Nesselsucht: Hand kratzt an Ausschlag auf Bein © imago images/ Shotshop

Nesselsucht: Symptome, Ursache und Behandlung

Stand: 22.08.2024 09:20 Uhr | vom Rundfunk Berlin-Brandenburg-Logo

Bei Nesselsucht - auch Urtikaria genannt - bilden sich juckende Quaddeln auf der Haut. Ansteckend ist die Hauterkrankung nicht. Die Ursachen sind vielfältig. Was sind die Symptome? Welche Behandlung hilft?

von Ursula Stamm

Die Nesselsucht ist eine nicht ansteckende Hauterkrankung, die sehr plötzlich auftreten kann. Der lateinische Name für Nesselsucht lautet nicht von ungefähr Urtikaria (urtica: lateinisch für "Nessel"): Denn die juckenden Quaddeln sehen so ähnlich aus, als ob man mit Brennnesseln in Berührung gekommen ist. 

In Deutschland bekommt etwa jeder vierte Mensch im Laufe seines Lebens eine akute Nesselsucht. Die chronische Form - von der man spricht, wenn die Quaddeln länger als sechs Wochen bestehen - kommt deutlich seltener vor. Von der chronischen Form sind vor allem Menschen zwischen 20 und 40 Jahren betroffen. Frauen trifft diese Form der chronischen Nesselsucht doppelt so häufig wie Männer.

Nesselsucht: Fakten in Kürze

Nesselsucht ist eine nicht ansteckende Hauterkrankung, bei der sich an der Hautoberfläche juckende Quaddeln bilden - sie sind das typische Symptom.

Symptome: Juckreiz und Quaddeln

Typische Symptome der Nesselsucht sind juckende Flecken und Quaddeln auf der Haut. Die oberflächlichen Erhebungen der Haut sind fast immer von einer Rötung umgeben und können bis zu zwei Zentimeter groß werden. Benachbarte Quaddeln können zu großflächigen Schwellungen zusammenfließen, die stark jucken. Je nach Ausbreitung der Urtikaria kann der Juckreiz an einer einzelnen Körperstelle oder an mehreren auftreten. Meistens bilden sich die Quaddeln innerhalb von 24 Stunden zurück, sie können aber an anderer Stelle wieder neu auftreten.

Bei manchen Betroffenen kommt es zusätzlich zu den Quaddeln zu Wassereinlagerungen, die die Areale anschwellen lassen (Angioödeme), was mit Spannungsgefühlen und Schmerzen verbunden sein kann. Die Angioödeme treten vor allem in den Handflächen oder unter den Füßen auf. Betroffen sind aber auch Hautareale, in denen das Unterhautfettgewebe sehr weich ist - wie Augenlider und Lippen. Betreffen die Schwellungen die Schleimhäute von Zunge, Rachen oder Kehlkopf, besteht die Gefahr von Atemnot. In diesem Fall sollte schnellstmöglich ein Arzt oder eine Ärztin aufgesucht werden.

Ist Nesselsucht ansteckend?

Auch wenn der Juckreiz auf der Haut sehr quälend sein kann und die Betroffene die Quaddeln aufkratzen: Eine Nesselsucht ist grundsätzlich nicht ansteckend.

Ursachen: Warum bekommt man plötzlich Urtikaria?

Bei den Ursachen und Auslösern für eine Nesselsucht unterscheidet man zwischen der akuten und der chronischen Form. Von einer chronischen Nesselsucht spricht man, wenn die Erkrankung länger als sechs Wochen anhält.

Mögliche Ursachen einer akuten Nesselsucht:

  • Infektionen mit Viren, Bakterien, Parasiten oder Pilzen: Als häufigste Infektionen sind hier Atemwegs- oder Magen-Darm-Infekte zu nennen.
  • Allergische Reaktionen: Bei Nesselsucht werden bestimmte Entzündungszellen in der Haut (Mastzellen) aktiviert, die den Botenstoff Histamin freisetzen. Diese Aktivierung der Mastzellen findet bei Menschen mit einer IgE-vermittelten Allergie immer dann statt, wenn sie mit den Allergie auslösenden Stoffen in Kontakt kommen. Das können neben Pollen auch Substanzen in Nahrungsmitteln oder Wespen- und Bienengift sein. Man spricht bei Nesselsucht infolge einer allergischen Reaktion von einer allergischen Urtikaria.
  • physikalische Reize wie Wärme, Kälte, Reibung oder UV-Strahlen
  • Unverträglichkeit von Arzneimitteln, Nahrungsmitteln oder Lebensmittelzusatzstoffen: Bei den Arzneimitteln betrifft das vor allem Schmerzmittel, die Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen oder Diclofenac enthalten. Aber auch ACE-Hemmer, die bei Bluthochdruck eingesetzt werden, können eine Nesselsucht auslösen.
  • Stress kann Auslöser einer Nesselsucht sein oder diese verstärken.

