte Behörden
Der Leiter der Wasserschutzbehörde im Heidekreis, Bernd Ziruhl, zeigt sich verärgert über die Stellungnahme des Betreibers und betont: "Ich weiß auch nicht, welche fachlichen Aussagen dahinterstehen, das ist ja einfach so dahin geschrieben." Natürlich sei das Wasser belastet. Nun will seine Behörde in allen Fällen die genaue Quelle für die Verunreinigungen ausfindig machen. In Dithmarschen waren der Wasserschutzbehörde immerhin schon die meisten von Panorama 3 vorgelegten Fälle bekannt. In diesen laufen nach Angaben von Behördenleiter Jürgen Eilers bereits Verwaltungsverfahren. In einem weiteren von Panorama 3 aufgedeckten Fall werde seine Behörde jetzt handeln.
Doch die Wasserschutzbehörden handeln in der Regel erst dann, wenn eine Verschmutzung angezeigt wird. Es werde grundsätzlich zu wenig kontrolliert, sagt Ziruhl: "Die Kontrollen müssten wir durchführen. Dafür bräuchten wir aber mehr Personal, und das wird nicht ohne Weiteres möglich sein."