Gewalt in Partnerschaften: Landtag will Opfer besser schützen
Schleswig-Holstein plant, dass die elektronische Fußfessel bei häuslicher oder partnerschaftlicher Gewalt verordnet werden kann. Außerdem sollen die Hürden etwa für Kontaktverbote gesenkt werden.
"Es reicht", sagt die SSW-Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering an einem Punkt ihrer Rede. Und fasst damit die Position sämtlicher Fraktionen des Landtags zum Thema partnerschaftliche Gewalt zusammen. Denn sie sind sich einig, dass die Zahlen viel zu hoch sind: 8.582 Opfer häuslicher Gewalt gab es in Schleswig-Holstein laut Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) im vergangenen Jahr. Ein Anstieg um mehr als sieben Prozent. Das sei "erschreckend", so Sütterlin-Waack.
Einigkeit besteht im Landtag auch darüber, dass Frauen besser vor häuslicher Gewalt geschützt werden sollen. Der Gesetzentwurf der schwarz-grünen Koalition sieht vor, dass gewalttätige Partner leichter einen Wohnungsverweis kassieren oder Kontakt- und Näherungsverbote bekommen. Außerdem soll die elektronische Fußfessel bei häuslicher oder partnerschaftlicher Gewalt verordnet werden.
Der Plan: Frauen sollen sich auch draußen sicher fühlen können
Ziel ist es auch, mit dem Gesetz die Grundlage dafür zu schaffen, dass die elektronische Aufenhaltsüberwachung nach dem sogenannten spanischen Modell funktioniert: Dabei trägt die gefährdete Person selbst auch ein elektronisches Ortungsgerät - so dass ihr Schutzraum sich nicht nur auf einen festen Punkt wie die Wohnung beschränkt - sondern mobil ist. Und Opfer nicht zufällig dem Täter begegnen.
Derzeit ist das technisch in Deutschland noch nicht möglich. Es sollte aber nicht mehr lange dauern: Die zuständige Behörde in Hessen ist nach Angaben des Justizministeriums dort gerade dabei, die Geräte umzurüsten.
Der Gesetzentwurf der Landesregierung soll auch Polizistinnen und Polizisten mehr Möglichkeiten geben. Denn sie, betonte die Innenministerin, täten zwar ihr Möglichstes, stießen dabei aber oft an die gesetzlichen Grenzen.
Mehr Unterstützung und Nachbesserungen gefordert
Die Oppositionsparteien stimmen den Plänen grundsätzlich zu - Sophia Schiebe von der SPD fordert aber weitere Maßnahmen. Mehr Frauenhausplätze in Schleswig-Holstein etwa. Und psychologische und rechtliche Unterstützung für Betroffene, "damit sie ihre traumatischen Erlebnisse bewältigen und ihr Leben wieder aufbauen können.Die geplante Streichung der Landesregierung bei der psychosozialen Prozessberatung muss daher dringend zurückgenommen werden", so Schiebe.
Der FDP-Innenpolitiker Bernd Buchholz sieht Nachbesserungsbedarf bei den gesetzlichen Grundlagen - eine Fußfessel könne etwa nur angeordnet werden, wenn ein Täter zuvor schon einmal gegen ein Kontaktverbot verstoßen habe. Buchholz mahnt außerdem, die Befugnisse von Polizei und Justiz müssten aufeinander abgestimmt werden: "Was macht es für einen Sinn, wenn die Polizei etwas anordnen darf, was später die Familienrichterin oder der Familienrichter im Gewaltschutzverfahren gar nicht anordnen darf, weil da ganz andere Voraussetzungen bestehen?"
Den Gesetzentwurf werden die Abgeordneten im Innen- und Rechtsausschuss weiter diskutieren. Bei dessen nächster Sitzung steht unter anderem ein Bericht zu der Gewalttat in Schackendorf im November auf der Tagesordnung, bei der eine Frau mutmaßlich von ihrem Ex-Partner getötet wurde.