Album der Woche: Daniel Barenboim dirigiert Franck und Fauré
Im Sommer 2023 ist Daniel Barenboim ans Pult der Berliner Philharmoniker zurückgekehrt. Die Aufnahme der beiden französischen Werke von Fauré und Franck ist jetzt auf CD erschienen - eine sehr schöne Einspielung.
Dunkel und grüblerisch beginnt die Sinfonie von César Franck. Die stockenden Gesten am Anfang des Stücks klingen nicht nach Aufbruch, sondern eher nach Resignation und Abschied. Spiegelt sich darin womöglich auch die Verfassung des Dirigenten? Der Gedanke kann einem schon mal kurz durch den Kopf schießen, wenn man bedenkt, dass Daniel Barenboim, damals 80 Jahre alt, bei den Konzerten mit den Berliner Philharmonikern gerade aus einer längeren Krankheitspause zurückgekehrt war.
Aber diese Idee von einem möglicherweise nachlassenden Gestaltungswillen Barenboims ist schon nach kurzer Zeit wie weggeblasen. Auch wenn er bei den Konzerten im Juni 2023 teilweise nur mit sehr sparsamen Gesten dirigiert haben soll - das Resultat ist kraftvoll wie eh und je.
Herausragende Bläsersolisten
Barenboim modelliert die Motive in Francks Sinfonie markant und plastisch. Er formt mit den Berliner Philharmonikern mächtige Steigerungsbögen - und immer wieder einen satten und majestätischen Klang.
Dieser muskulöse Sound gehört zu den besonderen Stärken des Orchesters, den kostet auch Barenboim aus. Aber das ist nur eine von vielen Facetten. Die Berliner können auch ganz anders. Wunderbar sanft schwingt das Pizzicato von Streichern und Harfe im zweiten Satz. Damit grundiert der Komponist César Franck ein wehmütiges Thema des Englischhorns.
Dominik Wollenweber spielt das zauberhaft - als einer der herausragenden Bläsersolisten der Berliner Philharmoniker. Ob Albrecht Mayer an der Oboe, ob Emanuel Pahud mit seinem zarten Flötenton oder der phänomenale Hornist Stefan Dohr: Sie alle singen hinreißend auf ihren Instrumenten - und belegen auch damit den Ausnahmerang des Orchesters.
Momente von leiser Melancholie
Dieses Topniveau demonstrieren die Berliner und Barenboim auch mit dem zweiten Stück des Albums, der Orchestersuite "Pelléas et Mélisande" von Gabriel Fauré. Auch hier, bei Fauré, fächert Barenboim ein breites Spektrum an Farben und Stimmungen auf. Es umfasst viele Momente von leiser Melancholie. Da klingen die Berliner Philharmoniker manchmal so weich, als würden sie ihre Instrumente liebkosen.
Fauré gönnt sich aber auch Passagen, in denen er die Musik breit ausschwelgen lässt, stellenweise inspiriert vom Vorbild Richard Wagner. Auch diese Einladung nehmen die Interpreten gerne an.
Daniel Barenboim mag sich bei den Auftritten vielleicht nicht mehr so bewegt haben wie früher. Aber seine besondere Aura strahlt immer noch auf die Musik ab. Eine sehr schöne, teilweise berückende Einspielung der Werke von Fauré und Franck.
César Franck - Gabriel Fauré
- Zusatzinfo:
- César Franck: Symphony in D Minor, CFF 130; Gabriel Fauré: Pelléas et Mélisande Suite, Op. 80; Berliner Philharmoniker; Daniel Barenboim
- Label:
- Deutsche Grammophon