Ursachen einer chronischen Nesselsucht:

  • Autoimmunreaktion: In diesem Fall richtet sich das Immunsystem gegen körpereigenes Gewebe. Dabei werden - ähnlich wie bei der allergischen Nesselsucht - IgE-Antikörper gebildet, die zu einer Aktivierung der Mastzellen und zur Ausschüttung von Histamin führen. Die Mastzellen werden hier aber nicht durch Allergene, sondern Teile des eigenen Immunsystems aktiviert.
  • Chronische Infekte: zum Beispiel häufig wiederkehrende bakterielle Infekte wie eine Mandelentzündung oder eine Nasennebenhöhlenentzündung. Auch eine Magenschleimhautentzündung - ausgelöst durch das Bakterium Helicobacter pylori - kann Ursache einer chronischen Urtikaria sein.
  • Überempfindlichkeit (Pseudoallergie): Selten wird die Urtikaria verursacht durch eine Überempfindlichkeit auf bestimmte Zusatzstoffe in Nahrungsmitteln oder auf natürliche Aromastoffe.

Wie wird eine Nesselsucht diagnostiziert?

Eine akute Nesselsucht ist in der Regel recht einfach festzustellen. Neben einer Untersuchung der Haut werden Auslöser vor allem durch ein ausführliches Anamnesegespräch ermittelt. Dabei wird unter anderem gefragt, wie lange die Symptome schon bestehen, ob sie häufiger auftreten und ob es eine familiäre Veranlagung gibt. Erfragt werden zudem mögliche Ursachen wie Infektionen oder die Einnahme von Medikamenten sowie das Stresserleben.

Wichtig ist es, andere Erkrankungen auszuschließen, die ähnliche Symptome auslösen. Das sind vor allem entzündliche Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis und auch die seltene Urtikaria-Vaskulitis, bei der es sich um eine Entzündung der Blutgefäße handelt. Auch Medikamentenallergien und eine Kontaktdermatitis können ähnliche Beschwerden auslösen wie eine Nesselsucht.

Für die Diagnostik einer chronischen Nesselsucht sollten Betroffene sich in die Hände einer erfahrenen Hautärztin oder eines erfahrenen Hautarztes begeben. Diese Erkrankungsform ist zwar recht selten, kann aber die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken. Nur etwa jeder zehnte Mensch mit einer chronischen Nesselsucht hat seine Erkrankung gut unter Kontrolle. Helfen kann ein Nesselsucht-Tagebuch oder eine App, mit der Erkrankte zum Beispiel Fotos ihrer Haut an den behandelnden Arzt oder die behandelnde Ärztin schicken können. So lässt sich der Erfolg der Therapie besser kontrollieren und die Arztbesuche lassen sich besser vorbereiten.

Welche Hausmittel helfen bei Nesselsucht?

Das Tragen von weiter, lockerer Kleidung hilft, den juckenden Ausschlag besser zu ertragen. Kalte Duschen oder das Kühlen mit feuchten Tüchern oder Cool-Packs kann ebenfalls helfen - allerdings nicht, wenn die Urtikaria durch Kälte ausgelöst wird.

Es gibt verschiedene Hausmittel, die zur symptomatischen Behandlung von Nesselsucht empfohlen werden. Dabei muss man aber wissen, dass deren Wirkung nicht wissenschaftlich untersucht ist. Wichtig ist immer, bei einer Verschlimmerung der Symptome den Arzt oder die Ärztin aufzusuchen - auch um zu verhindern, dass eine Nesselsucht chronisch wird. Die am häufigsten gegen Nesselsucht empfohlenen Hausmittel sind:

