Handel mit Ökopunkten durch renaturierte Äcker in SH
Wenn durch Baumaßnahmen in Schleswig-Holstein Flächen versiegelt werden, müssen Ausgleichsflächen her. Da Bauherren - zum Beispiel Windkraft-Unternehmen - in der Regel selbst keine Flächen haben, kaufen sie sogenannte Ökopunkte.
Ökopunkte sind ein immer lukrativer werdendes Geschäft für die Landwirte, sagt der Bauernverband Schleswig-Holstein. Die Landwirte selbst bekommen die Punkte, wenn sie ihre Äcker renaturieren - und nur noch eingeschränkt landwirtschaftlich nutzen.
3,5 Hektar Natur und Landschaft verschwinden laut NABU jeden Tag in Schleswig-Holstein durch Baumaßnahmen. Das soll ausgeglichen werden. Und da die Bauherren selbst oft keine Ausgleichsflächen haben, kaufen sie sogenannte Ökopunkte.
Renaturierte Flächen bringen unterschiedliche Zahl von Ökopunkten
Einer, der von diesen Ökopunkten profitiert, ist Detlef Hack. Ihm gehört ein Acker bei Panten (Kreis Herzogtum Lauenburg). Der Landwirt hat die Fläche selbst renaturiert. Er hat auf dem Acker einen Teich angelegt. Hack hat außerdem Knicks und Streuobstwiesen gepflanzt und eine große Moorfläche wieder vernässt. Dafür hat er Ökopunkte bekommen. Die Fläche bei Panten ist 3,8 Hektar groß und 57.000 Ökopunkte wert. Das hat die Untere Naturschutzbehörde festgelegt.
Grundsätzlich seien erstmal alle Flächen gegenüber der Ökopunkte-Verordnung gleich, erklärt Hack. "Wenn ich gute Biotope auf der Fläche schaffe, gibt es mehr Ökopunkte". Und es kommt auf die Lage an: "Wenn die Fläche in einem Biotopverbund liegt, gibt es ebenfalls Zuschläge", so der Landwirt. 245.000 Euro hat er von Bauherren für die Ökopunkte der Fläche bei Panten bekommen. Aber die Renaturierung hat auch Geld gekostet - laut Hack etwa 15.000 Euro pro Hektar. Außerdem darf er die Fläche nur noch stark eingeschränkt landwirtschaftlich nutzen. Im Verkauf wäre sie so deutlich weniger wert.
Detlef Hack hilft anderen Landwirten Ökopunkte zu verdienen
Der Landwirt gibt sein Wissen auch weiter. Ein Vor-Ort-Termin in der Nähe von Berkenthin (Kreis Herzogtum Lauenburg): Detlef Hack und eine Kollegin beraten Lars Hümme, der auch in den Handel mit Ökopunkten einsteigen möchte. Er hat das Problem, dass ein Acker einen schweren Lehmboden hat, der erst spät im Frühjahr bewirtschaftet werde kann. Im Herbst sei es dann schnell viel zu nass. "Das führt dazu, dass wir hier keine großen Erträge erwirtschaften können", berichtet Hümme. Für Detlef Hack sind das gute Bedingungen für ein Biotop. Im kommenden Jahr will Hümme mit der Renaturierung beginnen. Hack berät ihn dabei und setzt Maßnahmen um. Damit verdient er Geld.
NABU kritisiert das Konzept
Naturschützer kritisieren an dem Ökopunkte-Konzept, dass die Instandhaltung der Flächen oft nicht richtig kontrolliert werde. Denn die renaturierten Äcker müssen gepflegt werden. Außerdem gebe es immer wieder sinnlose Maßnahmen, erklärt Thomas Behrends vom NABU Schleswig-Holstein. "Da hat man einfach Bäume, die anderswo gerodet werden mussten, genommen und verkehrt herum in den Boden gesteckt. Die Wurzeln gucken nach oben und dann stehen sie da in einer großen, offenen, freien Wiesenlandschaft", kritisiert Behrends.
Das Thema Totholz sei nur interessant, wenn es um Waldflächen gehe, oder uralte Eichen, die als Knicküberhälter genutzt werden. "Diesen Begriff zu nehmen, in einem Ökokonto Fläche durch irgendeine Art von Requisite zu reproduzieren. Das bringt unserer Meinung nach gar nichts." Für Detlef Hack gelte die Kritik aber nicht, stellt der NABU klar.
Die Untere Naturschutzbehörde des Kreises Herzogtum Lauenburg weist darauf hin, dass das Land detailliert über die Ökopunktverordnung vorgibt, ob und wie bestimmte Maßnahmen mit Ökopunkten bewertet werden. Ob einzelne Maßnahmen ökologisch sinnvoll seien oder nicht, könne von verschiedenen Fachleuten allerdings auch unterschiedlich bewertet werden. Das konkrete Beispiel vom NABU sei nicht im Kreis Herzogtum Lauenburg umgesetzt worden.
Detlef Hack selbst sieht sich selbst als Landwirt und Naturschützer. Auch wenn der Trend zum Handel mit Ökopunkten für ihn ein gutes Geschäft ist.