HSV siegt dank Dompé beim KSC - Wird Polzin zur Dauerlösung?
Der HSV hat im ersten Spiel nach der Entlassung von Trainer Steffen Baumgart beim Karlsruher SC mit 3:1 (1:1) gewonnen. Durch den ersten Erfolg nach zuvor vier sieglosen Partien in Folge verbesserten sich die Hamburger auf Rang zwei in der 2. Liga. Interimscoach Merlin Polzin sammelte Argumente für eine dauerhafte Beförderung.
Jean-Luc Dompe (23., 55.) und Davie Selke (87.) waren am Sonntag im Wildparkstadion bei einen Gegentreffer von Fabian Schleusener (36.) für die Polzin-Mannschaft erfolgreich. Die Art und Weise, wie der HSV im Spitzenspiel auftrat, war beeindruckend und könnte für Sportvorstand Stefan Kuntz ein Argument sein, dem jungen Trainer langfristig das Vertrauen zu schenken.
"Wir haben nie dementiert, dass er eine Chance hat. Wir sind jetzt sehr froh. Aber auch bei Steffen haben wir nicht aus irgendwelchen Emotionen heraus die Entscheidungen getroffen", erklärte Kuntz nach der Partie der ARD. Dass es in Bruno Labbadia laut übereinstimmenden Medienberichten bereits einen klaren Favoriten auf die Baumgart-Nachfolge geben soll, wollte der Sportvorstand nicht bestätigen: "Wir kommentieren keine Personalien."
Der 62-Jährige ließ jedoch durchklingen, dass Polzin zumindest am kommenden Sonntag (13.30 Uhr) im Heimspiel gegen den SV Darmstadt 98 erneut für die Geschicke des Teams verantwortlich zeichnen wird. Man hüpfe nun zwar nicht aus der Hose und tanze durch die Gegend, so der Ex-Nationalspieler: "Aber es war ein wichtiger Sieg. Es war etwas Wichtiges für die Mannschaft dabei. Und wir werden in jedem Fall so eine Welle jetzt nicht unterbrechen."
Polzin will weiter "alles für unseren Verein geben"
Polzin wich Fragen nach seinen Chancen auf eine Beförderung ebenfalls aus. "Das müssen am Ende andere bewerten", erklärte der etatmäßige Co-Trainer. Zutrauen würde er sich die Rolle des Chefcoaches aber schon, so der gebürtige Hamburger: "Ja klar. Am Ende werde ich in der nächsten Woche auch wieder versuchen, alles für unseren Verein zu geben. Wir müssen hart arbeiten, wir haben verdammt viel tun. Aber dafür müssen wir auch sehr viel tun."
Umstellungen von Interimscoach tun dem HSV gut
Polzin hatte vor der Partie einen "maximal mutigen" Auftritt angekündigt - und sein Team setzte die Vorgabe des gerade einmal 34 Jahren alten Trainers zunächst perfekt um. Der HSV war in den ersten 25 Minuten das dominante Team, hatte fast 80 Prozent Ballbesitz und durch Ransford Königsdörffer (9., 13.) sowie Bakery Jatta (11.) früh gute Chancen zur Führung. Der Mannschaft tat die Umstellung von einer 3-4-2-1-Formation auf ein 4-4-2-System gut.
Und auch die Startelf-Nominerungen von Verteidiger Dennis Hadzikadunic sowie der Kreativkräfte Adam Karabec, Dompé und mit Abstrichen Jatta wirkten sich durchaus positiv auf die Darbietung der Hanseaten aus. Alle vier Spieler hatte in der Vorwoche bei der irritierenden Vorstellung gegen den FC Schalke 04 (2:2) zunächst noch auf der Bank gesessen.
