Diabetes: Forschende schlagen fünf Subtypen vor
Diabetes ist in Deutschland eine Volkskrankheit. Forschende empfehlen eine Subtypisierung nach bestimmten Merkmalen. So können zielgerichtete Behandlungen erfolgen und mögliche Folgeerkrankungen verhindert werden.
fast elf Millionen Menschen leiden in Deutschland an der Stoffwechselkrankheit Diabetes mellitus - die meisten davon an Typ 2, der erst im Laufe des Lebens erworben wird. Diabetes Typ 2 ist weit vielschichtiger, als man denkt. Manche Betroffene haben ein hohes Risiko für Folgeerkrankungen und entwickeln rasch Komplikationen. Andere leben jahrzehntelang ohne größere Probleme damit.
Fünf statt zwei Diabetes-Subtypen
Die Forschung arbeitet daran, weitere Subtypen nach bestimmten Merkmalen zu definieren. 2018 schlug ein schwedisch-finnisches Forschungsteam die Einteilung in fünf Diabetes-Subgruppen vor. Dabei entspricht eine Gruppe den bisherigen Typ-1-Diabetikern. Die anderen vier sind Untergruppen von Diabetes Typ 2. Die Subtypen sollen helfen, die Patienten maßgeschneidert und individueller zu behandeln sowie möglichen Folgeerkrankungen besser vorzubeugen.
Ursachen von Diabetes: Zucker erreicht Zellen nicht und bleibt im Blut
Für die Einteilung in Subtypen ist es wichtig zu wissen, über welche körperlichen Mechanismen es überhaupt zu Diabetes Typ 2 kommt: Ein gesunder Körper wandelt Kohlenhydrate - zum Beispiel aus Nudeln, Kartoffeln oder Schokolade - in Glukose um. Die Bauchspeicheldrüse produziert Insulin. Das Insulin schleust die Zuckerteilchen aus dem Blut in die Zellen, wo sie als Energiequelle benötigt werden. Dadurch sinkt der Zuckerspiegel im Blut, das Blut enthält also weniger Zuckerteilchen. Bei Diabetes ist jedoch zu viel Zucker im Blut. Dafür gibt es zwei Problem-Mechanismen:
- Insulinmangel: Die Bauchspeicheldrüse will den vielen Zucker im Blut ausgleichen, indem sie versucht, mehr Insulin zu produzieren, dabei erschöpft sie. Die Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse lässt daraufhin nach. Es wird zu wenig Insulin produziert, das die Zuckerteilchen in die Zellen transportieren könnte.
- Insulinresistenz: Die Körperzellen sind überlastet, stumpfen ab und werden gegen das Insulin resistent. Sie nehmen kein Insulin mit Zucker mehr auf.
In beiden Fällen gelangen die Kohlenhydrate aus der Nahrung nicht mehr in die Zellen, der Zucker bleibt im Blut und der Blutzuckerspiegel ist erhöht. Diabetes entsteht.
Subtypen von Diabetes Typ 2
Die vier Subtypen von Diabetes Typ 2 sind folgendermaßen unterteilt:
- Subtyp 1: Der "schlanke Diabetiker" zeichnet sich durch einen schweren Insulinmangel aus. Es wird zu wenig Insulin gebildet. Das betrifft 17 Prozent aller Diabetiker. Das Risiko für diabetische Augenerkrankungen, ein gestörtes Schmerzempfinden (diabetische Neuropathie) und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist erhöht. Diese Form wird auch als SIDD (severe insulin-deficient diabetes) bezeichnet.
- Subtyp 2: Dieser Typ hat eine schwere Insulinresistenz. Betroffene haben tendenziell viel Übergewicht und insbesondere gefährliches Bauchfett. Viele leiden unter einer Fettleber, haben ein hohes Risiko für Herzinfarkt, Nieren- sowie Nervenprobleme. 15 Prozent der Diabetiker leiden an dieser Form, die auch SIRD (severe insulin-resistant diabetes) genannt wird.
- Subtyp 3: Betroffene haben eine milde Insulinresistenz. Diabetiker dieses Typs haben in der Regel nur wenig Übergewicht. Ihr Krankheitsverlauf ist in der Regel eher mild. An dieser Form sind 22 Prozent der Betroffenen erkrankt. Sie wird auch MOD (mild obesity-related diabetes) genannt.
- Subtyp 4: Hier liegt der typische Altersdiabetes vor, der eher in fortgeschrittenem Alter auftritt. Diese Diabetiker haben eine milde Insulinresistenz und einen milden Insulinmangel. Mit 39 Prozent vereint dieser Subtyp den größten Anteil der Diabetiker. Diese Form wird auch als MARD (mild age-related diabetes) bezeichnet.
Für Diabetiker ist es wichtig, möglichst früh zu wissen, zu welchem Subtyp sie gehören. Je nach Subtyp sind sie unterschiedlich stark gefährdet, an bestimmten Folgeleiden zu erkranken. Besonders der Subtyp 1 (SIDD) und Subtyp 2 (SIRD) von Diabetes Typ 2 haben durch den starken Insulinmangel - beziehungsweise die schwere Insulinresistenz - ein hohes Risiko für schwere Krankheitsverläufe. Je früher man das weiß, desto eher kann dagegen gesteuert werden. Die Krankheitsverläufe des moderaten Altersdiabetes und des moderaten Übergewichtsdiabetes sind dagegen mild.
Individuellere Behandlung nach Subtyp
Da die neuen Subtypen Informationen zu den Krankheitsmechanismen geben sowie über mögliche Folgeerkrankungen, können die Therapien früher und zielgerichteter eingesetzt werden. Für alle Typ-2-Diabetiker gehören in der Regel Bewegung und eine Ernährungsumstellung zur Therapie.
Diagnose: So wird der Subtyp bestimmt
Zur Subtyp-Bestimmung werden verschiedene Variablen herangezogen: Der Nüchtern-Blutzucker wird gemessen und ein Glukosetoleranztest durchgeführt. Für den Glukosetoleranztest muss zunächst eine konzentrierte Zuckerlösung getrunken werden. In verschiedenen zeitlichen Abständen wird dann gemessen, wie sich der Blutzucker entwickelt. Außerdem werden die Insulinproduktion und die Insulinwirkung geprüft. Auch das Alter, den Taillenumfang sowie den Body-Mass-Index beziehen Ärztinnen und Ärzte ein.
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