  • Backpulver: Zusammen mit Wasser kann das im Backpulver enthaltene Natron helfen, den Juckreiz zu lindern. Dazu können Betroffene das Backpulver mit Wasser vermischen und auf die Haut auftragen. Auch kühle Vollbäder mit einer Tasse Backpulver können den Juckreiz lindern - das empfiehlt sich vor allem bei großflächigem Befall des Körpers. Auch hier nur dann kühles Wasser verwenden, wenn die Nesselsucht nicht durch Kälte ausgelöst wird.
  • Apfelessig: Beispielsweise Apfelessig kann helfen, den natürlichen pH-Wert der Haut wiederherzustellen, was die Symptome einer Nesselsucht positiv beeinflusst. Dazu feuchte Umschläge mit Essig anfertigen (Wasser und Apfelessig im Verhältnis 1:1 mischen und ein Baumwolltuch darin tränken). Anschließend die feuchten Umschläge auf die betroffenen Hautstellen legen und ein paar Minuten einwirken lassen. Das kann mehrmals am Tag wiederholt werden. Alternativ kann auch ein lauwarmes Bad mit etwas Apfelessig helfen.
  • Pflanzen: Salben oder Cremes, die Teebaumöl oder Ringelblume enthalten, werden ebenfalls zur Behandlung von Urtikaria empfohlen. Auch andere Heilpflanzen wie Basilikum oder Pfefferminze können die Haut beruhigen und den Juckreiz lindern. Betroffene können entweder Tee mit Basilikum oder Pfefferminze trinken oder kleingehackte Kräuter in kalte Umschläge geben (nicht bei Nesselsucht anwenden, die durch Kälte ausgelöst wird).
  • Zink: Auch Zinksalbe wird als Hausmittel gegen Nesselsucht eingesetzt. Sie beruhigt die Haut und unterstützt die Heilung.

Behandlung mit Medikamenten

In vielen Fällen verschwindet eine akute Nesselsucht von ganz allein wieder. Ist das nicht der Fall und besteht starker Juckreiz, werden im ersten Schritt der Behandlung sogenannte Antihistaminika in Tablettenform eingesetzt. Diese besetzen die Bindungsstellen von Histaminrezeptoren in der Haut und verhindern so, dass Histamin dort andocken und die typischen Hautquaddeln auslösen kann.

Reichen Antihistaminika nicht aus, können Ärzte oder Ärztinnen Kortison verschreiben. Sollte auch das nicht ausreichend helfen, werden Anti-IgE-Antikörper gespritzt. Eine weitere Therapieoption bei anhaltend starken Beschwerden sind Immunsuppressiva.

Nesselsucht während der Schwangerschaft

Ursache für eine Nesselsucht während der Schwangerschaft sind häufig hormonelle Umstellungen. Taucht die Urtikaria in der Schwangerschaft erstmalig auf, verschwindet sie nach der Entbindung meist wieder. Auch eine spontane Heilung einer bestehenden chronischen Nesselsucht ist möglich.

Im Normalfall ist die Nesselsucht weder für Mutter noch das Kind gefährlich, so lästig der Juckreiz auch ist. Eine Ausnahme gibt es aber: Kommt es zu Angioödemen in den Schleimhäuten von Mund und Rachen, kann das zu gefährlicher Atemnot führen, die sofort notärztlich behandelt werden muss.

Der Einsatz von Medikamenten gegen Nesselsucht sollte sorgfältig geprüft werden. Bei den häufig gegen Nesselsucht eingesetzten Antihistaminika gibt es Wirkstoffe (Loratadin, Cetirizin), die in Studien keine fruchtschädigende Wirkung gezeigt haben. Gleiches gilt auch für die Stillzeit.

Kann man Nesselsucht vorbeugen?

Der wichtigste Tipp, um einer Nesselsucht vorzubeugen, ist sicherlich, bekannte Auslöser zu vermeiden. Das können - je nachdem, was bei Betroffenen die Urtikaria auslöst - Kälte, Wärme, zu viel UV-Strahlung, aber auch Stress oder bestimmte Medikamente sein.

Hat der Arzt oder die Ärztin ein Antihistaminikum oder ein anderes Medikament gegen chronische Nesselsucht verschrieben, sollten Betroffene es regelmäßig wie verordnet einnehmen. Es kann hilfreich sein, stets eine kühlende Creme oder ein schnell wirksames Medikament bei sich zu tragen, falls die Hautquaddeln plötzlich auftreten.

Haben Betroffene im Rahmen der Nesselsucht schon einmal eine starke allergische Reaktion (anaphylaktischer Schock) erlitten, ist es wichtig, bestimmte Notfallmedikamente stets bei sich zu tragen und richtig anwenden zu können.

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SWR | Doc Fischer | 21.02.2024 I 20:15 Uhr

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