Dompé trifft nach Patzer von Keeper Weiß
Anders als gegen die Gelsenkirchener traten die Hamburger gegen den KSC mit breiter Brust an, übten viel Druck aus und zeigten nach Ballverlusten auch im Gegenpressung eine reife Leistung. Nur das mit dem Toreschießen klappte bis zur 23. Minute nicht. Dann aber profitierte die Polzin-Elf von einem haarsträubenden Patzer von Karlsruhes Keeper Max Weiß. Der 20-Jährige spielte den Ball unbedrängt in die Füße von Dompé, der noch ein paar Schritte lief und anschließend mit einem überlegten Schuss ins lange Eck zum 1:0 traf.
Dass der Franzose anschließend zur Bank in Richtung Polzin und dessen Co-Trainer Loïc Favé sprintete und mit dem Duo sein Tor feierte, war fraglos ein Zeichen der Zuneigung des ebenso launischen wie sensiblen Angreifers für die Übungsleiter. Offenbar hatten Polzin und Favé bei Dompé und der Mannschaft in den Vortagen den richtigen Ton getroffen. Der Auftritt der Gäste war jedenfalls bis zur Führung restlos überzeugend.
HSV-Abwehr bei Schleusener-Tor nicht im Bilde
Aber der HSV konnte dieses sehr hohe Niveau ab Mitte des ersten Abschnitts nicht mehr ganz halten. Zudem wurden die bis dahin recht passiven Karlsruher stärker. Aus der zuvor einseitigen Begegnung wurde so ein offener Schlagabtausch, in dem die Hamburger in der Abwehr nicht immer einen sattelfesten Eindruck hinterließen.
Beim 1:1 durch Schleusener nach einem Eckstoß von Marvin Wanitzek war das Defensivverhalten der Norddeutschen sogar indiskutabel. In Sebastian Schonlau, Jatta, Miro Muheim und Daniel Elfadli standen gleich vier HSV-Akteure um den Torschützen herum, vermochten es jedoch nicht, den Stürmer am Kopfball zu hindern. Der vermeidbare Gegentreffer warf einen Schatten auf eine eigentlich ansprechende Hamburger Vorstellung in den ersten 45 Minuten.
Hamburg hat Spielglück - und einen zielsicheren Dompé
Nach dem Seitenwechsel grüßte beim HSV dann aber einmal mehr das Murmeltier. Wie in den Vorwochen kassierten die Gäste vermeintlich ein frühes Gegentor. Wanitzek war nach unfreiwilliger Vorlage von Elfadli erfolgreich. Aber Referee Sascha Stegemann (Niederkassel) verwehrte dem Treffer die Anerkennung, weil der Karlsruher bei einem Pass zuvor im Abseits gestanden hatte.
Die Hamburger durften durchatmen - und bald danach selbst jubeln. Abermals brachte sie Dompé in Führung. Diesmal traf der Linksaußen mit einem gefühlvollen Schlenzer ins rechte obere Eck. Die Antwort des KSC kam umgehend: Bambasé Conté scheiterte nach einem Eckstoß an der Unterkante der Latte (57.). Spätestens nun stand fest, dass der HSV an diesem Nachmittag das in den Vorwochen häufig vermisste Spielglück hatte.
HSV hält Karlsruher Druck stand
Die große Frage in den letzten 30 Minuten war nun, ob die unter Baumgart häufig wacklige Abwehr dem Karlsruher Druck standhalten würde. Für viel Entlastung konnte der HSV nach Dompés zweitem Treffer nicht mehr sorgen. Polzin spürte, dass er personell nachjustieren musste.
Er brachte mit "Sechser" Lukasz Poreba einen Mann für die Zentrale und wechselte zudem in Davie Selke einen kampf- und kopfballstarken Angreifer ein (78.), der auch in der Arbeit gegen den Ball seine Stärken hat. Nachdem der Routinier einen Konter zum 3:1 verwertete, war die Entscheidung gefallen. Polzin durfte sich freuen - und kann sich nun sogar Hoffnungen auf eine dauerhafte Beförderung zum Cheftrainer machen.